Prof. Dr. Oliver Fehrenbacher
Rn 1
§ 675l nennt die Schutz- und Anzeigepflichten, die dem Zahler auferlegt werden, wenn die Nutzung eines Zahlungsinstruments zur Autorisierung von Zahlungsvorgängen mit dem Zahlungsdienstleister vereinbart wurde. Die Norm setzt Art 69 und 70 der Zahlungsdiensterichtlinie um.
I. Schutzpflichten.
Rn 2
Der Zahler hat zunächst Vorkehrungen zu treffen, um die personalisierten Sicherheitsmerkmale vor unbefugtem Zugriff zu schützen. Der Schutz bezieht sich insoweit nicht auf alle personenbezogenen Daten, sondern nur auf solche Sicherheitsmerkmale, die eine Authentifizierung erlauben (zB Passwort, PIN, TAN; nicht: zB Kartennummer). Auf diesem Wege soll ein Schutz gegen missbräuchliche Verwendung geschaffen werden. Unbefugt ist jeder Zugriff, der durch die vertraglichen Nutzungsvereinbarungen nicht gedeckt ist. Einzelheiten sind den vertraglichen Vereinbarungen zwischen Zahlungsdienstleister und Nutzer vorbehalten. Dabei kann der Inhalt der Pflichten dem konkreten Zahlungsinstrument angepasst werden. Die Pflicht entsteht ab dem Zeitpunkt des Erhalts des Instruments (zur Gefahrtragung bei Versendung s § 675m Rn 4).
Rn 3
Die vertraglich auferlegten Pflichten in AGB sind anhand der §§ 305, 307 ff einer Kontrolle zu unterziehen. Bei der Inhaltskontrolle sind insb die detaillierten Haftungs- und Beweislastregeln des Untertitels in Bezug auf nicht autorisierte Zahlungsvorgänge mittels Zahlungsinstrument zu berücksichtigen, die insoweit gesetzliche Leitbildfunktion haben.
Rn 4
Ein Verstoß gegen die wirksam vereinbarten Pflichten kann zu Schadensersatzansprüchen führen (§ 675v II). Die Rspr geht von einem Pflichtverstoß aus, wenn etwa Karte und PIN nicht getrennt verwahrt werden (BGH 145, 337). Die PIN ist ferner geheim zu halten (Hamm NJW-RR 98, 561 [OLG Hamm 17.12.1997 - 31 U 60/97]) und die TAN telefonisch allenfalls dem Zahlungsdienstleister mitzuteilen. Vgl Beispiele § 675v Rn 3, Rn 4.
II. Anzeigepflichten.
Rn 5
In den Fällen des Verlusts, Diebstahls oder der missbräuchlichen Verwendung bzw der sonstigen nicht autorisierten Nutzung, unabhängig davon, ob die Schutzpflichten eingehalten wurden oder nicht, entsteht eine Verpflichtung zur unverzüglichen Anzeige ggü dem Zahlungsdienstleister. Maßgebend für die Anzeige ohne schuldhaftes Zögern (§ 121) ist der Zeitpunkt der Kenntnis des Zahlers von der nicht autorisierten Nutzung bzw dem Verlust oder Diebstahl des Zahlungsinstruments. Die Anzeige wird mit Zugang wirksam (zur Bestätigung s § 675m Rn 3). Die Regelung behandelt den Verlust und den Diebstahl als auslösende Ereignisse für die Anzeige, auch wenn es insoweit noch nicht zu einer nicht autorisierten Nutzung gekommen ist. Es besteht allerdings die Gefahr. Die missbräuchliche Verwendung ist dagegen ein Unterfall der nicht autorisierten Nutzung. Kennzeichnend ist die Nutzung ohne oder gegen den Willen des Zahlers. Die Anzeige kann anstelle ggü dem Zahlungsdienstleister auch ggü einer von diesem benannten Stelle erfolgen. Ein Verlust liegt noch nicht vor, wenn bei allgemeiner Verfügungsgewalt lediglich das konkrete Auffinden scheitert.
III. Entgelt.
Rn 6
Der Zahlungsdienstleister, der ein Zahlungsinstrument ausgibt, hat dem Zahlungsdienstnutzer die Möglichkeit zu bieten, den Verlust, den Diebstahl, die missbräuchliche Verwendung oder die sonstige nicht autorisierte Nutzung des Zahlungsinstruments kostenlos anzuzeigen. Die Kostenfreiheit der Anzeige ist in § 675m I S 1 Nr. 4 geregelt. Der Zahlungsdienstleister darf allerdings mit dem Zahlungsdienstnutzer für den Ersatz eines verlorenen, gestohlenen, missbräuchlich verwendeten oder sonst nicht autorisiert genutzten Zahlungsinstruments ein Entgelt vereinbaren. Es handelt sich um ein nach § 675 f V S 2 zugelassenes besonderes Entgelt. Das vereinbarte Entgelt darf dabei höchstens die ausschließlich und unmittelbar mit dem Ersatz des Zahlungsinstruments verbundenen Kosten abdecken.
IV. Ausgabe- und Nutzungsbedingungen.
Rn 7
Die Regelung in III zielt auf die Unwirksamkeit von Vereinbarungen, durch die sich der Zahlungsdienstnutzer verpflichtet, Ausgabe- und Nutzungsbedingungen für ein Zahlungsinstrument einzuhalten, die sachlich benachteiligend oder nicht verhältnismäßig sind. Das ist insb der Fall, wenn dem Zahlungsdienstnutzer ohne nachvollziehbaren Grund deutlich strengere Ausgabe- und Nutzungsbedingungen auferlegt werden als anderen Zahlungsdienstnutzern.