Prof. Dr. Michael Stürner
Gesetzestext
Der Unternehmer kann von dem Verbraucher Fracht-, Liefer- oder Versandkosten und sonstige Kosten nur verlangen, soweit er den Verbraucher über diese Kosten entsprechend den Anforderungen aus § 312d Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 246a § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche informiert hat.
A. Europarechtliche Grundlage und Reform.
Rn 1
§ 312e geht auf Art 6 VI VRRL zurück. Die Norm wurde durch das VRRL-UG, durch das die §§ 312 ff zum ganz überwiegenden Teil neu gefasst wurden (s dazu Vor §§ 312 ff Rn 4), in ihrer jetzigen Form ins Gesetz aufgenommen. Nutzungswertersatz, wie in § 312e I aF geregelt, kann der Unternehmer vom Verbraucher nicht mehr verlangen (s § 357 Rn 18). Das Gesetz v. 10.8.21 (BGBl I 3483; s Vor §§ 312 ff Rn 4a) änderte mWv 28.5.22 den Verweis, der nunmehr auf Art 246a § 1 I 1 Nr 7 EGBGB geht.
B. Anwendungsbereich, Schutzzweck.
Rn 2
§ 312e regelt zusammen mit § 312d I sowie Art 246a EGBGB umfassend die Informationspflichten, die den Unternehmer bei Abschluss eines im Fernabsatz sowie außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrags treffen. Im Unterschied zu § 312d I enthält § 312e allein kostenbezogene Informationspflichten. Dass sich § 312e allein auf Fernabsatzverträge sowie auf außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge bezieht, lässt sich dem Wortlaut des § 312e nicht unmittelbar entnehmen. Dies ergibt sich jedoch mittelbar aus der Formulierung ›entsprechend den Anforderungen aus‹. § 312e betrifft damit nur diejenigen Verträge, auf die auch die in Bezug genommenen Informationspflichten in § 312d I und Art 246a § 1 I 1 Nr 7 EGBGB seit 28.5.22 anwendbar sind (vgl BTDrs 17/12637, 55). Daraus ergibt sich auch, dass § 312e auf Verträge über Finanzdienstleistungen, einschließlich Verbraucherdarlehensverträge nicht anwendbar ist. Für diese Verträge ist allein § 312d II einschlägig (s dazu § 312d Rn 6 ff).
Rn 3
Informationspflichten über Kosten finden sich nicht nur in § 312e, sondern auch in dem allgemein gehaltenen, für alle Verbraucherverträge geltenden § 312a II 1, 2. § 312a II 3 stellt jedoch klar, dass diese Regelung auf Fernabsatzverträge sowie auf außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge nicht anwendbar ist. Zu beachten sind auch die gegenüber § 312e spezielleren Vorschriften in § 357 VI und § 357d S 2 (dazu auch Rn 10).
C. § 312e ergänzende Vorschriften.
I. § 312a.
Rn 4
Aus § 312a III ergibt sich, dass Vereinbarungen, die auf eine über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistung hinausgehende Zahlung des Verbrauchers gerichtet sind, nur ausdrücklich getroffen werden können. In den Anwendungsbereich dieser Norm fallen auch die von § 312e gleichermaßen erfassten Fracht-, Liefer- oder Versandkosten. Dennoch verbleibt § 312e neben § 312a III ein eigenständiger Anwendungsbereich. Es ist vorstellbar, dass zwar eine ausdrückliche Zustimmung des Verbrauchers, weitere Kosten zu tragen, vorliegt, der Unternehmer den Verbraucher aber dennoch nicht entsprechend den Anforderungen des Art 246a EGBGB über diese zusätzlichen Kosten informiert hat. Als Bsp nennt die Gesetzesbegründung den Fall, dass der Verbraucher ausdrücklich zugestimmt hat, ›die üblichen Versandkosten‹ zu tragen, aber ein genauer Preis – obwohl bekannt – nicht angegeben war (BTDrs 17/12637, 55).
Rn 5
Aus dem Zusammenspiel von § 312e und dem allgemeinen § 312a III ergibt sich, dass den Unternehmer die Informationspflichten aus § 312e auch dann treffen, wenn es sich nur aufgrund einer Auslegung des Vertrags zwischen Unternehmer und Verbraucher ergibt, dass der Verbraucher die Fracht-, Liefer- oder Versandkosten zu tragen hat (vgl insoweit BTDrs 17/12637, 55).
Rn 6
§ 312e ergänzende Bestimmungen finden sich auch in den für alle Verbraucherverträge geltenden § 312a IV und V (vgl insoweit § 312a Rn 8 ff).
II. § 312 f.
Rn 7
§ 312f I, II verpflichtet den Unternehmer bei Fernabsatz- sowie außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, dem Verbraucher diverse Abschriften und Bestätigungen nach Vertragsschluss zukommen zu lassen. Erfasst von dieser Verpflichtung sind auch die in Art 246a § 1 I 1 Nr 7 EGBGB genannten Kosten.
D. Einzelheiten.
I. Unterrichtung des Verbrauchers.
Rn 8
Für den Inhalt der dem Verbraucher mitzuteilenden Informationen verweist § 312e auf Art 246 § 1 I 1 Nr 7 EGBGB (zur Reform s Rn 1). Danach hat der Unternehmer den Verbraucher insb über den Gesamtpreis von Waren oder Dienstleistungen (einschließlich aller Steuern und Abgaben) zu informieren sowie die Art der Preisberechnung in Fällen, in denen der Preis aufgrund der Beschaffenheit der Waren oder Dienstleistungen im Voraus vernünftigerweise nicht berechnet werden kann.
II. Bestehen des Anspruchs.
Rn 9
Haben sich der Unternehmer und der Verbraucher nicht auf die Zahlung zusätzlicher Kosten geeinigt, besteht kein vertraglicher Anspruch auf Zahlung. Aber auch dann, wenn durch Auslegung des Vertrags entnommen werden kann, dass der Verbraucher die Kosten in üblicher Höhe tragen soll, besteht die Pflicht zur Übernahme der Kosten nur bei entsprechender Belehrung nach Art 246a § 1 I 1 Nr 7 EGBGB (vgl dazu BTDrs 17/12637, 55f).
III. Kosten iSd § 312e.
Rn 10
Von § 312e erfasst sind die in der Norm ausdrücklich aufgeführten Liefer-, Fracht- und...