Rn 12
Im Grundsatz erhält der Unternehmer nach freier Kündigung des Bauvertrages durch den Besteller die volle vertragliche Vergütung – § 648 2 Hs 1. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrages an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt – § 648 2 Hs 2. Für erbrachte Leistungen kommen solche Abzüge nicht in Betracht. Deshalb muss der Unternehmer, der auch für nicht erbrachte Leistungen eine Vergütung beanspruchen will, seine Abrechnung dementspr aufgliedern und von der nach obigen Grundsätzen ermittelten Vergütung für die nicht erbrachten Leistungen ersparte Aufwendungen und anderweitigen Erwerb abziehen. Maßgebend ist auch insoweit das vertragliche Preisgefüge, dh, die ersparten Aufwendungen und der anderweitige Erwerb müssen vertragsbezogen den einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses oder – falls nicht vorhanden – den vom Unternehmer aufzuschlüsselnden Teilgewerken zugeordnet werden (BGH BauR 96, 846). Soweit die geschuldete Vergütung auf den nicht erbrachten Teil des Werkes entfällt, ist nach der Rspr des BGH (VII. Zivilsenat) keine Umsatzsteuer in Ansatz zu bringen (BGH BauR 08, 506, 507).
Rn 13
Erspart sind Aufwendungen, die der Auftragnehmer bei Ausführung des Vertrages hätte machen müssen, aber aufgrund der Kündigung nicht mehr machen muss. Es kommt auf die tatsächlichen Einsparungen (BGH NJW-RR 99, 1464 [BGH 24.06.1999 - VII ZR 342/98]) an, zu denen der Unternehmer im Streitfall nachprüfbar vortragen muss. Als solche kommen zunächst auftragsbezogene Material- und Gerätekosten in Betracht. Insoweit gehören angelieferte, aber im Zeitpunkt der Kündigung noch nicht eingebaute Bauteile und Materialien nicht zu den vom Unternehmer erbrachten Leistungen (BGH NJW 95, 1837 [BGH 09.03.1995 - VII ZR 23/93]) und müssen schon deshalb nicht vergütet werden. Aufwendungen für auftragsbezogen fremdbeschafftes Material und Gerät sind erspart und bleiben vergütungslos, wenn noch nicht bestellt war oder die Bestellung storniert werden kann. Eventuelle Stornokosten sind dann allerdings nicht erspart und müssen vergütet werden (Ingenstau/Korbion/Joussen/Vygen Teil B, § 8 I Rz 67). Kann das Material anderweitig verwendet werden, so sind die hierfür angefallenen Aufwendungen erspart (Ingenstau/Korbion/Joussen/Vygen Teil B, § 8 I Rz 67). Soweit bereitgestelltes Gerät oder fertige Bauteile auf anderen Baustellen Verwendung finden können, muss sich der Unternehmer den dort eingesparten Aufwand uU als anderweitigen Erwerb anrechnen lassen (Ingenstau/Korbion/Joussen/Vygen Teil B, § 8 I Rz 67).
Rn 14
Die auftragsbezogenen Aufwendungen für kündigungsbedingt nicht eingesetztes Personal sind erspart. Wird das nicht eingesetzte Personal anderweitig eingesetzt, können sich weitere Abzüge für anderweitigen Erwerb ergeben (BGH NJW 00, 653). Hätte der Unternehmer weiteres Personal einstellen müssen, um den Auftrag vertragsgerecht ausführen zu können, sind die hierfür zu kalkulierenden Aufwendungen erspart (BGH BauR 00, 126). Weitere Ersparnisse können Baustellengemeinkosten sein, soweit sie bauablaufbezogen kalkuliert waren (hierzu im Einzelnen: Ingenstau/Korbion/Joussen/Vygen Teil B, § 8 I Rz 68). Auch Nachunternehmerkosten sind erspart, soweit noch kein Auftrag erteilt ist und die Beauftragung des Subunternehmers noch ohne finanzielle Folgen storniert werden kann. In der Praxis muss der Auftragnehmer seinem Nachunternehmer allerdings idR ebenfalls kündigen und gem § 648 bezahlen. Erspart ist dann also nur die sich hieraus ergebende Differenz zum vertraglichen Subunternehmerlohn. Schließlich muss der Unternehmer das einkalkulierte Wagnis abziehen, soweit sich das Risiko infolge der Kündigung nicht realisiert hat (BGH NJW-RR 98, 451; aA mit beachtlichen Argumenten: Ingenstau/Korbion/Joussen/Vygen Teil B § 8 I Rz 76). Nicht zu den ersparten Aufwendungen gehören Allgemeine Geschäftskosten und Gewinn.
Rn 15
Anderweitiger Erwerb iSd § 648 2 Hs 2 resultiert va aus Ersatz- oder Füllaufträgen, die der Unternehmer mit dem für die Erledigung des gekündigten Vertrages vorgehaltenen Personal und Gerät bedienen kann. Anrechnungspflichtig ist solcher Erwerb indes nur, wenn die hierfür eingesetzten Kapazitäten ausschließlich durch die Kündigung des abzurechnenden Vertrages frei geworden sind. Zwischen der Kündigung und dem anderweitigen Erwerb muss also ein ursächlicher Zusammenhang bestehen (vgl: Frankf NJW-RR 87, 979). Dafür reicht es aus, dass der Unternehmer die Ausführung eines für einen späteren Zeitpunkt vorgesehen anderen Auftrages vorziehen kann (BGH BauR 96, 382).
Rn 16
Böswillig unterlassen ist der anderweitige Erwerb, wenn der Unternehmer den Besteller bewusst schädigen will oder er es sich zumindest in einer gegen Treu und Weise verstoßenden Weise zu Nutze macht, untätig zu bleiben (Ingenstau/Korbion/Joussen/Vygen Teil B, § 8 I Rz 85). Das gilt nicht nur in den Fällen, in denen der Unternehmer mögliche Ersa...