1. Allgemeines.
Rn 18
§ 569 III Nr 2 fingiert, dass die durch die wirksam erklärte fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs (§ 543 II 1 Nr 3) bewirkte Beendigung des Mietverhältnisses rückwirkend ›als nicht eingetreten‹ gilt (BGH NJW 18, 3517 [BGH 19.09.2018 - VIII ZR 231/17] Rz 24), wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten (Schonfrist) nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs (§ 261 I ZPO) hinsichtlich sämtlicher (BGH ZMR 18, 17 Rz 21; NJW 15, 1749 Rz 5; LG Berlin ZMR 22, 711) fälliger (dazu § 556b Rn 6 ff) Mietansprüche und einer ggf fälligen Entschädigung nach § 546a I (aA Häublein AnwZert MietR 22/17) durch Leistung iSv § 362 oder Leistungssurrogate (zB Aufrechnung gem §§ 387, 389, LG Aachen WuM 89, 294 [LG Aachen 29.03.1989 - 7 S 25/89] oder Hinterlegung gem § 372) befriedigt wird (es kommt hier im Gegensatz zu § 556b I bei Unternehmern, aber auch bei Verbrauchern auf den Leistungserfolg an; s.a. EuGH NJW 08, 1935, Ddorf IMR 10, 270; LG Freiburg IMR 15, 224; aA LG Oldenburg WuM 96, 471 [LG Oldenburg 06.07.1995 - 2 T 660/95]; LG Stuttgart WuM 95, 470; offen BGH NJW 10, 2879 [BGH 13.07.2010 - VIII ZR 129/09] Rz 36) oder sich eine öffentliche Stelle (Rn 21) innerhalb der Schonfrist bedingungslos (BayObLG NJW 95, 338, 339 [BayObLG 07.09.1994 - RE-Miet 1/94]) ggü dem Vermieter oder seinem Prozessbevollmächtigten (LG Hamburg WuM 96, 340) zur Befriedigung verpflichtet (Schuldmitübernahme); ist der verbleibende Rückstand gering, soll nach § 242 anderes gelten können (BGH NJW 15, 1749 Rz 5). Bezugsgröße ist die vertraglich vereinbarte, nicht geminderte Gesamtmiete (BGH ZMR 18, 17 Rz 19; NJW 12, 2882 Rz 16). Zahlt ein Dritter (§ 267 I), muss dieser seine Erfüllungsabsicht durch eine entsprechende Tilgungsbestimmung zum Ausdruck bringen (LG Itzehoe ZMR 16, 35). Die Entschädigung nach § 546a I richtet sich nach der Höhe der zuletzt geschuldeten oder der ortüblichen Vergleichsmiete. Legt der Vermieter die Vergleichsmiete zu Grunde, muss er dies dem Mieter nach § 242 mitteilen, um die Schonfristzahlung nicht zu vereiteln. Bei mehreren Mietern beginnt die Schonfrist mit der Klagezustellung beim letzten Mieter (AG Hamburg WuM 85, 263). Die Berechnung der Zweimonatsfrist richtet sich nach § 188 II, wobei der erste Tag (Zustellung der Klage) nach § 187 I nicht mitgerechnet wird. Wird im Prozess gekündigt, rechnet die Schonfrist ab Zustellung des entspr Schriftsatzes.
Rn 19
Der Vermieter muss alle bis zum Zeitpunkt der Zahlung aufgelaufenen Mietrückstände erhalten (BGH NZM 16, 791 [BGH 13.07.2016 - VIII ZR 296/15] Rz 23; NJW-RR 05, 217 unter II. 3), auch solche, auf die die Kündigung nicht gestützt war (LG Köln ZMR 02, 428), nicht aber andere Ansprüche, zB Betriebskostennachzahlungen, Kautionsraten oder Schadensersatz, und auch nicht verjährte oder verwirkte Ansprüche; ggf muss der Mieter eine Tilgungszweckbestimmung iSv § 366 treffen. Trifft der Mieter eine von § 367 I abweichende Bestimmung, kann der Vermieter gem § 367 II die Leistung mit der Folge ablehnen, dass die Schonfristzahlung ins Leere geht. Eine Heilung ohne Erfüllung sieht das Gesetz nicht vor. Sie folgt auch nicht aus §§ 162, 242 (Rave GE 07, 628, 631 mit Nachweisen zur Gegenansicht). Als Befriedigung ist auch eine Zahlung ›unter Vorbehalt‹ anzusehen, wenn der Mieter nur § 814 ausschließen will (BGH MDR 99, 86 [BGH 06.10.1998 - XI ZR 36/98]; Saarbr OLGR 03, 433). Leistet ein Schuldner unter Vorbehalt, kann ein solcher Vorbehalt allerdings eine unterschiedliche Bedeutung haben: Im Allgemeinen will der Schuldner lediglich dem Verständnis seiner Leistung als Anerkenntnis entgegentreten und die Wirkung des § 814 ausschließen, sich also die Möglichkeit offenhalten, das Geleistete gem § 812 zurückzufordern; ein Vorbehalt dieser Art stellt die Ordnungsmäßigkeit der Erfüllung nicht in Frage. Anders ist es, wenn der Schuldner in der Weise unter Vorbehalt leistet, dass den Leistungsempfänger für einen späteren Rückforderungsstreit die Beweislast für das Bestehen des Anspruchs treffen soll. Bei einem Vorbehalt dieser Art liegt keine Erfüllung iSv § 362 vor (dazu § 362 Rn 14 und AG Blankenese ZMR 07, 199). Eine weitere außerordentliche Kündigung während des Laufs der Schonfrist geht ins Leere. Wird der Vermieter nach seiner Kündigung, aber bereits vor Klageerhebung befriedigt, gilt § 569 III 2 entspr (KG ZMR 85, 52; AG Dortmund WuM 03, 273 [AG Dortmund 31.03.2003 - 125 C 11799/02]; s Rn 22).
Rn 20
Ist die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs innerhalb der Schonfrist durch Zahlung der rückständigen Miete unwirksam geworden, lebt sie nicht dadurch wieder auf, dass der Mieter innerhalb dieser Frist erneut in Zahlungsverzug gerät und der Vermieter deswegen erneut kündigt. Ist der Kündigung vor nicht länger als zwei Jahren bereits eine durch Zahlung in der Schonfrist unwirksam gewordene Kündigung vorausgegangen, greift § 569 III Nr 2 nicht. Dieser Ausschluss gilt auch dann, wenn die nachträgliche Befriedigung des Vermieters vor Beginn der Schonfrist ...