Rn 147
Kommt der Vermieter seinen Erhaltungsverpflichtungen nicht nach und bleibt damit die Ausstattung der Mietsache hinter dem vereinbarten oder vorausgesetzten Zustand zurück, hat der Mieter zur Erhaltung des vertragsgemäßen Zustandes einen einklagbaren (NJW 15, 3087 Rz 66), nicht durch § 536b beschränkten (BGH ZMR 04, 807, 809; 97, 505) echten Erfüllungsanspruch (BGH ZMR 05, 844, 846; ZMR 04, 807, 808). Der Anspruch steht dem Mieter neben seinen Gewährleistungsrechten nach §§ 536 ff zu (BGH ZMR 03, 418; 97, 505). Ferner kann der Mieter Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen (§ 536a I; BGH NJW 15, 3087 Rz 66), in geeigneten Fällen den Mangel selbst beseitigen und – ggf mit Vorschuss, mit dem er gegen die Miete aufrechnen kann (BGH NJW 15, 3087 Rz 66) – Ersatz der Aufwendungen verlangen (§ 536a II; BGH NJW 15, 3087 Rz 66), kündigen (§ 543 II 1 Nr 1; BGH NJW 15, 3087 [BGH 17.06.2015 - VIII ZR 19/14] Rz 66: ggf in Kombination mit der Geltendmachung des Kündigungsfolgeschadens) und – bis zur Überlassung der Mietsache (Rn 133) – gem §§ 323, 326 V zurücktreten. Das Recht des Mieters, den Mangel selbst zu beseitigen und Aufwendungsersatz zu verlangen, setzt grds Verzug des Vermieters mit der Beseitigung des Mangels voraus, § 536a II Nr 1. Befindet sich der Vermieter von Wohnraum mit der Beseitigung eines Mangels im Verzug, so wirkt im Fall der Grundstücksübereignung die einmal eingetretene Verzugslage nach dem Eigentumsübergang in der Person des Erwerbers fort (BGH ZMR 05, 354). Tritt der Schaden in diesem Fall nach dem Eigentumsübergang ein, so richten sich die Ansprüche des Mieters nicht gegen den Grundstücksveräußerer, sondern gegen den Grundstückserwerber.
Rn 148
Schließlich kann der Mieter gem §§ 320, 556b II 1 Miete bis zur Beseitigung des Mangels zurückbehalten (BGH NJW 15, 3087 Rz 49; NZM 07, 484 Rz 24) – auch dann, wenn eine Minderung (§ 536) nicht mehr möglich wäre (BGH NZM 07, 484 Rz 28); etwas anderes gilt, wenn der Mieter den Mangel nicht angezeigt hatte und der Mangel dem Vermieter auch sonst nicht bekannt war (BGH NZM 11, 197 [BGH 03.11.2010 - VIII ZR 330/09] Rz 12). Die Frage, in welchem Umfang und für welchen Zeitraum dem Mieter, der die mit Mängeln behaftete Wohnung weiter nutzen kann und auch nutzt, ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht, entzieht sich einer allgemein gültigen Betrachtung (›Faustformeln‹ sind nicht möglich). Sie ist zunächst von den Mietvertragsparteien, im Prozess hingegen vom Tatrichter im Rahmen seines Beurteilungsermessens auf Grund einer Gesamtwürdigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§§ 320 II, 242) zu beantworten (BGH NJW 15, 3087 Rz 59; NJW-RR 07, 1021 [BGH 18.04.2007 - XII ZR 139/05] Rz 29); dabei kann der Rechtsgedanke des § 536b herangezogen werden (BGH NZM 07, 484 Rz 28; NJW 89, 3222 [BGH 05.07.1989 - VIII ZR 334/88]). Das Ermessen ist überschritten, wenn das Zurückbehaltungsrecht schematisch mit dem in zeitlicher Hinsicht praktisch unbegrenzten vierfachen Minderungsbetrag bemessen wird (BGH NJW 15, 3087 [BGH 17.06.2015 - VIII ZR 19/14] Rz 60).
Rn 149
Die Instandhaltungspflicht des Vermieters besteht nicht nur ggü dem Mieter, sie kann sich auch zu Gunsten Dritter iRd allg Verkehrspflichten (s Rn 49) auswirken. Kennt der Mieter bei Vertragsschluss Mietmängel, stehen ihm keine Rechte aus §§ 536 und 536a zu (§ 536b 1). Ist ihm der Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, so stehen ihm diese Rechte nur zu, wenn der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen hat (§ 536b 2). Nimmt der Mieter eine mangelhafte Sache an, obwohl er den Mangel kennt, so kann er die Rechte aus den §§ 536 und 536a nur geltend machen, wenn er sich seine Rechte bei der Annahme vorbehält (§ 536b 3); die Rechte aus § 535 bleiben aber bestehen (Köln MDR 93, 973 [BGH 30.06.1993 - XII ZR 161/91]; LG Berlin MM 94, 281). Für Pflichtverletzungen eines anderen Mieters, haftet der Vermieter nicht. Die Mieter untereinander sind keine Erfüllungsgehilfen der Pflichten des Vermieters (Köln GE 05, 362). Der Mieter kann seine Rechte verwirken (BGH ZMR 06, 107, 108; 03, 341, 342/343).