I. Allgemeines.
Rn 17
Eigenbedarf (BGH ZMR 06, 702 u ZMR 19, 668) ist das zahlenmäßig am meisten geltend gemachte berechtigte Interesse des Vermieters, der nicht zwingend Eigentümer sein muss, LG Hambg ZMR 11, 789. Rechtsstreite werden häufig wegen Schadensersatzes geführt (AG Grünstadt ZMR 13, 722; Börstinghaus NZM 05, 775). Eigenbedarf – zum Reformbedarf Hinz NZM 23, 185 – bedeutet, dass der Vermieter alle – grds keine Teilkündigung (vgl aber Karlsr WuM 97, 202) möglich – Räume für sich, die zu seinem Haushalt gehörenden Personen oder seine Familienangehörigen benötigt. Nicht genügend ist der bloße Wunsch, im eigenen Haus zu wohnen. Es genügt ein vernünftiges, nachvollziehbares und billigenswertes Erlangungsinteresse (Bedarfslage und Wille zur Selbstnutzung, BGH ZMR 16, 22: Eigennutzungswunsch rechtfertigt die Kündigung nur dann, wenn er vom Vermieter auch ernsthaft verfolgt wird und bereits hinreichend bestimmt und konkretisiert ist; noch ungenügend ist eine nur vage oder für einen späteren Zeitpunkt verfolgte Nutzungsabsicht; LG München I ZMR 23, 642; LG Gießen WuM 89, 384; LG Hambg ZMR 13, 635; LG Oldenburg ZMR 15, 857). Auch wenn der Vermieter die Wohnung ausschließlich für seine berufliche Tätigkeit nutzen will, ist das hierdurch begründete Interesse gemäß § 573 I 1 an der Beendigung des Mietverhältnisses den in § 573 II aufgeführten Kündigungsgründen gleichwertig (BGH ZMR 13, 107), falls nicht eine ZweckentfremdungsVO dem entgegensteht. Eine Interessenabwägung zwischen den Vermieter- und Mieterinteressen gibt es nicht (arg e § 574, BVerfG ZMR 89, 408 = NJW 89, 3007 [BVerfG 14.09.1989 - 1 BvR 674/89], BGH ZMR 88, 130 = NJW 88, 904 [BGH 20.01.1988 - VIII ARZ 4/87]). Bei einem einheitlichen Mischmietverhältnis mit dem Schwerpunkt auf der Wohnnutzung braucht sich der vom Vermieter geltend gemachte Eigenbedarf nur auf die Wohnräume zu beziehen (BGH ZMR 15, 847). Zum Sonderfall eines DDR-Formularmietvertrags mit einer Kündigungsbeschränkung vgl LG Berlin ZMR 23, 271. Zur gesetzesverstärkenden Bestandsschutzklausel im Mietvertrag vgl LG Berlin ZMR 23, 705.
II. Privilegierter Personenkreis.
Rn 18
Eigenbedarf (BerlVerfGH ZMR 14, 861) kann der Vermieter für sich geltend machen, wenn er die Räume selbst beziehen oder teilweise als Büro nutzen will (LG Berlin WuM 89, 300). Eigenbedarf wird verneint, wenn die gekündigte Wohnung überwiegend zu geschäftlichen und nur gelegentlich zu Wohnzwecken genutzt werden soll (AG Osnabrück WuM 89, 300). Bei einer Vermietermehrheit genügt es, wenn der Eigenbedarf nur für einen von ihnen besteht (LG Karlsruhe WuM 82, 210; zum Untervermieter vgl LG Lüneburg DWW 99, 296). Zur GbR vgl BGH ZMR 17, 380, ZMR 17, 229; LG München I ZMR 16, 39, BGH ZMR 07, 772, ZMR 10, 99; sowie Jacoby ZMR 01, 409, Weitemeyer ZMR 04, 153 und Herrlein und Schürnbrand, 10 Jahre MietRRefG S 752 und 792. Juristische Personen und auch eine KG (BGH ZMR 07, 767 sowie BGH NZM 07, 639) können Eigenbedarf nicht geltend machen, möglicherweise aber Betriebsbedarf, zB für einen Geschäftsführer (LG Berlin GE 99, 506). Zur Genossenschaft vgl Roth, 10 Jahre MietRRefG S 782.
Rn 19
Ebenfalls privilegiert sind Familienangehörige und Haushaltsangehörige des Vermieters. Unter letztere fallen Personen, die auf Dauer dem Haushalt des Vermieters angehören, zB Lebenspartner des Vermieters, Pflegekinder oder Kinder des Lebenspartners. Sie müssen, wenn Eigenbedarf geltend gemacht wird, bereits im Haushalt des Vermieters leben. Zu Familienangehörigen zählen Ehegatten (Falschbezeichnung ist unschädlich AG Mannheim Mietrecht kompakt 18, 112), Kinder (LG Bonn ZMR 10, 601, LG Stuttgart WuM 89, 249; LG Berlin GE 92, 101), Enkel (AG Köln WuM 89, 250), die Eltern, Großeltern, Geschwister und Bruder des Vermieters (BayObLG WuM 84, 14) sowie Nichten und Neffen (BGH NJW 10, 1290 [BGH 27.01.2010 - VIII ZR 159/09]).
Rn 20
Bei weiter entfernten Verwandten oder Verschwägerten des Vermieters muss eine besondere Verantwortung für den Wohnbedarf dieser Personen aus sozialem Kontakt bestehen (Sternel IV 139), zB Schwiegermutter (LG Köln WuM 94, 541); Stiefkind (LG Hamburg WuM 97, 177); Cousine (Braunschw WuM 93, 731); Schwager (BGH ZMR 09, 518).
III. Benötigen.
Rn 21
Für das Merkmal des Benötigens reicht ein Wohnraumbedarf, ohne dass es auf die unzureichende Unterbringung der betreffenden Person ankommt (vgl BGH ZMR 88, 130 = WuM 88, 47 [BGH 20.01.1988 - VIII ARZ 4/87]; Hambg WuM 86, 51 [OLG Hamburg 10.12.1985 - 4 U 88/85]), es genügen für die Eigennutzungsabsicht des Vermieters vernünftige Gründe. Entgegenstehende Interessen des Mieters sind erst nach § 574 zu berücksichtigen (BVerfG NJW 89, 970 [BVerfG 14.02.1989 - 1 BvR 308/88]).
Rn 22
Die subjektive Vermieterentscheidung über seinen Wohnbedarf (vgl BGH ZMR 15, 923: Der vom Vermieter geltend gemachte Wohnbedarf ist nicht auf Angemessenheit, sondern nur auf Rechtsmissbrauch zu überprüfen. Rechtsmissbräuchlich ist nicht schon der überhöhte, sondern erst der weit erhöhte Wohnbedarf; LG Hamburg ZMR 06, 285) ist grds zu achten (BVerfG NZM 99, 660), dh ist durch die Geric...