Prof. Dr. Michael Stürner
Gesetzestext
(1) 1Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den eine Leistung schenkweise versprochen wird, ist die notarielle Beurkundung des Versprechens erforderlich. 2Das Gleiche gilt, wenn ein Schuldversprechen oder ein Schuldanerkenntnis der in den §§ 780, 781 bezeichneten Art schenkweise erteilt wird, von dem Versprechen oder der Anerkennungserklärung.
(2) Der Mangel der Form wird durch die Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt.
A. Formzwang (Abs 1).
Rn 1
I 1 unterwirft das Schenkungsversprechen der notariellen Beurkundung. Ihr Fehlen führt zur Nichtigkeit (§ 125 I 1). Für Schenkungen von Todes wegen gilt die Spezialregelung des § 2301. Der Formzwang gilt analog auch für sog Brautgabeversprechen (§ 516 Rn 22a), wenn sie noch nicht vollzogen sind und soweit nicht bereits § 1410 bzw § 1585c greifen (BGH NJW 20, 2024 [BGH 18.03.2020 - XII ZB 380/19] Rz 36 ff).
Rn 2
Nur das Schenkungsversprechen unterliegt dem Formzwang; die Annahme ist formfrei. Der Rechtsgrund (Schenkung) muss nicht mitbeurkundet werden. Die Beurkundung hat die gesamte Schenkung einschl der Nebenpflichten des Schenkers zu umfassen. Sie erstreckt sich auf die Aufl (hM; vgl MüKo/Koch Rz 4 mN). Spätere Änderungen sind formbedürftig, wenn sie eine Erweiterung des Schenkungsversprechens bedeuten.
Rn 3
I 2 dehnt den Formzwang auf abstrakte Schuldversprechen und -anerkenntnisse aus. Damit sind sie nicht nach II zur Heilung einer formlosen Verpflichtung geeignet. Gleichzustellen sind die ebenfalls abstrakten Forderungen auf Grund Wechselakzepts und der Hingabe eines Schecks (BGHZ 64, 340; NJW 78, 2027). Zur Formbedürftigkeit von Schuldanerkenntnissen s Albers JZ 20, 776.
Rn 4
Die gemischte Schenkung unterliegt dem Formzwang nur hinsichtlich des Schenkungsteils ohne Rücksicht auf die Wertverhältnisse. Bei Unteilbarkeit der Leistung ist das gesamte Leistungsversprechen formbedürftig (MüKo/Koch § 516 Rz 40).
B. Heilung durch Bewirkung der versprochenen Leistung (Abs 2).
I. Allgemeines.
Rn 5
›Bewirkt‹ ist die Leistung, wenn der Schenker alles getan hat, was von seiner Seite zum Erwerb des Gegenstands der Schenkung erforderlich ist (BGH NJW 70, 941); auf den Leistungserfolg kommt es nicht an (hM; aA MüKo/Koch Rz 11). Es schadet nicht, wenn das Vollzugsgeschäft befristet oder bedingt abgeschlossen ist (BGH NJW-RR 89, 1282); die Begründung eines Anwartschaftsrechts genügt (BGH NJW 70, 941 [BGH 06.03.1970 - V ZR 57/67] und Stuttg NJW 87, 782 [OLG Stuttgart 21.03.1986 - 2 U 181/85]: Tod des Schenkers). Die freie Verfügungsgewalt des Schenkers über ein Guthaben bis zu seinem Tod steht der Annahme eines Vollzugs nicht entgegen (BGH FamRZ 85, 693 [BGH 11.01.1984 - IVa ZR 30/82]). Bzgl eines Sparbuchguthabens wird die Schenkung erst durch Abtretung des Auszahlungsanspruchs gegen die Bank vollzogen, nicht durch die Übergabe des Sparbuchs (Karlsr NJW-RR 19, 494 [OLG Karlsruhe 08.01.2019 - 9 U 5/17]).
II. Vollständigkeit.
Rn 6
Die Bewirkung nur eines Teils der Leistung führt nach Maßgabe des § 139 zu teilweiser Heilung (MüKo/Koch Rz 12). Bei Dauerschuldverhältnissen tritt Heilung ein, soweit bereits geleistet ist (BAG NJW 59, 1746).
III. Rechtliche Erfordernisse.
Rn 7
Die Anforderungen an die Bewirkung der versprochenen Leistung richten sich nach materiellem Recht.
Rn 8
Bei Forderungen ist zwischen Begründung und Übertragung zu unterscheiden. Die Schenkung einer bestehenden Forderung wird durch Abtretungserklärung geheilt (BGH NJW 65, 1913: Bausparvertrag); bei einer Wechselforderung bedarf es zusätzlich noch der Besitzübergabe. Die Qualität als Abtretungserklärung oder bloßes Angebot zum Abschluss eines Schenkungsvertrags ist eine Frage der Auslegung (BGH NJW 65, 1913 [BGH 10.06.1965 - III ZR 71/63] zur Begünstigungserklärung ggü der Bausparkasse); die Übergabe eines Sparbriefs ist Indiz für die Forderungsabtretung. Bei Erteilung einer Einziehungs- oder Verfügungsermächtigung über ein Spar- oder Wertpapierkonto ist die Zuwendung erst mit der Auszahlung vollzogen. Wird dagegen die Forderung erst begründet, wird die darin liegende Schenkung entspr II 1 erst durch Erfüllung vollzogen: Durch Gutschrift auf dem Empfänger-Konto durch die Bank (BGH NJW 94, 931 [BGH 02.02.1994 - IV ZR 51/93]) oder mit Einlösung eines Schecks (BGH NJW 75, 1881 [BGH 06.03.1975 - II ZR 150/74]). Der schenkweise Erlass einer Schuld (§ 397) ist bereits der Vollzug der Schenkung (Stuttgart NJW 87, 782 [OLG Stuttgart 21.03.1986 - 2 U 181/85]).
Rn 9
Die Zuwendung einer Bezugsberechtigung aus einer Lebensversicherung beim Tod des Versicherungsnehmers ist bei Unwiderruflichkeit mit dem Abschluss des Versicherungsvertrags, bei Widerruflichkeit erst mit dem Tod vollzogen (BGH NJW 75, 1360 [BGH 25.04.1975 - IV ZR 63/74]; 84, 2156 [BGH 29.05.1984 - IX ZR 86/82]); eine Bindung des Schenkers durch Erbvertrag oder wechselbezügliches Testament steht nicht entgegen (BGH NJW 76, 749 [BGH 26.11.1975 - IV ZR 138/74]).
Rn 10
Die Zuwendung des Anteils an einer Personengesellschaft (vgl § 516 Rn 17) ist mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags vollzogen; die bloße Einbuchung genügt nicht (BGHZ 112, 40 zum KG-Anteil; Frankf NJW-RR 96, 1123 zur GbR). Die stille Gesellschaft soll dag...