Rn 20
Der Besteller kann anstelle der Beauftragung eines Generalunternehmers/Generalübernehmers nebeneinander verschiedene Unternehmer mit unterschiedlichen Gewerken für die Realisierung seines Bauvorhabens beauftragen. Dann begründet er mehrere, voneinander unabhängige Rechtsbeziehungen zu den von ihm beauftragten Unternehmern, die getrennt nach allg Grundsätzen zu beurteilen und abzuwickeln sind. Zwischen den Beteiligten solcher mehrgliederigen Vertragskonstellationen bestehen idR keine Gesamtschuldverhältnisse, und zwar grds auch nicht zwischen Vor- und Nachunternehmern (Oldbg OLGR 04, 6; MüKo/Busche § 631 Rz 40; Zerr NZBau 02, 241), es sei denn, es entstehen Mängel, die ihre Ursache zumindest teilweise in beiden Gewerken haben und sinnvoll nur einheitlich beseitigt werden können. Dann haften Vor- und Nachunternehmer uU als Gesamtschuldner auf Mängelbeseitigung (BGH BauR 03, 1378, 1380; vgl auch Frankf BauR 04, 1669; Stuttg IBR 05, 312). IÜ treffen den Nachunternehmer Prüfungs- und Hinweispflichten hinsichtlich der Qualität der Leistungen des Vorunternehmers (§ 4 III VOB/B – gilt über § 242 auch für den BGB-Werkvertrag – BGH BauR 96, 702; für das neue Schuldrecht: BGH BauR 08, 344 = BGHZ 174, 110; Hamm NZBau 01, 691; iE Rn 27), deren Missachtung selbst dann zur Mängelhaftung des Nachunternehmers führen kann, wenn seine Werkleistung nur aufgrund der unzureichenden Beschaffenheit des Vorunternehmergewerkes mangelhaft ist (vgl § 13 III VOB/B; Bsp: Der vom Parkettleger aufgebrachte Oberboden löst sich, weil der darunter vom Estrichleger hergestellte Estrich – für den Parkettleger erkennbar – nicht vertragsgerecht verlegt worden war; zu Beschränkungen der Haftung des Subunternehmers ggü dem Hauptunternehmer in der Leistungskette: BGH BauR 07, 1564; BauR 07, 1567; s hierzu § 634 Rn 20; iE zum Ganzen: Werner/Pastor, Rz 1255 ff mwN). Gleiches gilt, wenn der Unternehmer auf der Grundlage einer für ihn erkennbar fehlerhaften Planung des Architekten einen Baumangel produziert (BGH BauR 03, 690; Dresd BauR 03, 262).
Rn 21
Demgegenüber ist der einzelne Unternehmer kein Erfüllungsgehilfe anderer Unternehmer im Verhältnis zum Besteller oder des Bestellers in dessen Verhältnis zu anderen Unternehmern (Hamm NJW-RR 98, 163). Das gilt nach bisheriger Rspr des BGH insbes auch für den Vorunternehmer im Verhältnis des Bestellers zum Nachunternehmer (BGH BauR 85, 561 – ›Vorunternehmer I‹; BGH BauR 00, 722 – ›Vorunternehmer II‹, auch zu Ersatzansprüchen aus § 642; aA mit guten Gründen: Ddorf BauR 99, 1309, 1312; vgl auch: Vygen BauR 89, 387 ff mwN). Dem Besteller ist das Verschulden eines Unternehmers im Verhältnis zu anderen Unternehmern daher nicht gem § 278 mit den sich aus § 254 ergebenden Folgen zuzurechnen (BGHZ 143, 32 = BauR 00, 722). Ausnahmen von diesem Grundsatz können sich allerdings ergeben, soweit einzelne Unternehmer Obliegenheiten des Bestellers im Verhältnis zu anderen Unternehmern zu erfüllen haben, so zB bei Übernahme der Planung und Koordinierung von Ausführungsgewerken durch den Architekten (BGHZ 95, 128 = BauR 85, 561). Dementsprechend ist der mit Planungsleistungen beauftragte Architekt oder Sonderfachmann Erfüllungsgehilfe des Bestellers im Verhältnis zu den mit der Ausführung der Werkleistungen befassten Unternehmern (BGHZ 95, 128 = BauR 85, 561; BGH BauR 02, 86; Ergebnis: Besteller muss sich gem § 278 Planungsfehler des Architekten ggü dem Unternehmer iRd § 254 als eigenes Mitverschulden zurechnen lassen – Köln NJW-RR 02, 15 [OLG Köln 27.04.2001 - 11 U 63/00]; Hamm NZBau 01, 691 [OLG Hamm 29.03.2001 - 24 U 60/00]). Gleiches gilt nach der jüngsten, in Abkehr von der bisher an eine Leistungsverpflichtung (›Schuld‹) anknüpfenden Terminologie nunmehr auf den zentralen Begriff der Obliegenheit abstellenden Rspr des BGH für den planenden Architekten im Verhältnis des Bauherrn zum bauüberwachenden Architekten (BGH BauR 09, 515 = BGHZ 179, 55), nicht jedoch für den lediglich mit der Objektüberwachung betrauten Architekten, weil den Besteller gerade keine Obliegenheit trifft, den von ihm mit der Ausführung der Werkleistungen beauftragten Unternehmer zu überwachen (BGH NZBau 02, 514; ausf zu Gesamtschuldverhältnissen im Baugeschäft: Soergel BauR 05, 239 ff mwN; zu den Problemen beim gestörten Gesamtschuldnerausgleich: Kniffka BauR 05, 274 ff). Auf der Grundlage dieser neueren Rspr des BGH bedarf die genannte Rspr des BGH zum Vorunternehmer einer Überprüfung und jedenfalls einer neuen Begründung (vgl näher Leupertz BauR 10, 1999, 2008).