Prof. Dr. Oliver Fehrenbacher
Rn 5
Die vertragswidrige Doppeltätigkeit des Maklers hat die Verwirkung des Vergütungs- und des Aufwendungsersatzanspruchs zur Folge. Das gilt in Bezug auf jeden Maklervertrag, also für beide Verträge, falls der Makler sowohl im Hinblick auf den Auftraggeber als auch auf einen anderen Vertragspartner vertragswidrig tätig war. Die subjektiven Voraussetzungen bedürfen bei vertragswidriger Doppeltätigkeit idR keiner besonderen Feststellung (BGHZ 48, 344, 350). Ist die Vergütung an den Makler schon bezahlt worden, kann diese nach Bereicherungsrecht mit der Leistungskondiktion (§ 812 I 1 Var 1) zurückgefordert werden. § 214 II ist nicht analog anwendbar (KG NJW-RR 86, 598, 600 [KG Berlin 16.12.1985 - 10 U 2266/85]). Ein Bereicherungsanspruch des Maklers wegen geleisteter Dienste kommt nicht in Betracht (ebenso Grüneberg/Retzlaff § 654 Rz 3). Die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen des § 654 trägt der Auftraggeber (Maklerkunde, Hamm IMR 21, 424).
I. Doppeltätigkeit.
Rn 6
Eine Doppeltätigkeit des Maklers liegt vor, wenn er mit beiden Parteien des Hauptvertrags einen Maklervertrag abgeschlossen hat. Gesetzlich verboten ist eine solche Doppeltätigkeit nicht (BGH NJW-RR 98, 992; Rn 1). Die Anknüpfung an den Abschluss eines Maklervertrags mit beiden Parteien des Hauptvertrags ist zu eng. Im Vordergrund steht die vertragswidrige Tätigkeit für beide Parteien. Auf welcher Grundlage dies geschieht (zB Maklervertrag, Auftrag), ist nicht entscheidend (BGH NJW 92, 681 [BGH 31.10.1991 - IX ZR 303/90]). Vertragswidrig ist die Doppeltätigkeit, wenn sie nicht erlaubt ist. Die Erlaubnis kann sich aus der vertraglichen Gestattung ergeben. Erforderlich ist die Gestattung durch beide Auftraggeber (BGHZ 61, 17, 24). Dafür ist grds nur eine Individualvereinbarung geeignet, weil die Doppeltätigkeit vom gesetzlichen Leitbild des § 652 abweicht und eine entspr AGB-Klausel der Inhaltskontrolle idR nicht standhält (wie hier MüKo/Althammer § 654 Rz 8). Ausnahmen sind in bestimmten Bereichen denkbar, in denen die Doppeltätigkeit üblich geworden ist (etwa für Immobilienmakler oder bei Versteigerungen: BGH NJW-RR 03, 991 [BGH 30.04.2003 - III ZR 318/02]; 98, 992, 993 [BGH 26.03.1998 - III ZR 206/97]). In diesen Bereichen kann durch Vertragsauslegung sogar bei fehlender Vereinbarung im Maklervertrag von der Zulässigkeit der Doppeltätigkeit auszugehen sein (BGH NJW-RR 03, 991; Saarland NJW-RR 16, 58 [OLG Saarbrücken 17.09.2015 - 4 U 131/14]). Eine typische Konstellation ist die Vermittlungstätigkeit für einen Auftraggeber und der Nachweis für den anderen Auftraggeber (zur Übertragung auf den Finanzierungsmakler NJW-RR 04, 1126 [BGH 20.01.2004 - XI ZR 460/02]). Neben der Gestattung ist daher auch beim Fehlen einer Interessenkollision (Zweifel an solchen Fällen: Staud/Arnold § 654 Rz 6f) nicht ohne weiteres von einer vertragswidrigen Doppeltätigkeit auszugehen.
II. Fehlen einer Interessenkollision.
Rn 7
Das Vorliegen einer Interessenkollision ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles, ausgehend von der vertraglichen Pflicht und der ausgeführten Tätigkeit des Maklers, zu entscheiden (BGH NJW 64, 1467; 70, 1075). Eine Interessenkollision soll sich regelmäßig nicht ergeben, wenn der Makler zumindest für eine Partei nur den Nachweis führt (BGH NJW-RR 98, 992; 03, 991). Ferner bringen andere Tätigkeiten des Maklers insoweit regelmäßig keine Interessenkollision (zB Rechtsanwalt für eine Seite BGH NJW 00, 3067 [BGH 08.06.2000 - III ZR 186/99]) mit sich. Obwohl bei einer Vermittlungstätigkeit die Interessenkollision grds vorliegt, kann sich die ›Erlaubnis‹ ausnahmsweise daraus ergeben, dass die Doppeltätigkeit für die jeweils andere Seite klar und eindeutig erkennbar ist (BGH NJW-RR 98, 992, 998; 00, 430 [BGH 11.11.1999 - III ZR 160/98]). Dafür wird man einen entspr Hinweis des Maklers verlangen müssen. Unzutreffende Angaben des Maklers können eine Interessenkollision nicht beseitigen (Frankf NJW-RR 88, 1199 [OLG Frankfurt am Main 18.05.1988 - 17 U 83/87]). Ferner können sog Vertrauensmakler (dazu § 652 Rn 66) nicht als Vermittlungsmakler für die andere Partei des Hauptvertrags tätig werden (BGH NJW-RR 00, 430 [BGH 11.11.1999 - III ZR 160/98]). Darüber hinaus wird man die Möglichkeit der Doppeltätigkeit ablehnen müssen, wenn den Makler eine besondere Pflicht zur Unparteilichkeit trifft oder er mit der Doppeltätigkeit das Vertrauen und die Interessen seiner Auftraggeber verletzt (BGH NJW 04, 154, 157 [BGH 14.10.2003 - XI ZR 134/02]; Rostock MDR 09, 194 [OLG Rostock 01.10.2008 - 1 U 98/08]).
III. Besondere Maklerpflichten.
Rn 8
Die erlaubte Doppeltätigkeit des Maklers führt zur Erweiterung der bestehenden vertraglichen Pflichten. Auf Nachfrage einer Partei hat der Makler seine Tätigkeit für die andere Partei zu offenbaren (BGH NJW-RR 03, 991). Fraglich ist, ob den Makler auch ohne Nachfrage eine Offenbarungspflicht trifft. Eine generell gültige Antwort lässt sich insoweit nicht geben. Sofern keine besonderen Verhältnisse vorliegen, die eine Interessenkollision unter allen relevanten Gesichtspunkten ausschließen,...