Gesetzestext
Auf eine Vereinbarung, durch welche die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden, kann sich der Verkäufer nicht berufen, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.
A. Grundsätzliches.
I. Bedeutung.
Rn 1
Die Norm hat zunehmende praktische Relevanz. Sie nimmt Haftungsausschluss und -beschränkung die Wirkung, indem sie dem Verkäufer bei arglistigem Verschweigen eines Mangels oder der Übernahme einer Garantie die Berufung darauf verbietet (BTDrs 14/6040, 240). Im Gegenschluss wird deren grds Zulässigkeit bestätigt (Grüneberg/Weidenkaff Rz 1).
II. Anwendungsbereich.
Rn 2
§ 444 gilt für Sach- und Rechtskauf sowie Sach- und Rechtsmängel.
III. WKRL.
Rn 3
Der Inhalt der Norm ist nicht durch die RL vorgegeben.
IV. Abdingbarkeit.
Rn 4
Die Haftung für Arglist ist nicht abdingbar (Brandbg BeckRS 12, 14956). Eine Garantie kann von vornherein tatbestandlich oder von den Rechtsfolgen her beschränkt gewährt werden, wie durch die Konjunktion ›soweit‹ und in § 443 I klargestellt ist.
B. Haftungsausschluss, -beschränkung.
I. Vereinbarung.
Rn 5
Der Haftungsausschluss muss als Bestandteil des Kaufvertrags vereinbart werden, was vor oder nach dessen Abschluss, ausdrücklich oder stillschweigend geschehen kann, zB durch Bezeichnung der Kaufsache als ›Ramschware‹ (HP/Faust Rz 5 mwN; zur aF RG SeuffA 87 Nr 39). Die Weigerung, ein mangelhaftes Fahrzeug am Abholtag beim Verkäufer trotz zu hörender ›Mahlgeräusche‹ zu belassen, kann nicht als nachträglicher, konkludenter Haftungsausschluss ausgelegt werden (Karlsr BeckRS 23, 12438 Rz 55 ff). Es gibt keinen allgemeingültigen Erfahrungssatz, dass Geschäftsleute bei gebrauchten Kraftfahrzeugen stets einen ›umfassenden Haftungsausschluss‹ vereinbaren (Frankf v 27.1.23 – 26 U 29/22, juris Rz 18). Der Haftungsausschluss ist von der negativen Beschaffenheitsvereinbarung zu unterscheiden (§ 434 Rn 24), die schon einen Mangel ausschließt (vgl HP/Faust Rz 6). Das Instrument der negativen Beschaffenheitsvereinbarung wird so bei sorgfältiger Vertragsgestaltung für eine zurückgehende Bedeutung von Haftungsausschlüssen sorgen.
II. Zeitpunkt.
Rn 6
Ohne abw Regelung wirkt der Haftungsausschluss ab Zeitpunkt seiner Vereinbarung (HP/Faust Rz 13; Staud/Matusche-Beckmann Rz 42), nicht erst ab Gefahrübergang. Die aA (zur aF BGHZ 129, 103, 106; BGH NJW 97, 652) wird seiner Funktion nicht gerecht, die Rechtsfolgen aus Mängeln abschließend zu regeln, da sie dem Käufer ermöglicht, vorher Ware als mangelhaft zurückzuweisen. Nicht erfasst sind Mängel, die nach Vereinbarung bis Gefahrübergang entstehen, da dies mit der Funktion des Gefahrübergangs nicht vereinbar ist (Staud/Matusche-Beckmann Rz 26; zur aF BGH NJW 03, 1316f [BGH 24.01.2003 - V ZR 248/02]).
III. Zulässigkeit.
Rn 7
Der Haftungsausschluss muss nach allg Regeln (zB § 476 – Verbrauchsgüterkauf, nur für Verjährung und Schadensersatz; § 309 Nr 8 lit b – AGB; §§ 138, 242 – vgl Saarbr BeckRS 15, 14801 Rz 23 zur aF zu Kaufverträgen über neu errichtete Häuser/Wohnungen BGHZ 98, 100, 107 f mwN) zulässig (s Darstellung bei HP/Faust Rz 9f) und darf nicht gem Hs 2 ausgeschlossen sein.
IV. Inhalt, Umfang.
Rn 8
Die Regelung kann jeden Inhalt haben, zB für alle oder nur einzelne Mängel zu gelten, Ansprüche komplett auszuschließen oder beliebig zu beschränken, zB durch Haftungshöchstgrenze (Deckel, Cap), Mindestgrenze (Bagatell-Klausel, De Minimis) (s dazu Hilgard BB 04, 1233), oder besondere Voraussetzungen einführen, zB Vorlage eines Sachverständigengutachtens. Ohne ausdrückliche Vereinbarung gilt ein auch individuell vereinbarter Haftungsausschluss nach der Rspr des BGH nicht für: (1) vereinbarte, sondern nur für vorausgesetzte und übliche Beschaffenheit (BGHZ 170, 86 Rz 31; BGH NJW 18, 1954 Rz 22; BGH NJW 17, 3292 [BGH 26.04.2017 - VIII ZR 233/15] Rz 22; NJW 13, 1074 [BGH 19.12.2012 - VIII ZR 96/12] Rz 19; 1733 Rz 15; Hamm NJW-RR 17, 1013 [OLG Hamm 02.03.2017 - 22 U 82/16] Rz 33; Brandbg NJW-RR 14, 335, 337 [OLG Brandenburg 20.06.2013 - 5 U 50/12]; KG NJW-RR 12, 290 [KG Berlin 17.06.2011 - 7 U 179/10]; Saarbr NJW-RR 12, 1080 [OLG Saarbrücken 29.02.2012 - 1 U 122/11 - 35]; für Versteigerungsbedingungen BGH NJW 11, 1217 [BGH 05.11.2010 - V ZR 228/09] Rz 16–18; vgl Zöbeley MDR 14, 254, 256 f; Auktionsbedingungen LG Saarbr NJW-RR 12, 1522 [OLG Köln 22.06.2012 - 20 U 27/12]; eBay-Bedingungen Karlsr NJW-RR 14, 745, 747 [OLG Karlsruhe 14.01.2014 - 9 U 233/12]; LG Itzehoe BeckRS 15, 440; aA Emmert NJW 06, 1765 f; s 8. Aufl; Jaensch jM 19, 90, 92 ff), und zwar auch bei nur konkludenter Vereinbarung (BGHZ 207, 349 Rz 9); (2) dem Verkäufer bei Annahme eines Angebots des Käufers bekannte Mängel (BGHZ 193, 326 Rz 11–15 – zu Recht krit Hahn ZfIR 12, 738, 739, da Käufer so erreichen kann, dass Verkäufer auch für erkennbare Mängel aufklärungspflichtig wird). Umfassender Haftungsausschluss gilt aber für aufgrund öffentlicher Äußerung geschuldete Beschaffenheit, da Äußerung durch Ausschluss regelmäßig ›überholt‹ (BGH NJW 18, 1954 Rz 20; BGH ZIP 17, 2153 Rz 24 ff, insb 32; ZIP 16, 1930 Rz 12 ff: Zäsurwirkung der Beurkundung; aA Schmidt-Räntsch ZfIR 14, 113, 119).
V. Klauselbeispiele.
Rn 9
Auslegung k...