Rn 91
Schwerbehinderten Menschen und ihnen nach § 151 II SGB IX Gleichgestellten (BAG NJW 14, 3533 [BAG 10.04.2014 - 2 AZR 647/13]) kann nur nach Zustimmung des Integrationsamtes gekündigt werden, § 168 SGB IX (Lingemann Kündigungsschutz, 175 ff). Die Zustimmung kann bei gleichbleibendem Sachverhalt mehrere Kündigungen abdecken (BAG NZA-RR 11, 516) und ist bis zur rechtskräftigen Aufhebung wirksam (BAG NZA 13, 1373 [BAG 23.05.2013 - 2 AZR 991/11]). Der Antrag auf Anerkennung muss bei bestehender Behinderung spätestens 3 Wochen vor Kündigungszugang gestellt worden sein (BAG NZA 15, 358 [BAG 31.07.2014 - 2 AZR 434/13]); bei Unkenntnis des ArbG muss der ArbN spätestens 3 Wochen nach Kündigungszugang seine Schwerbehinderung einwenden (BAG NZA 17, 304 [BAG 22.09.2016 - 2 AZR 700/15]) oder innerhalb der Frist des § 4 1 KSchG gerichtlich geltend machen (BAG MDR 10, 1471 [BAG 23.02.2010 - 2 AZR 659/08]). Bei außerordentlicher Kündigung gelten für die Antragstellung die Fristen des § 174 II SGB IX, für den Kündigungsausspruch § 174 V SGB IX (BAG NZA 20, 717 [BAG 27.02.2020 - 2 AZR 390/19]); Mindestkündigungsfrist bei ordentlicher Kündigung ist 4 Wochen (§ 169 SGB IX). Vorherige Anhörung der Schwerbehindertenvertretung ist erforderlich (§ 178 II 3 SGB IX; vergleichbar Betriebsratsanhörung: BAG NJW 19, 1016; NZA 19, 305 [BAG 13.12.2018 - 2 AZR 378/18]). Ein betriebliches Eingliederungsmanagement (§ 167 II SGB IX) ist keine formale Kündigungsvoraussetzung, sein Fehlen führt aber zur Unwirksamkeit, wenn das Verfahren Schwierigkeiten hätte ausräumen können (BAG 15.12.22 – 2 AZR 162/22, NZA 23, 500). Nach sechsmonatigem Bestand des Arbeitsverhältnisses ist Frage des ArbG nach Schwerbehinderung zulässig (BAG NJW 12, 2058 [BAG 16.02.2012 - 6 AZR 553/10]).
Rn 92
Werdende Mütter (bei In-vitro-Fertilisation ab Einsetzen der Eizelle (BAG NZA 15, 734, Anm Lingemann, ArbR 15, 222 [BAG 26.03.2015 - 2 AZR 237/14]) haben Sonderkündigungsschutz nach § 9 I MuSchG, Kündigung bedarf Schriftform und schriftlicher Begründung, § 9 III 2 MuSchG (zum Verfahren BAG NZA 03, 1329 [BAG 17.06.2003 - 2 AZR 245/02]).
Rn 93
Auch während formgerecht beantragter (BAG DB 08, 2368) Elternzeit besteht Sonderkündigungsschutz, § 18 BEEG; Kündigungen sind nur mit behördlicher Zustimmung wirksam, § 18 I 4–6 BEEG.
Rn 94
Pflegezeitberechtigte haben in Unternehmen mit mehr als 15 Beschäftigten einmal (BAG NZA 12, 323 [BAG 15.11.2011 - 9 AZR 348/10]) Anspruch auf Pflegezeit, §§ 2, 3 PflegeZG; von der Ankündigung der Pflegezeit bis zu ihrem Ende sind Arbeitgeberkündigungen nur mit behördlicher Zustimmung wirksam, § 5 PflegeZG. Sonderkündigungsschutz auch nach § 9 III FPfZG für Familienpflegezeit und Nachpflegephase.
Rn 95
Auszubildenden kann nach Ablauf der Probezeit nur aus wichtigem Grund gekündigt werden, § 22 II Nr 1 BBiG, Kündigung und Kündigungsgründe müssen schriftlich mitgeteilt werden, § 22 III BBiG.
Rn 96
Betriebsratsmitgliedern sowie Mitgliedern der Jugend- und Auszubildendenvertretung, Bordvertretung oder des Seebetriebsrats kann nur mit (ggf gerichtlich ersetzter, Rn 49) Zustimmung des Betriebsrats (§ 103 BetrVG) aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt (auch änderungsgekündigt, BAG NZA 05, 156 [BAG 07.10.2004 - 2 AZR 81/04]) werden, § 15 I 1 KSchG. Die Privilegierung gilt für ein Jahr (bzw sechs Monate bei einem Bordvertretungsmitglied) nach Beendigung der Amtszeit fort, § 15 I 2 KSchG. Für Wahlvorstandsmitglieder und für Wahlbewerber (nicht: Bewerber für den Wahlvorstand, BAG NZA 15, 245 [BAG 31.07.2014 - 2 AZR 505/13]) s § 15 III KSchG, für Wahlinitiatoren s § 15 IIIa KSchG. Wird ein Betrieb oder eine Betriebsabteilung stillgelegt, ist eine ordentliche Kündigung zulässig (§ 15 IV, V KSchG; BAG NZA 10, 1288 [BAG 23.02.2010 - 2 AZR 656/08]); dann genügt Anhörung des Betriebsrates (§ 102 BetrVG), Zustimmung (§ 103 BetrVG) ist nicht erforderlich (BAG DB 01, 1729).