Rn 25
Frühere ›berechtigte Interessen‹, wie Art, Dauer (Heilungschancen) und Schwere der Behinderung, Umfang und Erforderlichkeit der Maßnahme, Dauer der Bauzeit und Möglichkeiten des Rückbaus werden beim Wohnraummieter wohl weiter als Abwägungskriterien angesehen (LG Duisburg ZMR 00, 463) sowie die restliche/voraussichtliche Dauer des Mietverhältnisses, Entwicklung des Gesundheitszustands des Mieters oder seines Haushaltsangehörigen sowie bisherige Dauer des Mietverhältnisses und dadurch bereits aufgebaute Bindungen an die Umgebung. Das Umbauinteresse ist jetzt sogar generell relevant. Die Erlaubnis darf nicht verweigert werden, weil an der baulichen Veränderung kein anerkennenswertes Interesse bestehe.
Rn 26
Bei der Bewertung des mieterseitigen Veränderungsinteresses hat das (frühere) ›berechtigte‹ Interesse eines gehbehinderten Mieters hinsichtlich eines Aufzugs höheres Gewicht als etwa das Interesse an Maßnahmen zum besseren Einbruchsschutz.
Rn 27
Im Zusammenhang mit der Errichtung von Ladeinfrastruktur sollen auch die Belange des Klima- und Umweltschutzes in die Abwägung einfließen (Reduzierung von Treibhausgasen, Schadstoffen, Lärmbelästigung). Aus dem Gesetzeswortlaut lässt sich dies nicht andeutungsweise entnehmen. Deshalb sollte die Abwägung nur zwischen den Interessen der beiden Mietvertragsparteien erfolgen.
Rn 28
Weil durch eine Ausstattung mit Ladeinfrastruktur eine Mietermodernisierung erfolgt, kann dies auf seiner Seite ein Abwägungskriterium sein, wenn Mitmieter davon profitieren.
Rn 29
Die behindertengerechte Ausgestaltung der Räumlichkeiten fällt nicht hierunter. Hier müssen die grundgesetzlich geschützten Interessen des Vermieters am Status quo und das Interesses des Mieters an einer behindertengerechten Nutzung gegeneinander abgewogen werden.
Rn 30
Bezieht sich das Veränderungsinteresse des Mieters nur auf die Optimierung des Ist-Zustands, so ist dieses Begehren erheblich niedriger einzustufen, als wenn eine solche Anlage/Maßnahme noch gänzlich fehlt.
Rn 31
Alternativ können sich die Parteien dahin verständigen, dass der Vermieter die mieterseits erstrebte bauliche Veränderung durchführt und über die Kosten eine Modernisierungsvereinbarung treffen. Der Vermieter kann nämlich seine Kosten der ›Ersatzvornahme‹ nicht analog § 670 vollständig und ohne Modernisierungsmieterhöhung dem Mieter belasten. Dies lässt sich schon nicht damit vereinbaren, dass der Vermieter, der seine Erlaubnis mit Auflagen versieht, keinen Anspruch auf Umsetzung durch den Mieter hat. Eine Berücksichtigung der Interessen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bereits iRd Interessenabwägungen wird allg als unzulässig angesehen, da § 554 die Abwägung ausdrücklich nur auf die Berücksichtigung von Interessen anderer Mieter bezieht.
Rn 32
Bei vermietetem Wohnungseigentum darf der Mieter auch eine ihm vom Vermieter erlaubte privilegierte bauliche Veränderung erst durchführen, nachdem die Wohnungseigentümer nach § 20 II 2 WEG nF positiv hierzu Beschluss gefasst haben.
Rn 33
Auch ein bestandskräftiger ›Zitterbeschluss‹ reicht hier aus (Abramenko ZMR 09, 97; aA Armbrüster ZMR 09, 252). Insb steht die Entscheidung des BGH ZMR 00, 771 nicht entgegen. Sind alle Tatbestandsvoraussetzungen einschl einer zugunsten des Mieters ausgegangenen Interessenabwägung für die Zustimmung zur Herstellung, zB der Barrierefreiheit, gegeben, kann sich der vermietende Wohnungseigentümer nicht erfolgreich darauf berufen, dass es ihm unmöglich sei, die Zustimmung zu erteilen.
Rn 34
Der Vermieter sollte ggf nicht unter Verweis auf die WEG-Problematik die Erlaubnis zurückhalten, sondern ›vorbehaltlich eines positiven Eigentümerbeschlusses‹ erteilen. Selbst ein bestandskräftiger Beschluss bringt keine endgültige Sicherheit, da zumindest vor Auftragserteilung ein Zweitbeschluss möglich und nicht evident ordnungswidrig wäre.
Rn 35
Nur bei einer vom Vermieter bereits unbedingt und vorbehaltslos erlaubten baulichen Veränderung, die letztlich aber am Widerstand der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer scheitert, würde dies nach § 536 zur Minderung pp führen können. Bei bloß bedingter Zustimmung des Vermieters ist der Mieter noch nicht berechtigt, in das gemeinschaftliche Eigentum einzugreifen; er muss den Genehmigungsbeschluss abwarten.
Rn 36
Da gem § 20 II 2 iVm § 21 WEG nF bei sogar 4 baulichen Maßnahmen ein Anspruch des vermietenden Wohnungseigentümers auf Gestattung/Vornahme solcher baulichen Veränderungen besteht, muss er diesen auch im Interesse seines Mieters ggü seinen Miteigentümern durchsetzen.
Rn 37
Der Beschluss zur Ausführung der privilegierten baulichen Veränderung durch die Gemeinschaft führt üblicherweise zur Kostentragungspflicht des vermietenden Wohnungseigentümers. Dieses Ergebnis kann dem Anspruch des Mieters auf Selbstvornahme entgegengehalten werden. Auch hier kann der Vermieter wohl auf einer Kosten-Vereinbarung nach § 555f Nr 3 bestehen.