Prof. Dr. Klaus Peter Berger
Rn 8
Durch Nr 1 soll die Verwendergegenseite in ihrer Dispositionsfreiheit geschützt und die Effektivität der ihr nach dem Gesetz zustehenden Sekundäransprüche sichergestellt werden (BGH NJW 84, 2469 [BGH 28.06.1984 - VII ZR 276/83]). Leistungsfristen iSv Nr 1 sind alle Fristen, die nach dem Inhalt der AGB verstrichen sein müssen, ehe die Leistung – bzw wichtige Nebenleistung (W/L/P/Dammann § 308 Nr 1 Rz 31) – fällig ist (MüKo/Wurmnest § 308 Nr 1 Rz 17). Die Vorschrift betrifft allein vom Verwender gesetzte Fristen für von ihm geschuldete Leistungen (Stoffels Rz 761). Sie gilt unabhängig von der Art der geschuldeten Leistung (HP/Becker § 308 Nr 1 Rz 19). Erfasst werden daher alle Klauseln, die den Beginn der Leistungsfrist hinausschieben, die Frist unterbrechen (BGH NJW 82, 333 [BGH 07.10.1981 - VIII ZR 229/80]) oder im Anschluss an eine vereinbarte Leistungsfrist eine weitere Zusatz- oder unechte Nachfrist vorsehen (BGH NJW 01, 294 [BGH 27.09.2000 - VIII ZR 155/99]; 83, 1320 [BGH 26.01.1983 - VIII ZR 342/81]). Nicht erfasst werden echte Nachfristklauseln, die die Fälligkeit des Anspruchs voraussetzen (vgl dazu Nr 2).
1. Unangemessene Länge.
Rn 9
Ob eine Leistungsfrist angemessen ist, muss im Wege einer Abwägung der gegenseitigen typischen Interessen im Hinblick auf die jeweilige Geschäftsart ermittelt werden (BGH NJW 84, 2468). Maßgeblich ist die branchenübliche Frist (MüKo/Wurmnest § 308 Nr 1 Rz 19), die um einen gewissen Sicherheitszeitraum zu verlängern ist (BGH NJW 84, 2469 [BGH 28.06.1984 - VII ZR 276/83]). Gegen außergewöhnliche Risiken muss sich der Verwender durch eine Individualabrede absichern (HP/Becker § 308 Nr 1 Rz 21).
Rn 10
Einzelfälle (unangemessen +, nicht –): 3 Wochen im Möbelhandel (–Bambg Bunte III § 10 Nr 4 Rz 25; 6 Wochen +Hamm NJW-RR 87, 315; 3 Monate +BGH NJW 84, 48); 4 Wochen beim Kauf von Einbauküchen (–BGH WM 07, 703); 6 Wochen beim Neuwagenkauf (–BGH NJW 01, 292); 6 Monate für die Werkabnahme ggü Subunternehmern (+BGH NJW 89, 1602 [BGH 23.02.1989 - VII ZR 89/87]).
2. Bestimmtheitsgebot.
Rn 11
Die für Annahmefristen dargestellten Grundsätze (s Rn 6) gelten entspr: Nicht hinreichend bestimmt ist eine Frist, wenn der Leistungszeitpunkt vom Vertragspartner des Verwenders nicht ohne besondere Mühe und Aufwand berechnet werden kann (BGH WM 89, 1603) oder auch, wenn die Fälligkeit von einem Umstand abhängt, der ausschließlich oder tw von einer freien Entscheidung des Verwenders abhängt (BGH NJW 22, 701 [BGH 11.11.2021 - IX ZR 237/20] für Mietzahlungspflicht, die mit Inbetriebnahme der vom Verwender gemieteten Anlage beginnt).
Rn 12
Einzelfälle (bestimmt +, nicht –): Beginn der Lieferzeit ›mit schriftlicher Bestätigung der Maße durch den Hersteller‹ (–BGH NJW 85, 855 [BGH 06.12.1984 - VII ZR 227/83]); Lieferung ›in branchenüblicher Frist‹ (–Köln BB 82, 638); ›Lieferfristen und Termine sind unverbindlich‹ (–Kobl WM 83, 1272); ›Abnahme bei Übergabe des Hauses an den Kunden‹ im Subunternehmervertrag (–BGH NJW 97, 395 [BGH 29.10.1996 - VI ZR 310/95]); Lieferfristangabe ›idR‹ (–KG NJW 07, 2266 [KG Berlin 03.04.2007 - 5 W 73/07]); Fristbeginn am ›Ende der Widerrufsfrist‹ (–Kobl NJW-RR 93, 1081 [OLG Koblenz 19.02.1993 - 2 U 527/91]); ›Vom Verkäufer nicht zu vertretende Störungen […], die auf einem unvorhersehbaren und unverschuldeten Ereignis beruhen, verlängern die Lieferzeit entspr‹ (+Köln NJW-RR 01, 198 [OLG Köln 21.05.1999 - 6 U 122/98] im Zusammenspiel mit anderen Bestimmungen); Verlängerung der Lieferfrist bei Streiks und ähnlichen Ereignissen (–Stuttg NJW 81, 1105).