Prof. Dr. Michael Stürner
Rn 15
Nach I 2 wird der formnichtige Vertrag seinem ganzen Inhalt nach gültig, wenn zur Erfüllung des Vertrages (vgl BGHZ 160, 368) die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgen. Diese Heilung betrifft aber nur die Formnichtigkeit nach § 125, nicht anderer Unwirksamkeitsgründe wie Willensmängel oder das Fehlen einer Genehmigung (BGH WM 16, 2235 Rz 30). Beruht die Unwirksamkeit der Auflassung auf der Unwirksamkeit der in dem formnichtigen Grundstücksvertrag enthaltenen Vollmacht, wird diese nicht rückwirkend geheilt (s.u. Rn 17).
Rn 16
IE muss sich die Auflassung auf den ganzen Vertragsgegenstand beziehen, also ggf auf alle dort genannten Grundstücke. Das gilt sogar dann, wenn es sich um mehrere Verträge handelt, selbst wenn die Verknüpfung nicht beurkundet ist (BGH NJW 00, 2017 [BGH 07.04.2000 - V ZR 83/99]). Diese müssen eine ›Einheit‹ bilden (oben Rn 7 f). Dafür reicht es aus, wenn nur eine der Vertragsparteien das Grundstück ohne den Abschluss des weiteren Vertrages nicht geschlossen hätte und die andere Vertragspartei dies erkannt oder hingenommen hat (BGH MittBayNot 10, 306; BGHZ 186, 345). Zur Urkundeneinheit bei öffentlich-rechtlichen Verträgen BVerwG DNotZ 10, 549. Die Willensübereinstimmung bei den Parteien muss bis zur Auflassung fortbestehen (BGHZ 127, 129, 136f), und zwar hinsichtlich des ganzen Vertragsinhalts. Dieser Fortbestand wird vermutet, wenn nicht eine Partei ihre Willensänderung erkennen lässt (BGHZ 54, 56, 63f). Die nicht mehr einverstandene Partei kann dann die Auflassung nach § 812 zurückfordern, wenn nicht die §§ 814 f eingreifen (RGZ 108, 329). Diese Partei kann auch durch einstweilige Verfügung ein Erwerbsverbot erwirken; die Eintragung ist dann entspr §§ 136, 135 relativ unwirksam und genügt zur Heilung nicht; das Verbot soll sogar ein Eintragungshindernis begründen (RGZ 117, 287, 291f).
Rn 17
Die Heilung wirkt nicht zurück. Daher ist eine davor eingetragene Auflassungsvormerkung zunächst wirkungslos (BGHZ 54, 56, 63) und ein Verzug ergreift nicht den früheren Zeitraum (BGH DB 79, 938). Ein unter Verstoß gegen das Schriftformerfordernis des § 550 geschlossener Vertrag ist deshalb bis zur Errichtung einer formwirksamen Urkunde wegen Nichteinhaltung der Form kündbar (Celle ZMR 23, 876 Rz 48). Im Fall eines formnichtigen Angebots auf Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück ist im Zweifel auch eine (sich darauf beziehende) erteilte Auflassungsvollmacht unwirksam (BGH NJW-RR 20, 962 Rz 18). Wenig konsequent hat demggü BGH NJW 82, 759, 761 (nicht in BGHZ 82, 398) den Verfall einer Vertragsstrafe schon für die Nichtleistung vor der Heilung angenommen. Kennt der Käufer einen Sachmangel zwar nicht bei Abschluss des formnichtigen Kaufvertrags, aber im Zeitpunkt der Grundbucheintragung, findet § 442 keine Anwendung, BGH ZIP 11, 1413; NJW 89, 2050.
Rn 18
Bei Verträgen, die nicht direkt die Übertragung von Grundstückseigentum zum Inhalt haben, wird I 2 vielfach analog angewendet. So tritt die Heilung eines formnichtigen Vorvertrages schon mit dem förmlichen Abschluss des Hauptvertrages ein (BGHZ 82, 398, 403). Ähnl soll bei einer Verpflichtung zum Verkauf an einen Dritten der Formmangel schon durch formgültigen Abschluss des Kaufvertrages mit diesem Dritten geheilt werden (BGH NJW 82, 759). Zur Heilung formunwirksamer Vorverträge durch Abschluss eines förmlichen Hauptvertrages vgl BGHZ 160, 368; BGH NJW 12, 3171: Auch hier muss ein Erfüllungszusammenhang zwischen beiden Verträgen bestehen. Dieser fehlt, wenn der Hauptvertrag mit einem Dritten abgeschlossen wird, ohne dass der Vorvertrag dazu verpflichtet hätte. Zur Heilung von unter Formmangel leidenden Nebenabreden Grziwotz ZfIR 10, 589 [BGH 05.03.2010 - V ZR 60/09].