Prof. Dr. Oliver Fehrenbacher
Rn 71
Die auf einzelne Vorschriften beschränkten Regelungen zum Maklervertrag und die Möglichkeit zur Disposition über die Regelungen haben in der Praxis zu zahlreichen, weit verbreiteten Vereinbarungen geführt, die vom gesetzlichen Leitbild abweichen. Dabei ist zwischen Individualabreden und Vereinbarungen in AGB zu unterscheiden. Für Individualvereinbarungen stellen lediglich die Sittenwidrigkeit und die geltenden unabdingbaren gesetzlichen Sondervorschriften zum Maklerrecht (für Wohnraum- oder Arbeitsvermittlung, für die Darlehensvermittlung § 655e II) Grenzen dar (BGH WM 70, 392). In AGB versuchen gewerbliche Makler häufig, ihre Rechtstellung ggü dem gesetzlichen Leitbild zu verbessern. Soweit die AGB Bestandteil des Vertrages werden (§§ 305 II, 305c I), unterliegen sie aber einer Inhaltskontrolle, wenn sie eine von den Rechtsvorschriften abweichende oder ergänzende Regelung enthalten (§ 307 III). Für die Beurteilung einer unangemessenen Benachteiligung (§ 307 I), die zur Unwirksamkeit der Klausel führt (§ 306 I), kommt dem gesetzlichen Leitbild des § 652 (BGH NJW 92, 2568 [BGH 24.06.1992 - IV ZR 240/91]) entscheidende Bedeutung zu (§ 307 II Nr 1). Zum gesetzlichen Leitbild sind insb die Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs des Maklers und der damit einhergehende Erfolgsbezug der Tätigkeit zu rechnen (Hamm MietRB 13, 174) sowie die Abschluss- und Entschließungsfreiheit des Auftraggebers im Hinblick auf den Hauptvertrag. ›Reservierungsgebühren‹ beim Immobilienerwerb halten daher einer Inhaltskontrolle nicht Stand, wenn es bei der Klausel in erster Linie darum geht, sich für den Fall des Scheiterns der Vermittlungsbemühungen gleichwohl eine Vergütung zu sichern (BGH NJW 23, 1819 [BGH 20.04.2023 - I ZR 113/22]). Weitere Voraussetzung ist allerdings, dass der Kunde aus der Vereinbarung keine nennenswerten Vorteile hat (BGH NJW 2010, 3568 [BGH 23.09.2010 - III ZR 21/10]). Andere Normen, zB des VVG, können nicht in die Abwägung einbezogen werden, wenn sie sich gegen den Vertragspartner des Auftraggebers wenden (BGHZ 162, 67, 75). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich insb der Alleinauftrag als eigenständiger Vertragstyp herausgebildet hat (Rn 32) und auch iRd AGB als solcher behandelt werden sollte (MüKo/Althammer § 652 Rz 271). Bestätigungen, dass eine Vereinbarung ›ausgehandelt und vereinbart‹ sei, machen die Vereinbarung noch nicht zur Individualvereinbarung (BGHZ 99, 374). Eine Inhaltskontrolle findet ferner statt, falls der Maklervertrag ein Verbrauchervertrag (§ 310 III) ist.
1. Einzelfälle zugunsten des Maklers.
Rn 72
Die Vereinbarung einer erfolgsunabhängigen Vergütung bedarf einer klaren und eindeutigen Individualabrede (BGH NJW 84, 2162; beachte aber die gesetzlichen Einschränkungen: Wohnraumvermittlung und Darlehensvermittlung und bei Doppeltätigkeit: BGHZ 61, 17). In AGB ist eine Klausel wegen der Abweichung vom gesetzlichen Leitbild unwirksam, die dem Makler eine Vergütung ohne Rücksicht auf den Erfolg der Tätigkeit sichern soll (BGHZ 99, 374). Gleiches gilt für Klauseln, die der Vorverlagerung des Entstehens des Vergütungsanspruchs dienen, etwa durch Vereinbarung der Abhängigkeit von einem Vorvertrag oder einer Anzahlung (BGH NJW 75, 647; zu Reservierungsklauseln BGH NJW 23, 1819; 10, 3568; BGHZ 103, 235, 240). In diese Reihe gehört auch eine Klausel, nach welcher der Makler den Vergütungsanspruch selbst dann erwerben soll, wenn der Hauptvertrag nicht oder nicht wirksam abgeschlossen wird (sog Nichtabschlussklausel oder ›Reuegeld‹, dazu BGHZ 103, 235, 239; 79, 367). Ferner eine Klausel, die den Auftraggeber verpflichtet, den Makler in jedem Fall hinzuzuziehen (BGHZ 88, 368, 371). Nur durch Individualabrede können Ersatzansprüche des Maklers in Höhe der Vergütung für den Fall von Vertragsverletzungen vereinbart werden. Der Anspruch auf Vergütung kann als besonderer Schadensersatz, als pauschalierter Schadensersatz oder als herabsetzbare Vertragsstrafe vereinbart werden (BGHZ 49, 84; beachte dabei § 4 WoVermG). In AGB zulässig ist dagegen eine Klausel, nach der die Vergütung geschuldet wird, wenn der Nachweis an einen Dritten weitergegeben wird und dieser den Vertrag abschließt (BGH NJW 87, 2431). Eine Mindestdauer des Hauptvertrags ist grds nicht erforderlich (BGH NJW 10, 3222 [BGH 18.03.2010 - III ZR 254/09]).
Rn 73
Klauseln, die den Vergütungsanspruch des Maklers sichern sollen, indem sie dem Auftraggeber den Einwand der Vorkenntnis abschneiden oder von der Mitteilung binnen kurzer Fristen abhängig machen (BGH NJW 71, 1133 [BGH 10.02.1971 - IV ZR 85/69]; zur Auslegung München NJW-RR 95, 1524), sind unwirksam. Gleiches dürfte idR für Klauseln gelten, die eine Vergütung für Folgegeschäfte vorsehen (Ddorf NJW-RR 98, 1594 [OLG Düsseldorf 28.11.1997 - 7 U 63/97]). Entspr Handelsbräuche sind allerdings zu berücksichtigen (BGH NJW 86, 1036). Bei Individualvereinbarungen ist der Wille der Parteien durch Auslegung der konkreten Formulierung zu ermitteln. Unwirksam sind regelmäßig auch Klauseln, die eine Vergütungspflicht für e...