Prof. Dr. Oliver Fehrenbacher
Rn 19
Verträge mit Steuerberatern können unterschiedliche Pflichten zum Inhalt haben. Nach § 33 StBerG sind typischerweise die Beratung, Vertretung und die Hilfe in steuerlichen Angelegenheiten Gegenstand des Steuerberatervertrags. Darüber hinaus sind Tätigkeiten als Vermögensbetreuer oder Wirtschaftsberater denkbar (§ 57 III StBerG). IdR liegt insoweit ein Dienstvertrag vor, der als Geschäftsbesorgung einzuordnen ist. Das gilt insb für die Wahrnehmung aller steuerlichen Pflichten (BHGZ 54, 106) und die steuerliche Beratung. Bei einer Vereinbarung über abgeschlossene Einzelleistungen (zB Bilanz) kann ausnahmsweise ein Werkvertrag (§§ 675, 631) vorliegen (BGHZ 115, 382). Die Grundsätze zum Anwaltsvertrag gelten für den Vertrag mit Steuerberatern weitgehend entspr.
a) Vertragspflichten.
Rn 20
Die einzelnen Pflichten bestimmen sich nach der konkreten Vereinbarung (Inhalt und Umfang des Mandats). Bei der Wahrnehmung der steuerlichen Pflichten hat der Steuerberater den Mandanten umfassend zu beraten (sicherster und gefahrlosester Weg) und muss dabei auch die Möglichkeiten zur Steuerersparnis einbeziehen (BGH NJW 98, 1221, 1486 [BGH 20.11.1997 - IX ZR 62/97]; 01, 3477 [BGH 19.07.2001 - IX ZR 246/00]; nicht bei eingeschränktem Mandat und anderweitiger fachkundiger Beratung: BGH NJW-RR 05, 1511; zur Kirchensteuerersparnis: BGH WM 06, 1736). Die Übernahme der Buchführung und die Erstellung des Jahresabschlusses verpflichten den Steuerberater dagegen noch nicht zu Hinweisen auf mögliche Steuerersparnisse (BGHZ 128, 358). Dem Steuerberater hat die Rechtslage und die höchstrichterliche Rspr bekannt zu sein (BGHZ 145, 256; Einschränkung, falls kein Abdruck in einer Fachzeitschrift erfolgt: BGH WM 10, 2050). Allerdings muss er sich nicht über alle beim BFH anhängigen Verfahren informieren (BGH NJW 15, 770 [BGH 25.09.2014 - IX ZR 199/13]). Bei der Beratung in steuerlichen Angelegenheiten muss er den Mandanten auch auf eine günstige (ständige) Verwaltungspraxis hinweisen (BGH NJW 95, 3248; zur Hinweispflicht auf steuerliche Sonderbehandlung: BGH MDR 14, 587 [BGH 13.03.2014 - IX ZR 23/10]). Werden Vorschläge zur Änderung des Steuerrechts in der Öffentlichkeit diskutiert, kann der Steuerberater zur Information über allgemein zugängliche Quellen verpflichtet sein, wenn bei der Umsetzung die Ziele des Mandanten gefährdet wären (BGH NJW 04, 3487). Ferner muss er iRd Zumutbaren darauf hinwirken, dass steuerliche Fristen eingehalten werden (BGHZ 115, 382). Bei der Vertretung des Mandanten darf sich der Steuerberater in Bezug auf seine Rechtsauffassungen nicht allein auf Rechtsbehelfe verlassen (BGH NJW-RR 92, 1110). Er hat den Mandanten auf eine außerhalb seines Auftrags liegende steuerliche Fehlentscheidung hinzuweisen, wenn sie für einen durchschnittlichen Berater auf den ersten Blick ersichtlich ist oder er aufgrund seines persönlichen Wissens die Sach- und Rechtslage positiv kennt (BGHZ 128, 358). Aufklärungspflichten entstehen auch bezüglich gestaltungsabhängiger Steuerrisiken, die er bei einem (beschränkten) Dauermandat erkennen kann (BGH WM 12, 799). Wirtschaftsberatung wird dagegen nur geschuldet, wenn sie gesondert vereinbart ist (BGH WM 85, 1530). Gleiches gilt im Hinblick auf eine Pflicht, die Insolvenzreife eines Unternehmens zu prüfen (BGH WM 13, 802; zur Hinweispflicht BGH WM 14, 577). An eigenen tatsächlich getroffenen Aussagen zur Überschuldung muss er sich allerdings festhalten lassen (BGH NJW 13, 2345 [BGH 06.06.2013 - IX ZR 204/12]). Ein Steuerberater muss einem Mandanten anheimstellen, einen mit den notwendigen Erfahrungen ausgestatteten Rechtsanwalt aufzusuchen, wenn er bei der Berechnung der Höhe der abzuführenden Sozialversicherungsbeiträge auf Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art stößt oder sich die Rechtslage als unklar darstellt (Kobl DStR 22, 2023 [OLG Koblenz 09.06.2022 - 2 U 530/21] Rz 27).
b) Haftung.
Rn 21
Für schuldhafte Pflichtverletzungen kommt eine Haftung des Steuerberaters nach § 280 I in Betracht. Dafür reicht ein pflichtwidriges Unterlassen des Steuerberaters aus, auch wenn eine pflichtwidrige Unterlassung der Behörde vorliegt (München BeckRS 16, 133417; zur Befolgung von Weisungen: BGH NJW 18, 541). Als Schaden können neben vermeidbaren Steuerbelastungen auch Mehrkosten und Bußgelder ersatzfähig sein (BGH WM 93, 1511; NJW 97, 518; Geldstrafen: BGH WM 10, 1171; zur Einbeziehung Dritter, BGH NJW 20, 3169; WM 11, 2334 und zur Berücksichtigung der Interessen in der Schadensberechnung, BGH NZG 16, 238; 16, 878). Hängt die Entscheidung über einen Wertpapierverkauf erkennbar davon ab, dass entstandene Kursverluste mit Gewinnen verrechnet werden können und erteilt der Steuerberater daraufhin eine rechtlich fehlerhafte Auskunft, die den Mandanten veranlasst, von der Veräußerung abzusehen, so haftet der Berater dem Mandanten grds für weitere Kursverluste (BGH NJW-RR 07, 742 [BGH 18.01.2007 - IX ZR 122/04]: Ordnungsgemäße Belehrung). Der vertragliche Schadensersatzanspruch verjährt nach allgemeinen Regeln (§§ 195, 199). Ei...