Prof. Dr. Oliver Fehrenbacher
Gesetzestext
(1) Soweit nichts anderes bestimmt ist, darf von den Vorschriften dieses Untertitels nicht zum Nachteil des Zahlungsdienstnutzers abgewichen werden.
(2) In den Fällen des § 675d Absatz 6 Satz 1 Nr. 1 und 2
(3) Für Zahlungsvorgänge, die nicht in Euro erfolgen, können der Zahlungsdienstnutzer und sein Zahlungsdienstleister vereinbaren, dass § 675t Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 ganz oder teilweise nicht anzuwenden ist.
(4) Handelt es sich bei dem Zahlungsdienstnutzer nicht um einen Verbraucher, so können die Parteien vereinbaren, dass § 675d Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 bis 4, § 675f Absatz 4 Satz 2, die §§ 675g, 675h, 675j Absatz 2 und § 675p sowie die §§ 675v bis 676 ganz oder teilweise nicht anzuwenden sind; sie können auch eine andere als die in § 676b vorgesehenen Fristen vereinbaren.
A. Überblick.
Rn 1
§ 675e bestimmt, inwieweit die Regelungen zu Zahlungsdiensten zwingend anzuwenden sind. Nur soweit ausdrücklich eine Abweichung gesetzlich zugelassen ist, kann zum Nachteil des Zahlungsdienstnutzers wirksam von den gesetzlichen Regeln abgewichen werden (I). Die Vorschrift macht dabei keinen Unterschied zwischen abweichenden individuellen Vereinbarungen und solchen in AGB. Ausnahmen enthalten neben einigen Einzelvorschriften auch II–IV. Der in dem Untertitel ›Zahlungsdienste‹ enthaltene Rechtsrahmen kommt nicht nur dann zur Anwendung, wenn ein Zahlungsvorgang vom Anwendungsbereich der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie erfasst wird. Vielmehr regelt er alle Fälle, in denen nach den Regeln des IPR deutsches Recht zur Anwendung kommt. Die §§ 675c bis 676c kommen daher sowohl bei Sachverhalten zur Anwendung, die vom europäischen Zahlungsdiensterecht erfasst sind, als auch bei solchen, die den Anwendungsbereich des europäischen Zahlungsdiensterechts überschreiten, sofern das IPR auf deutsches Recht verweist. Im zuletzt genannten Fall ist es dem nationalen Gesetzgeber allerdings möglich, den Umfang der Anwendbarkeit der Umsetzungsvorschriften frei zu bestimmen. Daher stellt der Gesetzgeber die Regelungen insoweit nur als dispositives Recht zur Verfügung (II). Bestimmte Abweichungen können für EWR-Sachverhalte vereinbart werden, wenn die Währung nicht Euro ist (III). Um Bedürfnissen des Marktes gerecht zu werden, sind ferner bestimmte Abweichungen ggü Unternehmern als Zahlungsdienstnutzer vorgesehen (IV).
B. Regelungen.
I. Grundsatz.
Rn 2
§ 675e I enthält den Grundsatz, dass durch eine Vereinbarung von den Vorschriften über die Zahlungsdienste nicht zum Nachteil des Zahlungsdienstnutzers abgewichen werden kann. Ausnahmen bestehen, wenn die Regelungen ausdrücklich eine Abweichung erlauben (zB II–IV). Liegt keine gesetzliche Erlaubnis vor, haben abweichende Vereinbarungen keine Rechtswirkungen. Im Umkehrschluss sind abweichende Vereinbarungen zugunsten der Zahlungsdienstnutzer rechtswirksam möglich (BTDrs 158/17, 176).
II. Drittstaatenbezug.
Rn 3
Da die nationale Regelung für Zahlungsdienste über den Anwendungsbereich der Zahlungsdiensterichtlinie in räumlicher Hinsicht hinausgeht, sind Einschränkungen des gesetzlichen Leitbildes der Erbringung von Zahlungsdiensten bei Drittstaatenbezug erforderlich. Neben abweichenden Vereinbarungen sieht die Regelung auch die Unanwendbarkeit bestimmter Regeln vor. Der Drittstaatenbezug wird durch die Verweisung auf § 675d VI festgelegt. Danach liegt Drittstaatenbezug vor, wenn die Erbringung von Zahlungsdiensten in der Währung eines Drittstaates erfolgen soll und bzw. oder der Zahlungsdienstleister außerhalb des EWR belegen ist (vgl § 675d Rn 9). Nicht unter die Ausnahmeregelung in II fallen aber innerhalb des EWR getätigte Bestandteile von Zahlungsvorgängen in der Währung eines Staates außerhalb des EWR, sofern alle beteiligten Zahlungsdienstleister innerhalb des EWR belegen sind, und innerhalb des EWR getätigte Bestandteile von Zahlungsvorgängen in allen Währungen, sofern nur einer der beteiligten Zahlungsdienstleister innerhalb des EWR belegen ist (sog ›one-leg transactions‹). Insoweit bleibt es bei I.
Rn 4
Die in II Nr 1 von der Anwendbarkeit insoweit ganz ausgenommenen Regelungen eignen sich nicht für ein Leitbild bei Drittsaatenbezug der Zahlungsdienste. Das Leitbild ist im Hinblick auf Vereinbarungen in AGB für die Inhaltskontrolle von erheblicher Bedeutung. Betroffen von der Nichtanwendbarkeit sind insb die Regelung über die verschuldensunabhängige Haftung des Zahlungsdienstleisters des Zahlers für einen Entgeltabzug durch zwischengeschaltete Institute (§ 675q I), die Regelung zur Entgeltteilung (§ 675q III), die kurzen Ausführungsfristen für Zahlungsvorgänge (§ 675s I), der Erstattungsanspruch des Zahlers bei autorisierten Zahlungen in bestimmten Fällen (§ 675x I) sowie die insoweit bestehende verschuldensunabhängige Haftung des Zahlungsdienstleisters (§ 675y I u II). Die Realisierung von Regressmöglichkeiten ist in...