1. Begriff.
Rn 20
Eine nicht zu rechtfertigende Härte liegt vor, wenn dem Mieter nach Abzug der Miete einschließlich Nebenkosten (LG Berlin WuM 10, 88) kein Betrag zur Verfügung steht, der ausreicht, damit er an seinem bisherigen Lebenszuschnitt im Wesentlichen festhalten kann (KG GE 07, 907; LG Berlin NJW 21, 3473 Rz 10; IMR 14, 104; WuM 10, 88 [LG Berlin 19.01.2010 - 65 S 285/09]), vor allem wenn ein Wohnungsverlust droht (LG Berlin NJW 21, 3473 [LG Berlin 29.09.2021 - 64 S 111/20] Rz 12). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Gesamtmiete durch die Modernisierungsmaßnahme ggf sinkt, va durch eine Maßnahme nach § 555b Nr 1 oder Nr 3 in Bezug auf die Betriebskosten.
2. Öffentliche Hilfen/Untervermietung/Verringerung der Leistungsfähigkeit.
Rn 20a
Dem Mieter obliegt es nicht, Teile seiner Wohnung unterzuvermieten, er ist aber gehalten, öffentliche Hilfen in Anspruch zu nehmen (KG GE 07, 907; ZMR 82, 318 [KG Berlin 28.05.1981 - 8 W RE-Miet 4712/81]; s.a. LG Berlin NJW 21, 3473 Rz 10). Bsp: Verdopplung der Miete ist mit Blick auf § 22 SGB II ggf keine Härte (KG GE 07, 907). Hat der Mieter nach Zahlung der erhöhten Miete trotz Inanspruchnahme von Sozialleistungen lediglich noch ein Existenzminimum oder käme es zu einem Kostensenkungsverfahren, deutet dies aber auf eine Härte hin (s.a. LG Berlin NJW 21, 3473 Rz 10; IMR 16, 317; NZM 99, 705). Nach hM ist zulasten des Mieters zu berücksichtigen, wenn er – gemessen an seinen wirtschaftlichen Verhältnissen und seinen Bedürfnissen – eine ›viel zu große Wohnung‹ angemietet hat und dadurch seine Leistungsfähigkeit geringer ist (BGH NJW 20, 835 Rz 25; LG Berlin NJW 21, 3473 [LG Berlin 29.09.2021 - 64 S 111/20] Rz 16). Insoweit soll es darauf ankommen, ob die Wohnung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls für die Mieterbedürfnisse ›deutlich zu groß‹ ist (BGH NJW 20, 835 Rz 28). Nach Ansicht des BGH sollen bei dieser Ermittlung die ›Verwurzelung des Mieters in der Wohnung‹ und seine ›gesundheitliche Verfassung‹ sowie ›weitere im Einzelfall gegebene Gesichtspunkte‹ eine Rolle spielen können (BGH NJW 20, 835 [BGH 09.10.2019 - VIII ZR 21/19] Rz 28). Stellungnahme. Diese Aspekte sind unerheblich. § 559 IV 1 will sie nicht schützen und ist dafür auch nicht geeignet. Richtig ist hingegen, zu berücksichtigen, dass der Mieter seine Leistungsfähigkeit ggf verringert hat.
3. Eigentliche Ermittlung.
Rn 21
Absolute Beträge oder Prozentsätze scheiden – wie bei § 555c IV (§ 555c Rn 24) – für eine Beurteilung der Leistungsfähigkeit als grds ungeeignet aus, da sie zum konkreten Fall nichts aussagen (BGH NZM 14, 193 Rz 3; KG NJW 81, 2307, 2308; LG Berlin ZMR 22, 302; aA LG Berlin IMR 14, 104: 22,8 %; GE 02, 930: 20–30 %; NJW-RR 92, 144: 30 %; LG Hamburg WuM 89, 174 [LG Hamburg 06.12.1988 - 16 S 181/88]: 36 % LG Frankfurt/M WuM 86, 312 [LG Frankfurt am Main 26.02.1985 - 2/11 S 383/84]: 30 %). Das Maß, das eine Härte bildet, muss stets individuell anhand der konkreten Relation zwischen Einkommen und Vermögen einerseits und künftiger Miethöhe andererseits ermittelt werden (LG Berlin ZMR 22, 302).
Rn 22
Dazu sind die konkreten Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Mieters und seine individuellen, objektiv vertretbaren und allgemein anerkannten Bedürfnisse zu ermitteln. Einkommen sind die Einkünfte in Geld oder Geldeswert, Vermögen sind das Bar- und Sachvermögen. Für die Ermittlung des Arbeitseinkommens bietet es sich an, § 850 ZPO entsprechend anzuwenden. Für die Frage, wie dieses einzusetzen ist, bietet es sich an, § 115 I 3 Nr 1, 2 und 4 ZPO entsprechend anzuwenden. Zu berücksichtigen sind ferner ua Alter, Behinderung, Familienverhältnisse, Krankheit, Mobilität und personenbedingte Belastungen. Welcher Zeitpunkt für die Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Mieters maßgeblich ist, ist sehr str (Überblick bei Börstinghaus NZM 14, 689). Entscheidend sind wohl die Vermögensverhältnisse zum Zeitpunkt der Ankündigung nach § 555c (Börstinghaus NZM 14, 689, 693; Lehmann-Richter WuM 13, 511).