Rn 30
Vertragliche Fürsorgepflichten iSd § 241 II betreffen den Schutz des Bestellers (zB bei Beförderungsverträgen, aber auch Bau- und Architektenverträgen), seines Eigentums und Vermögens sowie uU den Schutz dritter Personen. Dazu gehören Familienangehörige des Bestellers (BGH BB 94, 1455 [BGH 28.04.1994 - VII ZR 73/93]), dessen Mitarbeiter und sonstige Betriebsangehörige (BGH NJW 89, 2115 [BGH 11.05.1989 - X ZR 108/87]; VersR 74, 889), zudem andere mit der Erstellung der jeweiligen Werkleistung befasste Unternehmer (Frankf BauR 92, 255 – Subunternehmer; Brandbg BauR 01, 656, 657). Auch können sich aus dem Vertrag weitergehende Fürsorgepflichten ergeben (BGH WM 1972, 138), insbes nachvertragliche Sorgfaltspflichten des Unternehmers (Zweibr NJW-RR 03, 1600 [OLG Zweibrücken 12.06.2003 - 4 U 123/02]). Abseits dieser vertraglichen Nebenpflichten trifft den Unternehmer für die Dauer der Bauzeit die primäre Verkehrssicherungspflicht, für die Sicherheit auf der Baustelle zu sorgen und die nach den allgemeinen Sicherungserwartungen geeigneten und erforderlichen Maßnahmen zum Schutze Dritter vor den von seinen Werkleistungen ausgehenden Gefahren des Baustellenbetriebs zu treffen (Brandbg BauR 01, 656, 657).
Rn 31
Im Rahmen seiner Obhutspflicht hat der Unternehmer die zu bearbeitenden Sachen des Bestellers durch geeignete Sicherungsmaßnahmen im zumutbaren Umfang vor Schaden oder Verlust zu bewahren (BGH NJW 83, 113; NJW 05, 422; Köln BauR 99, 768). Die Obhutspflicht kann nach § 241 II auch bzgl bestellereigener Sachen bestehen, die nicht selbst Gegenstand des herzustellenden Werks sind (BGH VersR 76, 166). So dürfte beim Notschutz gegen eindringendes Regenwasser iRv Bauarbeiten, die das Abdecken des Daches erfordern, eine Obhutspflicht zu bejahen sein (Celle NJW-RR 03, 15); nicht hingegen für den ausschließlich mit der Abdeckung und Entsorgung eines alten Hausdaches beauftragten Unternehmer, der diese Arbeiten bei gutem Wetter ausführt und dahin informiert wurde, dass am nächsten Tag der Zimmermann einen neuen Dachstuhl errichten soll (Ddorf BauR 01, 1760).
Rn 32
Bei schuldhafter Verletzung nicht leistungsbezogener Nebenpflichten ist der Unternehmer zum Schadensersatz gem §§ 280 I, 241 II verpflichtet (für Verstoß gegen Kooperationspflicht: BGH BauR 00, 409). Das folgt für den vorvertraglichen Bereich aus § 311 II (früher cic). Die vertraglichen Erfüllungsansprüche des Bestellers bleiben davon grds unberührt. Allerdings kann der Besteller gem § 282, 281, 241 II zum Schadensersatz statt der Leistung übergehen oder gem §§ 324, 241 II zurücktreten, wenn ihm die Leistung des Schuldners infolge der Pflichtverletzung nach den Umständen nicht mehr zugemutet werden kann. Dann erlöschen insoweit seine Erfüllungsansprüche und der Schadensersatzanspruch des Bestellers erstreckt sich auf die Nachteile, die er durch die Nichtausführung der Leistung erleidet (NK-BGB/Raab § 631 Rz 41). Darüber hinaus kann der Besteller bei schwerwiegenden Pflichtverstößen zur Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund berechtigt sein. Für Schadensersatzansprüche wegen Verletzung nicht leistungsbezogener Nebenpflichten aus §§ 280, 282, 241 II, 311 II gilt die Regelverjährung von drei Jahren gem §§ 195, 199. Für den Rücktritt (unverjährbares Gestaltungsrecht) ist § 218 zu beachten.