Rn 41
Ist ein schlechter Bauzustand eines Gebäudes durch vertragswidriges Vermieterverhalten verursacht, scheidet eine Kündigung aus (LG Frankfurt/M WuM 95, 441), entspr gilt für Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen (LG Köln WuM 89, 255). Fällt die Wohnung durch die Baumaßnahme weg, ist ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses denkbar (LG Hamburg WuM 89, 393). Den Vermieter trifft eine Offenlegungsverpflichtung seiner wirtschaftlichen Kalkulation, die bereits im Kündigungsschreiben zu erfüllen ist (LG Arnsberg WuM 92, 21 [LG Arnsberg 03.09.1991 - 5 S 120/91]).
Rn 42
Der Abbruch eines Hauses kann die Kündigung nur begründen, wenn das Haus unrentabel ist und nur der Abriss des Wohngebäudes ggü einer Sanierung bei Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses wirtschaftlich dem Vermieter zumutbar ist (LG Berlin WuM 89, 254; BGH ZMR 11, 458; LG Köln ZMR 18, 674; aA BGH MDR 21, 286). Eine Vergleichsberechnung muss dies darlegen (LG Wiesbaden WuM 97, 496). Baupolizeiliche Abbruchgenehmigung (LG Berlin ZMR 91, 346), und ggf erforderliche Zweckentfremdungsgenehmigung müssen vorliegen (LG München II WuM 97, 115), nicht aber die Genehmigung für die Errichtung eines Neubaus (BayObLG ZMR 93, 560). Eine schon öffentlich-rechtlich nicht erlaubte Verwertung ist nie angemessen (LG Berlin v 8.5.18 – 63 S 139/17; AG Düsseldorf WuM 91, 168 [AG Düsseldorf 21.04.1989 - 44 C 764/88]). Nach BVerfG (WuM 89, 118 [BVerfG 14.02.1989 - 1 BvR 1131/87]) verbietet Art 14 GG, beim beabsichtigten Verkauf eines Grundstücks eine Kündigung erst dann durchgreifen zu lassen, wenn der Eigentümer andernfalls in Existenznot gerät. Der Kündigungsschutz durch § 573 II Nr 3 darf sich nicht als faktisches Verkaufshindernis darstellen (BVerfG ZMR 92, 17). Der Erwerb in vermietetem Zustand steht als solcher nicht entgegen (Kobl ZMR 89, 216 = WuM 89, 164 [OLG Koblenz 01.03.1989 - 4 W RE 695/88]).
Rn 43
Ein erheblicher (BGH NZM 17, 756) Nachteil beim Vermieter selbst ist nötig und kann darin bestehen, dass er aus dem Verkaufserlös in vermietetem Zustand sonstige Verbindlichkeiten nicht ablösen könnte oder dass er erhebliche laufende Verbindlichkeiten nicht zum Wegfall bringen könnte (LG Wiesbaden ZMR 07, 701, LG Freiburg WuM 91, 183). Rechtsmissbräuchlich ist die Kündigung aber, wenn die als Verkaufsgrund dienenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten bereits bei Vertragsabschluss vorgelegen haben (LG Mannheim ZMR 95, 316).
Rn 44
Bei behauptetem zu erwartendem Mindererlös muss der Vermieter detailliert vortragen (BGH WuM 11, 426 [BGH 08.06.2011 - VIII ZR 226/09]; AG Hamburg-Blankenese MietRB 18, 293) und zB Kaufangebote von Interessenten nachweisen, die über das Grundstück in weiterhin vermietetem und in unvermietetem Zustand abgegeben worden sind (LG Hannover WuM 91, 189). Ein einmaliger Misserfolg der Verkaufsbemühungen in Form eines Zeitungsinserats lässt nicht den Schluss auf eine Unverkäuflichkeit des vermieteten Hauses zu (LG Frankfurt/M WuM 91, 182 [LG Frankfurt am Main 27.02.1990 - 2/11 S 439/89]). Gewisse Preisabschläge hat der Vermieter beim Verkauf hinzunehmen (BVerfG NJW 89, 972 = WuM 89, 118; wohl ca 20 % hinnehmbar; nicht aber 40 % LG München I ZMR 13, 120). Vergleichsgröße ist der Marktpreis vermieteter Wohnungen, wenn der Vermieter die Wohnung vermietet erworben hat (LG Berlin WuM 95, 111). Zum durch Gläubigerbenachteiligung erlangten Mietbesitz vgl BGH MDR 08, 558 [BGH 16.01.2008 - VIII ZR 254/06].
Rn 45
Wenn der beim Verkauf der vermieteten Wohnung erzielte Preis über dem Wert im Zeitpunkt ihres Erwerbs bzw dem tatsächlich gezahlten Erwerbspreises (LG Berlin GE 10, 1420) liegt, ist (BVerfG ZMR 92, 50 = WuM 91, 663) eine angemessene wirtschaftliche Verwertung immer noch gegeben, ein Verstoß gegen Art 14 GG liegt nicht vor (LG Gießen WuM 94, 688). Zum Verkauf vgl LG Hamburg ZMR 91, 241 und Emmerich NZM 99, 638. Eine Kündigung ist nicht nur möglich, wenn der Vermieter zwingend (im entmieteten Zustand) verkaufen muss. Berücksichtigt wird, inwieweit der Kaufpreis für das Gebäude fremdfinanziert wurde und der mögliche Verkaufserlös zur Tilgung verwendet werden muss und ob das Mietobjekt seinerzeit wegen der Mietverhältnisse günstig erworben wurde. Bei ausschließlich oder vornehmlich auf Gewinnerzielung und -optimierung beruhenden Verwertungsinteressen wurde das Kündigungsrecht versagt (LG Berlin WuM 14, 678).