Rn 3
Ein (unbefristetes) Mietverhältnis kann von beiden Parteien gekündigt werden. Das Wort ›Kündigung‹ muss bei der Ausübung des Gestaltungsrechts nicht ausdrücklich verwendet werden (Lammel § 542 Rz 26). Zum vereinbarten Kündigungsverzicht s § 575 Rn 6.
1. Form der Kündigung.
Rn 4
Die Kündigung kann formlos erfolgen. § 568 sieht nur für die Wohnraummiete Schriftform vor. Eine konkludente Kündigung wurde zB vom LG Hamburg (ZMR 04, 38) angenommen, wenn der Vermieter erst selbst unwirksam gekündigt hatte und der Mieter später die Rückgabe der Mietsache avisierte. Ist im Mietvertrag die Kündigung durch eingeschriebenen Brief vereinbart (vgl Staud/Emmerich § 542 Rz 86; BAG MDR 08, 1344 [BAG 20.05.2008 - 9 AZR 382/07] zur unwirksamen doppelten Schriftformklausel), so ist hierin die wirksame Vereinbarung der Schriftform für die Kündigungserklärung zu sehen, sowie die separate Vereinbarung einer als besonders sicher angesehenen Übersendungsart. Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass bei Zugang der schriftlichen Kündigung per einfachen Brief die Kündigung als formunwirksam und nichtig anzusehen wäre, da die Versendungsart nicht ›besondere Wirksamkeitsvoraussetzung‹ sein sollte. Wegen § 309 Nr 13 kann die Kündigung nicht an eine strengere Form als die Schriftform oder an besondere Zugangserfordernisse gebunden werden (vgl Naumbg NZM 00, 90 [OLG Naumburg 15.04.1999 - 7 U 94/98]).
2. Inhalt der Kündigungserklärung.
Rn 5
Die Erklärung muss für den Erklärungsempfänger unzweifelhaft klarmachen, dass vom Erklärenden eine Beendigung des Mietverhältnisses gewollt ist. Die Angabe eines Beendigungs- oder Kündigungstermins ist sinnvoll, aber nicht zwingende Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Kündigung. Dann wird die Kündigung zum nächstzulässigen Termin wirksam (Frankf NJW-RR 90, 337 [OLG Frankfurt am Main 23.01.1990 - 5 U 61/89]).
Rn 6
Bei einer außerordentlichen Kündigung ist umstr, ob die Voraussetzungen für deren Wirksamkeit im Zeitpunkt der Abgabe der Kündigungserklärung oder im Zeitpunkt des Zugangs derselben vorliegen müssen (vgl Winkler ZMR 06, 420; LG Köln WuM 92, 123 einerseits, sowie Staud/Rolfs § 542 Rz 67 andererseits).
Rn 7
Im Wohnraummietrecht ist das berechtigte Interesse iSd § 573 III bei der ordentlichen Kündigung ebenso anzugeben wie der Kündigungsgrund bei der außerordentlichen fristlosen Kündigung (vgl § 569 IV).
Rn 8
Die Vertragskündigung unter einer echten Bedingung ist nichtig. Allerdings kann unter einer Potestativbedingung (Hambg ZMR 01, 26) durchaus gekündigt werden. Entspr gilt für sog Rechtsbedingungen. Typischerweise geschieht dies, wenn unklar ist, ob überhaupt ein wirksamer Mietvertrag vorliegt. Dann kann für den Fall der Wirksamkeit des Vertrages gekündigt werden. Ebenso kann primär fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt werden; dasselbe gilt für eine ordentliche Kündigung verbunden mit einer auf § 573a gestützten ›erleichterten Kündigung‹. In gleicher Weise kann mit einer Kündigung ein bedingtes Mieterhöhungsverlangen für den Fall der Unwirksamkeit der Kündigung verbunden werden (aA LG Hambg ZMR 05, 367 mit abl Anm Riecke sowie AG Hambg-Altona ZMR 08, 542; richtig LG Hambg ZMR 10, 363). Zur Kündigungssalve bzw inflationären Vermieterkündigungen vgl Fleindl ZMR 20, 1.
3. Ausübung des Kündigungsrechts.
a) Durch den/die Vertragspartner.
Rn 9
Nur den Parteien des Mietvertrages selbst steht die Befugnis zur Kündigung originär zu. Durch Dritte ist sie nur auszuüben, wenn eine entspr rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht oder Ausübungsermächtigung besteht.
Rn 10
Mit Übergang des Mietverhältnisses zB nach § 566 geht auch das unselbstständige Kündigungsrecht mit über. Die Kündigung muss bei Personenmehrheiten von allen Vermietern ggü allen Mietern und umgekehrt erklärt werden (AG Meißen ZMR 24, 43). Selbst wenn die Kündigungserklärung nach vorheriger Zustimmung nur durch einen Mitvermieter erfolgt, muss sich aus der Kündigungserklärung ergeben, dass diese Einwilligung bei Ausspruch der Kündigung bereits vorlag. Selbst dann kann der Kündigungsempfänger die Kündigung zurückweisen, wenn der Kündigende die Einwilligung nicht schriftlicher Form vorgelegt hat (vgl §§ 182 III, 111 2).
b) Die Kündigung durch Dritte, insbes Vertreter.
Rn 11
Bei juristischen Personen sowie rechtsfähigen Handelsgesellschaften kann die Kündigung durch die vertretungsberechtigten Organe ausgesprochen werden. Bei der Kündigung durch einen Bevollmächtigten ist zu beachten, dass die Vollmacht grds nicht formbedürftig ist und sich etwa aus der Prokura oder Generalvollmacht des Kündigenden ergeben kann. Wenn dem Empfänger die Bevollmächtigung nicht seitens des Vertretenen bekannt gemacht geworden ist, kann er die Kündigung wegen Fehlens der Vollmachtsurkunde im Original noch unverzüglich zurückweisen und damit die Unwirksamkeit der Kündigung herbeiführen (§ 174).
Rn 12
Wird die Kündigung durch einen Rechtsanwalt erklärt, dem eine umfassende Prozessvollmacht erteilt wurde, gilt er als zur Abgabe von Kündigungserklärungen ermächtigt, auch wenn diese Erklärung nicht in einem prozessualen Schriftsatz (dazu Brandbg v 1.7.09, 3 U 145/08, Juris), sondern außerhalb desselben erfolgte. Maßgeblich ist, dass...