Gesetzestext
1Bei der Beendigung eines dauernden Dienstverhältnisses kann der Verpflichtete von dem anderen Teil ein schriftliches Zeugnis über das Dienstverhältnis und dessen Dauer fordern. 2Das Zeugnis ist auf Verlangen auf die Leistungen und die Führung im Dienst zu erstrecken. 3Die Erteilung der Zeugnisse in elektronischer Form ist ausgeschlossen. 4Wenn der Verpflichtete ein Arbeitnehmer ist, findet § 109 der Gewerbeordnung Anwendung.
Rn 1
Die Vorschrift gibt dem Dienstverpflichteten im Falle der Beendigung eines dauernden (§ 627 Rn 1) Dienstverhältnisses (zum Arbeitsverhältnis: 4) einen Anspruch auf ein Zeugnis, bzw vor Beendigung auf Zwischenzeugnis. Anspruchsberechtigt sind auch Organmitglieder juristischer Personen, sofern an der Gesellschaft nicht maßgeblich beteiligt (BGH NJW 68, 396), arbeitnehmerähnliche Personen (§ 5 I 2 ArbGG), Heimarbeiter, Einfirmenhandelsvertreter (§ 92a HGB), kleine Handelsvertreter (§ 84 II HGB), nicht: Dienstleister, die freiberuflich und weisungsfrei tätig sind (ErfK/Müller-Glöge § 630 Rz 2).
Rn 2
Zu Einzelheiten BLDH/Lingemann Kap 24 Rz 1 ff. Form: Schriftform (1, § 126), nicht: elektronische Form (3, § 126a); Unterschrift von ranghöherem Vorgesetzten (BAG NZA 06, 436 [BAG 04.10.2005 - 9 AZR 507/04]); Tabellenform reicht nicht aus (BAG NZA 21, 1327 [BAG 27.04.2021 - 9 AZR 262/20]). Art: Verpflichteter hat einfaches (1) und nur auf Verlangen qualifiziertes (2) Zeugnis auszustellen (Formulierungsvorschläge bei BLDH/Lingemann M 24.1 ff). Inhalt: ohne Anhaltspunkte für Abweichung nach oben oder unten ist befriedigende Leistung (›zu unserer vollen Zufriedenheit‹) zu bescheinigen, Tatsachen, die eine bessere Beurteilung rechtfertigen, hat der ArbN zu beweisen (BAG NZA 15, 435), eine schlechtere der ArbG. Ohne Anlass dürfen branchenübliche Bewertungen nicht weggelassen (›beredtes Schweigen‹, BAG DB 08, 2546) und darf vom Zwischenzeugnis nicht abgewichen werden (BAG NZA 08, 298). Die Wendung, man habe den ArbN als motiviert ›kennen gelernt‹, ist kein verschlüsselter Hinweis auf Motivationsmangel (BAG DB 12, 636). Verpflichteter kann ggf Berichtigung verlangen, nicht beanstandete Teile dürfen nicht zu seinem Nachteil geändert werden (BAG DB 05, 2361), es sei denn, nachträglich bekannt gewordene Tatsachen rechtfertigen dies (BAG NZA 06, 104). Kein Anspruch auf ›Dank und gute Wünsche‹ (BAG 6.6.23 – 9 AZR 272/22, BB 23, 2365; NZA 22, 783 [BAG 25.01.2022 - 9 AZR 146/21]). Die Ansprüche auf Zeugniserteilung und -berichtigung werden nach § 888 ZPO, nicht nach § 894 ZPO vollstreckt (BAG NZA 12, 1244). Ein Prozessvergleich, ein ›pflichtgemäßes‹ qualifiziertes Zeugnis ›entsprechend‹ einem vom ArbN noch anzufertigenden Entwurf zu erstellen, ist vollstreckbar (BAG DB 11, 2444, Anm Merten ArbR, 11, 586). Schadensersatz wegen Verzugs nach Abmahnung möglich (BAG DB 13, 1307).