Rn 15
Bei nach Intensität und Dauer geringfügigen Beeinträchtigungen kann ein Schmerzensgeld ganz entfallen (etwa BGH NJW 93, 2173, 2175 [BGH 27.05.1993 - III ZR 59/92]); Schmerzensgelder unter etwa 50 Euro dürften daher kaum vorkommen. Dass dies bei der Neufassung des § 253 II nicht ausdrücklich gesagt worden ist, beruht nur darauf, dass der BGH es ohnehin schon anerkannt hatte (BTDrs 14/8780 35). Beispiele bilden geringfügige Platz- oder Schürfwunden (BGH aaO) oder vorübergehende Kopfschmerzen und Schleimhautreizungen (BGH NJW 92, 1043 [BGH 14.01.1992 - VI ZR 120/91]). Ein Grenzfall ist die Bedrängnis durch die zweistündige Unbenützbarkeit einer Bahntoilette (AG Frankfurt NJW 02, 2253).
Rn 16
Den Gegensatz bilden schwerste Verletzungen, die den Geschädigten sogar an der Wahrnehmung seiner Beeinträchtigung hindern. Der BGH hatte zunächst (NJW 76, 1147) nur eine symbolische Entschädigung zuerkannt, das aber später mit Recht aufgegeben (BGHZ 120, 1, 6): Zu entschädigen sei ›die Einbuße an Persönlichkeit, der Verlust an personaler Qualität‹ (aaO 7, vgl jetzt A. Diederichsen VersR 05, 433, 438).
Rn 17
Der Tod selbst löst keinen Anspruch auf Schmerzensgeld aus. In Betracht kommt nur ein vererblicher Anspruch für die vor dem Tod erlittenen Schmerzen. Das setzt aber voraus, dass der tödlich Verletzte zunächst noch eine nennenswerte Zeit gelebt hat. So hat BGHZ 138, 388 bei einem tödlich Verletzten, der nach dem Unfall noch ca 35 Minuten bei Bewusstsein war und dann nach 10 Tagen Koma gestorben ist, ein Schmerzensgeld von 28.000 DM nicht beanstandet. Der denkbare Anspruch des Hinterbliebenen wegen Schockschadens nach Verlust eines nahen Angehörigen (hierzu Rn 2) ist demgegenüber ein originärer Anspruch des Hinterbliebenen, der eine eigene Gesundheitsbeschädigung behauptet.
Rn 18
Das Schmerzensgeld darf nicht deshalb gemindert werden, weil der Verletzer kriminell bestraft worden ist (BGHZ 128, 117). Die abweichende Ansicht (etwa Ddorf NJW 74, 1289) mag zwar unter dem Gesichtspunkt der Genugtuung konsequent sein, ist aber im Ergebnis unerträglich: Die Kriminalstrafe trifft gerade die schwersten Fälle; sie kann daher nicht zu Lasten des Verletzten gehen, zumal die Bemessung dann von dem Zufall abhinge, ob der Straf- oder Zivilprozess zuerst abgeschlossen wird.
Rn 19
Das Schmerzensgeld wird idR als Einmalbetrag zugesprochen (s C. Huber JZ 07, 639, 640). Es umfasst regelmäßig die Gesamtheit der Beeinträchtigung, kann also nicht auf einzelne Verletzungen aufgespalten werden (so begründen auch mehrere Behandlungsfehler unter einer OP nur einen einheitlichen Schmerzensgeldanspruch, BGH VersR 17, 822). Auf Antrag des Geschädigten kann aber bei Dauerschäden daneben auch eine Rente verlangt werden (BGHZ 113, 284; NJW 98, 3411). Das gilt insb bei einem in der Entwicklung schwer überschaubaren Schaden (BGH VersR 68, 475) mit der Möglichkeit zur (eher theoretischen, Rn 24) Korrektur nach § 323 ZPO (A. Diederichsen VersR 05, 433, 442). Auf die Rente dürfte § 843 II entspr anwendbar sein. Bei der Bezifferung wird der monatliche Rentenbetrag so bemessen, dass er kapitalisiert zusammen mit dem zuerkannten Kapitalbetrag einen Gesamtbetrag ergibt, der in seiner Größenordnung einem ausschließlich in Kapitalform zuerkannten Betrag zumindest annähernd entspricht (BGH NJW 98, 3411 [BGH 21.07.1998 - VI ZR 276/97]). Vgl zur Rentenberechnung ausführlich Jaeger/Luckey Rz 138 ff.
Rn 20
Bei Mitverschulden des Verletzten (§ 254) bildet dieses einen Bemessungsfaktor für ein einheitliches (also nicht zuerst abstrakt festgelegtes und dann quotal zu minderndes) Schmerzensgeld; es soll ja gerade eine einheitliche Entschädigungssumme für den konkreten Fall bemessen werden (BGH WM 91, 1776 [BGH 25.06.1991 - X ZR 103/89]).
Rn 21
Auch innerhalb einer Familie kann es Schmerzensgeldforderungen geben. Bei leichter Fahrlässigkeit des Verletzers im Straßenverkehr (für den § 1359 unanwendbar sein soll, vgl § 1359 Rn 5) wird aber in Betracht gezogen, ob nicht die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme auch die Pflicht umfasst, solche Ansprüche nicht geltend zu machen (nicht entschieden in BGHZ 53, 352, 356; NJW 73, 1654).