Prof. Dr. Michael Stürner
Rn 6
Nach I 1 ist der Unternehmer bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen verpflichtet, den Verbraucher nach Maßgabe des Art 246a EGBGB zu informieren. Für den Inhalt der dem Verbraucher mitzuteilenden Informationen verweisen I und II auf Art 246a bzw Art 246b EGBGB. Nach Art 246a § 1 I 1 Nr 9 EGBGB ist der Unternehmer verpflichtet, dem Verbraucher ggf Informationen über das Bestehen und die Bedingungen von Kundendienst, Kundendienstleistungen und Garantien zur Verfügung zu stellen. Der EuGH hat die Frage, ob das bloße Bestehen einer Herstellergarantie genügen soll, dahingehend entschieden, dass die Informationspflicht hinsichtlich der Garantie nur ausgelöst wird, wenn der Verbraucher ein berechtigtes Interesse daran hat (EuGH 5.5.22, C-179/21 – absoluts, NJW 22, 1871 Rz 53 (›Victorinox-Garantie‹); nachgehend BGH ZIP 22, 2493: Die Informationspflicht besteht nur, wenn die Garantie ein zentrales oder entscheidendes Merkmal des Angebots ist).
Rn 6a
Hervorzuheben sind Art 246a § 4 I und Art 246b § 1 I EGBGB. Danach hat der Unternehmer dem Verbraucher die Informationen vor Abgabe dessen Vertragserklärung in klarer und verständlicher Weise zur Verfügung zu stellen (Deutlichkeitsgebot). Dies umfasst auch, dass die Informationen in einer für den Verbraucher klaren und verständlichen Sprache abgefasst sind (BTDrs 17/12637, 75). Bsp zur Gestaltung: Köln MDR 15, 905 [OLG Köln 08.05.2015 - 6 U 137/14] Rz 31 ›Flirtcafé‹. Art 246a § 1 I 1 Nr 2 EGBGB verstößt insoweit gegen Art 6 I lit c VRRL, als ein Unternehmer danach verpflichtet ist, vor Abschluss eines Vertrags mit einem Verbraucher im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen stets seine Telefonnummer anzugeben. Auch besteht keine Verpflichtung des Unternehmers, einen Telefon- oder Telefaxanschluss bzw ein E-Mail-Konto neu einzurichten, damit die Verbraucher mit ihm in Kontakt treten können. Sie verpflichtet den Unternehmer nur dann zur Übermittlung der Telefon- oder Telefaxnummer bzw seiner E-Mail-Adresse, wenn er über diese Kommunikationsmittel mit den Verbrauchern bereits verfügt. Schließlich kann der Unternehmer auch andere Kommunikationsmittel als die in Art 6 I lit c VRRL genannten zur Verfügung stellen (EuGH 10.7.19, C-649/17 – Amazon, NJW 19, 3365). Nach Art 246a § 4 II 1 EGBGB müssen die Informationen über das Widerrufsrecht vor Abgabe der Vertragserklärung ›zur Verfügung gestellt‹ werden, und zwar grundsätzlich in Papierform, ausnahmsweise bei Zustimmung des Verbrauchers auch auf einem anderen dauerhaften Datenträger (ähnlich Art 7 I VRRL: ›Bereitstellen‹). Dem Verbraucher müssen daher die Informationen physisch übergeben werden, wie auch der Verweis auf Papier oder ein anderes dauerhaftes Medium erkennen lässt. Die bloße Kenntnisnahme oder die Möglichkeit der Kenntnisnahme genügt danach nicht (BGH NJW-RR 21, 177 [BGH 26.11.2020 - I ZR 169/19] Rz 42 ff). Die Erfüllung dieser Vorgaben wirkt sich auf den Lauf der Widerrufsfrist aus (§ 356 Rn 8).
Rn 6b
Zur Frage der ›Verfügbarkeit‹ der Telefonnummer iSd Art 6 I lit h und IV iVm Anh I Teil A VRRL hat der EuGH entschieden, dass eine Pflicht zur Angabe einer Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung besteht, wenn der Unternehmer einem Durchschnittsverbraucher den Eindruck vermittelt, er würde diese Telefonnummer zu Kontaktzwecken mit Verbrauchern nutzen (EuGH 14.5.20, C-266/19 – EIS GmbH/TO, ECLI:EU:C:2020:384 Rz 37 ff: Telefonnummer in der Fußzeile der Webseite sowie im Impressum; so auch BGH MDR 21, 250 [BGH 15.10.2020 - I ZR 8/19] Rz 29 ff; MDR 21, 956 [BGH 21.01.2021 - I ZR 17/18] Rz 55). Ein Link zu den Garantiebedingungen ohne klare und eindeutige Bezeichnung bzw nicht innerhalb eines eindeutigen inhaltlichen Kontexts genügt den Transparenzanforderungen nicht (Nürnbg GRUR-RS 19, 44555). Ein Link, durch dessen Betätigung der Verbraucher Kontakt zum Unternehmer via E-Mail, Internet-Chat oder über ein Rückrufsystem sofort oder innerhalb von fünf Minuten aufnehmen kann, genügt den Informationspflichten über die Kontaktmöglichkeiten (BGH GRUR 20, 652 [BGH 19.12.2019 - I ZR 163/16] ›Rückrufsystem II‹).