Rn 21
Die Ausübung des Widerrufsrechts hat rechtsgestaltenden Charakter. Bis zur Erklärung des Widerrufs ist der Verbraucherdarlehensvertrag schwebend wirksam; es bestehen wechselseitige Erfüllungsansprüche. Hat der Verbraucher die Widerrufsfrist verstreichen lassen, wird seine Willenserklärung ex nunc endgültig wirksam (Staud/Kessal-Wulf Rz 7).
Rn 22
Die Rechtsfolgen eines fristgerechten Widerrufs, über die in Anlage 7 zum EGBGB informiert wird, richten sich nach §§ 355 I 1, 357a I, III. Der Darlehensnehmer ist an seine Willenserklärung nicht mehr gebunden. Die beiderseitigen Leistungsansprüche erlöschen; es hat mit Wirkung ex nunc eine Rückabwicklung zu erfolgen. Die beiderseits empfangenen Leistungen, sind spätestens nach 30 Tagen Zug um Zug zurückzugewähren (§§ 357a I; Rn 7). Für vor dem 13.6.2014 geschlossene Altverträge gelten §§ 346 ff (BGHZ 211, 123 Rz 58; 180, 123 Rz 23; WM 17, 766 Rz 14; 17, 906 Rz 19; 16, 2295 Rz 40; 16, 454 Rz 12 ff; Krepold BKR 17, 397, 406; Müller/Fuchs WM 15, 1094, 1096). Eine automatische Saldierung erfolgt nicht, es bedarf vielmehr einer Aufrechnung (BGHZ 180, 123 Rz 19; WM 18, 21 28 Rz 29; 17, 766 Rz 13; 17, 906, Rz 18; 17, 1008 Rz 19; 16, 454 Rz 16). Eine Beschränkung der Aufrechnung in AGB auf unbestrittene o rechtskräftig festgestellte Forderungen ist unwirksam (BGH WM 18, 1049 Rz 17 ff). Über die Widerrufsfolgen war in Verbraucherdarlehensverträgen vor dem 11.6.2010 nicht zu belehren (Karlsr WM 14, 2162, 2163); die Aufrechnungsbeschränkung hat auf die Wirksamkeit der Widerrufsinformation keinen Einfluss.
Rn 23
Bei verbundenen Verträgen (§ 358 III) ist der Darlehensnehmer im Falle eines wirksamen Widerrufs seiner auf den Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung auch an seine Willenserklärung auf Abschluss des verbundenen Lieferungs- o Leistungsvertrages nicht mehr gebunden (§ 358 II), es sei denn, der Darlehensvertrag dient der Finanzierung des Erwerbs von Finanzinstrumenten (§ 358 V). Entsprechendes gilt bei verbundenen Verträgen in Bezug auf den Darlehensvertrag, wenn er seine auf den Abschluss des finanzierten Vertrages gerichtete Willenserklärung wirksam widerruft (§ 358 I), u zwar auch dann, wenn das finanzierte Geschäft dem Erwerb von Finanzinstrumenten dient. Zur Erstreckung des Widerrufs auf zusammenhängende Verträge s § 360 idF ab 13.6.14, dazu Wendt/Lorscheid-Kratz BB 13, 2434, 2435 f, vorher § 359a.
I. Verpflichtungen des Darlehensnehmers.
Rn 24
Der Darlehensnehmer hat den ausgezahlten Nettodarlehensbetrag spätestens nach 30 Tagen zurückzuzahlen (§§ 355 III, 357a I) u für den erhaltenen Geldbetrag vom Empfangszeitpunkt bis zur Rückzahlung unter Berücksichtigung von Tilgungsleistungen (BGH ZIP 16, 109 Rz 7 u WM 16, 454 Rz 18; Nürnbg ZIP 16, 564 u WM 18, 370, 371 f; Brandbg BKR 17, 200, 202; 18, 22, 28; 18, 257, 264; KG WM 18, 121, 125 u 1449, 1453) die vertraglichen Sollzinsen zu entrichten (§ 357a III 1; vgl zur Zinsberechnungsmethode BGH WM 19, 2350 Rz 18f). Nur bei Immobiliardarlehen (§ 491 III), bei vor dem 11.6.10 geschlossenen Verträgen auch bei anderen Verbraucherdarlehen, steht ihm der Nachweis offen, dass der Wert des Gebrauchsvorteils, gemessen am Marktzins bei Vertragsschluss (BGH ZIP 19, 2455 Rz 21 u WM 17, 2146 Rz 12; Schlesw BKR 17, 22 Rz 98; Nürnbg WM 18, 370, 371 f; aA Feldhusen BKR 15, 441, 445), niedriger ist als der vereinbarte Sollzins (§ 357a III 2, 3; Rn 7). Nur eine Abweichung um mehr als einen Prozentpunkt, bezogen auf EWU- o MFI-Zinsstatistik ist relevant (BGH ZIP 19, 2455 Rz 21 u WM 17, 2146 Rz 12; Nürnbg BKR 17, 375, 377; vgl zur Bedeutung der MFI-Zinsstatistik auch BGH WM 19, 917 Rz 12 ff). Eine Sonderregelung enthält § 357a III 4 idF ab 13.6.14 für den vom Verbraucher zu leistenden Wertersatz beim Widerruf von Verträgen über entgeltliche Finanzierungshilfen, die nicht von der Ausnahme des § 506 IV erfasst werden. Oberste Grenze für den Wertersatz ist das – ggf durch § 494 II modifizierte – auf die ursprünglich gedachte Vertragslaufzeit zu beziehende Erfüllungsinteresse des Darlehensgebers (BGH NJW-RR 91, 1011 [BGH 17.04.1991 - VIII ZR 12/90]; NJW 85, 1554 [BGH 27.02.1985 - IVa ZR 136/83]).
Rn 25
Anspruch auf Bearbeitungsgebühren, Auslagenpauschalen, Abschlussgebühren, laufzeitunabhängige Verwaltungskosten, Provisionen, Vermittlercourtage o die Erstattung sonstiger Auslagen hat der Darlehensgeber im Falle des Widerrufs nicht (Köln BKR 13, 465 [OLG Köln 19.06.2013 - 13 U 122/12] u. NJW-RR 95, 1008 [OLG Köln 05.12.1994 - 12 U 75/94]), im Ergebnis wohl aber auf Wertersatz für die Bereitstellung des Darlehens (Brandbg BKR 18, 257, 264 [OLG Brandenburg 14.02.2018 - 4 U 37/17]; Wallner BKR 16, 177, 178; Lühmann BKR 18, 255, 256 f.; aA LG Stuttg BKR 18, 254f) Nach § 357a III 5 kann der Darlehensgeber nur seine Aufwendungen iSv Kosten ersetzt verlangen, die er an öffentliche Stellen erbracht hat (zB Notarkosten) u nicht zurückverlangen kann.
Rn 26
Bereits entstandene Schadensersatzansprüche des Darlehensgebers wegen Nichterfüllung entfallen (BGH NJW 90, 20...