Prof. Dr. Brigitta Zöchling-Jud
Gesetzestext
(1) Die Wahl erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(2) Die gewählte Leistung gilt als die von Anfang an allein geschuldete.
A. Ausübung des Wahlrechts.
Rn 1
Das Wahlrecht wird durch einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung ausgeübt, für deren Wirksamwerden die §§ 130 ff gelten. Die Erklärung ist als einseitige rechtsgestaltende Willenserklärung bedingungs- und befristungsfeindlich (BGHZ 97, 267; Staud/Bittner/Kolbe § 263 Rz 6). Sie kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen, zB wenn der wahlberechtigte Schuldner eine Leistung anbietet, übergibt, versendet oder wenn der wahlberechtigte Gläubiger eine angebotene Leistung vorbehaltslos annimmt oder auf eine bestimmte Leistung klagt (RGZ 154, 62). Steht das Wahlrecht mehreren Personen gemeinsam zu, muss es von allen oder gegen alle ausgeübt werden (BGHZ 59, 190 f; Soergel/Forster § 263 Rz 4; MüKoBGB/Krüger § 263 Rz 6).
Rn 2
Der Wahlberechtigte ist nach Wirksamwerden der Willenserklärung (§ 130 I) an die Wahl gebunden. Die Wahl kann nicht widerrufen oder geändert (RGZ 154, 63; Samhat JuS 16, 7), wohl aber nach Maßgabe der §§ 119 ff angefochten werden (HP/Lorenz § 263 Rz 3). Leistet der wahlberechtigte Schuldner in Unkenntnis seines Wahlrechts und darf der Gläubiger dies als konkludente Ausübung des Wahlrechts verstehen (s Rn 1), kommt eine Anfechtung nach § 119 I in Betracht. Erkennt aber der Gläubiger den Irrtum, liegt keine konkludente Wahlerklärung und damit keine Erfüllung des Wahlschuldverhältnisses vor (AnwK/Arnold § 263 Rz 3). Der Schuldner kann die erbrachte Leistung kondizieren, §§ 812 ff (Erman/Artz § 263 Rz 2). § 263 ist dispositiv, die Parteien können daher auch ein ius variandi vereinbaren (RGZ 136, 130; Staud/Bittner/Kolbe § 263 Rz 2).
Rn 3
Der Wahlberechtigte ist bei Ausübung der Wahl frei. Insb findet § 243 I keine Anwendung. Er kann auch den Zeitpunkt der Wahl grds frei bestimmen, die Wahl also auch vor dem Zeitpunkt der Fälligkeit treffen (Jud Schadenersatz 168). Auch hier ist der Berechtigte an die Wahl gebunden (Grüneberg/Grüneberg § 263 Rz 1). Eine allg Grenze bei der Ausübung des Wahlrechts ergibt sich aus Treu und Glauben. So darf die Wahl zB nicht zur Unzeit ausgeübt werden (BGH LM § 263 Nr 1).
B. Rechtsfolgen.
Rn 4
Durch die Wahl konkretisiert sich das Schuldverhältnis auf die gewählte Leistung. Die Konzentration wirkt nach II zurück, es wird fingiert, dass die gewählte Leistung die von Anfang an (allein) geschuldete war. Die Wahl der einen Leistung bedeutet gleichzeitig auch die ›Abwahl‹ der anderen Leistung, die dann nie geschuldet war (Pöschke JZ 10, 349, 350). Man kann daher die Ausübung des Wahlrechts auch negativ als Ausschluss der Leistungspflicht für das nicht gewählte Stück sehen (Jud Schadenersatz 169). Daraus folgt, dass auf das ›abgewählte‹ Stück auch bei Unmöglichkeit der Leistung des gewählten Stücks oder iRd Ersatzlieferung (§ 439) nicht zurückgegriffen werden kann. Dies gilt auch dann, wenn man den Ersatzlieferungsanspruch beim Stückkauf (s § 439 Rn 27) bejaht (Jud Schadenersatz 166 ff).