Prof. Dr. Klaus Peter Berger
Rn 2
Nr 1 beruht auf dem Gedanken, dass der Kunde auf den ausgehandelten Preis vertrauen können soll (Preisklarheit bzw Preistransparenz). Nr 1 ergänzt § 1 I, IV PAngV, soweit Waren und Dienstleistungen Letztverbrauchern angeboten werden. Nr 1 erfasst ausgenommen von Dauerschuldverhältnissen (s Rn 7) sowie Reise- und Gastschulaufenthaltsverträgen (§§ 651f III, 651u I) grds alle entgeltlichen Verträge (HP/Becker § 309 Nr 1 Rz 6).
I. Entgelt für Waren oder Leistungen.
Rn 3
Das Entgelt, das in einem Sach- oder Geldbetrag bestehen kann, muss zumindest vorläufig ziffernmäßig festgesetzt sein. Bestimmbarkeit zB durch Hinweis auf taxmäßige oder übliche Vergütung reicht aus (Erman/Roloff § 309 Rz 2; U/B/H/Fuchs § 309 Nr 1 Rz 15; MüKo/Wurmnest § 309 Nr 1 Rz 12. Entgelt ist nur die vereinbarte Gegenleistung in gegenseitigen Verträgen, nicht dagegen der Aufwendungsersatz (MüKo/Wurmnest § 309 Nr 1 Rz 12.
Rn 4
Die Gegenleistung muss für Waren oder Leistungen geschuldet sein. Der Leistungsbegriff umfasst alle vertraglichen Leistungen. Auf Grundstücke kann Nr 1 analog Anwendung finden (HP/Becker § 309 Nr 1 Rz 6 mwN).
II. Preiserhöhungsklauseln.
Rn 5
Nr 1 verbietet jede Form der direkten nachträglichen Entgelterhöhung (BGH NJW 80, 2134 [BGH 23.04.1980 - VIII ZR 80/79]), sofern sie eine zukünftig zu erbringende Leistung betrifft (W/L/P/Dammann § 309 Nr 1 Rz 34–39). Unwirksam sind danach Änderungsvorbehalte, die auf Kosten- oder Lohnerhöhungen im Bereich des Verwenders abstellen (BGH NJW 90, 116 [BGH 12.07.1989 - VIII ZR 297/88]); Klauseln, wonach der Verwender berechtigt ist, das Entgelt nach dem späteren Tages- oder Listenpreis bei Lieferung zu berechnen (BGH NJW 85, 854 [BGH 16.01.1985 - VIII ZR 153/83]; MüKo/Wurmnest § 309 Nr 1 Rz 15; Anpassungsklauseln, bei denen der Eintritt der Preiserhöhung durch bestimmte Ereignisse oder Umstände ›automatisch‹ ausgelöst wird (sog Gleit- und Spannungsklauseln; MüKo/Wurmnest § 309 Nr 1 Rz 13f); Klauseln, die den Parteien bei Eintritt bestimmter Umstände eine Neuverhandlungspflicht auferlegen und notfalls eine Neufestsetzung des Entgelts durch Gerichte vorsehen (MüKo/Wurmnest § 309 Nr 1 Rz 14);
Umsatzsteuerklauseln, die dem Verwender für diesen Fall die entspr Erhöhung der vereinbarten Brutto- bzw Inklusivpreise gestatten (BGH NJW 80, 2134 [BGH 23.04.1980 - VIII ZR 80/79]).
III. Viermonatsfrist.
Rn 6
Die Frist beginnt mit Zustandekommen des Vertrages, nicht bereits mit der Unterzeichnung eines Vertragsangebots (Frankf DB 81, 884 [LG Köln 11.03.1981 - 13 S 281/80]). Die Vereinbarung eines festen Liefertermins ist nicht erforderlich. Nr 1 ist auch anwendbar, wenn keine Lieferfrist vereinbart und somit die Leistung sofort geschuldet ist (§ 271 I). Wann die Leistung tatsächlich erbracht wird, ist für die Wirksamkeit nach Nr 1 unerheblich (Grüneberg/Grüneberg § 309 Rz 4), kann aber nach Treu und Glauben zur Vertragsänderung durch Einwilligung des Kunden führen (BGH NJW 75, 1108 m Anm Bulla). Eine Erhöhungsklausel, die unterschiedslos für Verträge mit kürzeren und längeren Lieferfristen als 4 Monate verwandt wird, ist insgesamt unwirksam (BGH NJW 85, 855 [BGH 06.12.1984 - VII ZR 227/83]).
IV. Dauerschuldverhältnisse.
Rn 7
Vom Verbot der Nr 1 ausgenommen sind Dauerschuldverhältnisse, deren Gesamtliefermenge bei Vertragsschluss nicht feststeht (HP/Becker § 309 Nr 1 Rz 13). Das sind insb Abonnementsverträge (BGH NJW 80, 2519), Darlehensverträge (Köln ZIP 99, 22), Dienstverträge, Sukzessivlieferungsverträge (BGH NJW-RR 86, 211), Wartungsverträge (BGH NJW-RR 88, 821 [LG Tübingen 06.11.1987 - 2 O 257/87]), Wiederkehrschuldverhältnisse (BTDrs 7/5422, S 8) sowie sonstige Bezugsverträge (BGH NJW 85, 854 [BGH 16.01.1985 - VIII ZR 153/83]). Miet- und Versicherungsverträge werden nur dann von Nr 1 erfasst, wenn sie auf Abwicklung in kurzer Zeit angelegt sind (Grüneberg/Grüneberg § 309 Rz 6).
V. Inhaltskontrolle nach § 307.
Rn 8
Preiserhöhungsklauseln (zB Tagespreisklauseln im Kfz-Handel), die nach Nr 1 nicht zu beanstanden sind, können gegen § 307 verstoßen (BGH NJW 85, 2270; Führich NJW 00, 3676). Das gilt zB für Klauseln, die einseitig dem Verwender eine nicht kurzfristige Preiserhöhung erlauben. Nach § 307 unwirksam sind Klauseln, die das Äquivalenzprinzip nicht wahren (BGH NJW 85, 2270 [BGH 20.05.1985 - VII ZR 198/84]; 82, 332 [BGH 07.10.1981 - VIII ZR 229/80]), die Preiserhöhung nach Grund und Umfang nicht transparent konkretisieren (BGH NJW 00, 652 [BGH 19.10.1999 - XI ZR 8/99]; 85, 855 [BGH 06.12.1984 - VII ZR 227/83]) und dem Kunden für den Fall hoher Preissteigerungen kein Lösungsrecht (Kündigung oder Rücktritt) einräumen (BGH NJW 98, 456). Insb bei Verträgen mit Verbrauchern sind an Ausgewogenheit und Klarheit der Klausel strenge Anforderungen zu stellen (Grüneberg/Grüneberg § 309 Rz 8). Zur Kasuistik s MüKo/Wurmnest § 309 Nr 1 Rz 33. Nachbewertungsklauseln sind dagegen nach § 307 III 1 der Inhaltskontrolle entzogen (BGH NJW 01, 2399 [BGH 26.01.2001 - V ZR 452/99]).
VI. Verträge zwischen Unternehmern.
Rn 9
Das starre Verbot der Nr 1 lässt sich auf den Geschäftsverkehr nicht übertragen, wenngleich die Überlegungen zur Angemessenheit von Preiserhöhungsklauseln iRv § 307 bedeutsam sind...