Gesetzestext
Außer in den Fällen der §§ 281 Abs. 2 und 323 Abs. 2 bedarf es der Fristsetzung auch dann nicht, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung gemäß § 635 Abs. 3 verweigert oder wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen oder dem Besteller unzumutbar ist.
A. Allgemeines/Nacherfüllungsfrist.
Rn 1
§ 636 ergänzt die im allg Leistungsstörungsrecht verankerten Vorschriften betreffend die Mängelrechte des Rücktritts (§§ 634 Nr 3, 323; iE hierzu: § 634 Rn 9 ff) und des Schadensersatzes statt der Leistung (§§ 634 Nr 4, 281 I; iE hierzu: § 634 Rn 14 ff), indem den dort niedergelegten Gründen für die Entbehrlichkeit der Nachfristsetzung weitere, vertragsspezifische hinzugefügt werden (zu Struktur und Aufbau des werkvertraglichen Mängelhaftungsrechts – § 634 Rn 1). Die Regelung korrespondiert mit § 637 II, wo allerdings für die Selbstvornahme der Entbehrlichkeitsgrund der berechtigten Nacherfüllungsverweigerung (§ 635 III) nicht genannt ist, die stattdessen gem § 637 I aE das Selbstvornahmerecht des Bestellers entfallen lässt. § 636 gilt über § 638 I 1 auch für die Minderung.
Rn 2
Der Besteller muss dem Unternehmer grds Gelegenheit geben, etwaige Mängel der Werkleistungen innerhalb einer angemessenen Nacherfüllungsfrist (iE hierzu: § 634 Rn 7) zu beseitigen. Erst nach ergebnislosem Ablauf dieser Frist stehen ihm die Sekundärmängelrechte aus § 634 Nr 2–4 zu (§ 634 Rn 2, 7). Steht allerdings bereits fest, dass der Unternehmer nicht nachbessern wird, weil die Nacherfüllung überhaupt nicht mehr möglich wäre oder weil er sie endgültig und ernsthaft verweigert hat, wäre es eine unsinnige Förmelei, dem Besteller gleichwohl abzuverlangen, den Ablauf einer Nacherfüllungsfrist abzuwarten, um seine weitergehenden Mängelrechte ausüben zu können. Deshalb sieht das Gesetz in diesen Fällen die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Nacherfüllungsfrist vor, die überdies aufgrund einer entspr Wertungsentscheidung des Gesetzgebers auf solche Konstellationen erstreckt wird, in denen die Nacherfüllung sich als unzumutbar für einen der Beteiligten erweist. Die hierfür maßgeblichen Ausnahmevorschriften finden sich in § 634, der insoweit auf §§ 636, 637, 281 II, 283, 323 II und 326 V verweist.
B. Entbehrlichkeit der Fristsetzung nach allgemeinen Regeln.
I. § 283; § 326 V.
Rn 3
Man ist geneigt, die an versteckter Stelle in § 326 V und § 283 für Rücktritt und Schadensersatz statt der Leistung inhaltsgleich geregelten Ausnahmetatbestände zu übersehen. Dabei behandeln sie einen besonders naheliegenden Fall der entbehrlichen Bestimmung einer Nacherfüllungsfrist. Denn es liegt auf der Hand, dass eine Nacherfüllung nicht erfolgen kann, wenn sie objektiv oder subjektiv unmöglich iSd § 275 I ist. Und weil durch die in §§ 283, 326 V ebenfalls ausdrücklich iB genommenen Vorschriften des § 275 II und III der Schuldner (Unternehmer) auch dann von seiner – in den hier interessierenden Fällen zur Nacherfüllung verdichteten – Leistungsverpflichtung frei wird, wenn er hierfür einen nach den Umständen unzumutbaren Aufwand betreiben müsste (§ 275 II – iE zur ›wirtschaftlichen Unzumutbarkeit‹ § 275 Rn 30 ff), entfällt kraft gesetzlicher Anordnung auch insoweit das Erfordernis einer fristgebundenen Nacherfüllungsaufforderung. Der Besteller hat dann die Wahl, ob er – ohne Fristsetzung – unter Aufrechterhaltung des Vertrages iÜ Schadensersatz statt der Leistung (kleinen Schadensersatz) verlangen oder die Rückabwicklung des Leistungsverhältnisses durch Geltendmachung des Schadensersatzes statt der ganzen Leistung (großen Schadensersatz – §§ 283 2, 281 I 2, 281 V) bzw Ausübung seines Rücktrittsrechts (§ 326 V) betreiben will. Darüber hinaus kann er sofort mindern – §§ 638 I 1, 326 V.
Rn 4
Bei alledem wird der Besteller zu berücksichtigen haben, dass § 326 I 2, II die Grundregel des § 326 I 1 teilweise außer Kraft setzt und der Vergütungsanspruch des Unternehmers trotz Unmöglichkeit nicht entfällt, wenn der Besteller den Unmöglichkeitsgrund zumindest weit überwiegend zu vertreten hat oder wenn die Unmöglichkeit zu einem Zeitpunkt eintritt, in dem er sich in Annahmeverzug befindet. Er muss dann also einen der vorbezeichneten Mängelansprüche (beachte aber § 326 VI, dessen tatbestandlichen Voraussetzungen sich allerdings nicht mit denen des § 326 II decken, weil die dort für den Rücktritt genannten Umstände nicht zwangsläufig den Gründen für die Unmöglichkeit der Nacherfüllung entsprechen) geltend machen, um den Vergütungsanspruch des Unternehmers (teilweise) abzuwehren. Dass ein Selbstvornahmerecht des Bestellers nicht besteht, wenn die Nacherfüllung objektiv unmöglich ist (§ 275 I), liegt in der Natur der Sache. Gleiches gilt gem § 637 I aE indes auch für die in § 275 II, III geregelten Fälle der wirtschaftlichen und persönlichen Unmöglichkeit, weil der Unternehmer dann berechtigt ist, die grds geschuldete Nacherfüllung zu verweigern (AnwK/Raab § 637 Rz 1, s.a. § 637 Rn 2).
II. §§ 281 II, 323 II.
Rn 5
§ 323 II nennt für den Rücktritt drei Tatbestände, nach denen die Bestimmung einer Nacherfüllungsfrist ausnahmsweise entbehrlich ist. Entsprechendes gilt über § 637 II 1 und § 638 I 1 auch für Selbstvornahme und Minderung. D...