Prof. Dr. Oliver Fehrenbacher
Rn 1
Im Interesse einer voll integrierten und vollautomatischen Abwicklung von Zahlungsvorgängen, aber auch zur Gewährleistung von Rechtssicherheit muss der vom Zahler übermittelte Zahlungsbetrag dem Konto des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers ungekürzt gutgeschrieben werden. Während sich I mit der Abwicklung bis zum Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers beschäftigt, wird die Verpflichtung zur ungekürzten Gutschrift zwischen dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers und dem Zahlungsempfänger selbst in II geregelt. Eine Kürzung um Entgelte ist danach in diesem Verhältnis nur ausnahmsweise zulässig. III stellt für die Zahlungsdienstnutzer klar, dass sie die Entgelte der eigenen Zahlungsdienstleister jeweils selbst zu tragen haben. Nach III gilt die sog Share-Regelung aber nur, wenn sowohl der Zahlungsdienstleister des Zahlers als auch der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers innerhalb des EWR belegen ist. Die Norm setzt Art 81 und 62 II der Zahlungsdiensterichtlinie um. Dadurch sind von der Regelung insb sog ›one-leg transactions‹, bei denen lediglich einer der an dem Zahlungsvorgang beteiligten Zahlungsdienstleister innerhalb des EWR belegen ist, nicht erfasst und das wird in IV klargestellt. Gleiches gilt, wenn der Zahlungsvorgang in einer Drittstaatenwährung erfolgt.
I. Ungekürzte Übermittlung.
Rn 2
I normiert die Verpflichtung für den Zahlungsdienstleister des Zahlers, aber auch für jede zwischengeschaltete Stelle, den Zahlungsbetrag ungekürzt an den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers zu übermitteln. Der Zahlungsbetrag wird dabei in der Norm legal definiert und ist der Betrag, der Gegenstand des Zahlungsvorgangs ist. Weder der Zahlungsdienstleister des Zahlers noch eine an der Ausführung eines Zahlungsauftrags beteiligte zwischengeschaltete Stelle ist zu Abzügen vom Zahlungsbetrag berechtigt. Die Regelung schließt nicht aus, dass der Zahlungsdienstleister vom Zahler ein Entgelt verlangen kann (§ 675f V). Dies darf aber nicht über die Kürzung des Zahlungsbetrags erhoben werden, sondern ist gesondert in Rechnung zu stellen. Auf bestimmte Zahlungsvorgänge mit Drittstaatenbezug ist die Regelung nicht anwendbar (§ 675e II).
II. Gutschrift beim Zahlungsempfänger.
Rn 3
Die Verpflichtung zur ungekürzten Übermittlung in Form der Gutschrift auf dem Konto des Zahlungsempfängers gilt im Grundsatz auch für das Verhältnis zwischen dem Zahlungsempfänger und seinem Zahlungsdienstleister (II). Mit der Öffnungsklausel besteht aber Raum für eine abweichende Vereinbarung zwischen Zahlungsempfänger und seinem Dienstleister. Entgelte für den Eingang von Zahlungen können dann vor der Erteilung der Gutschrift vom Zahlungsbetrag abgezogen werden. Besteht eine solche Vereinbarung, hat der Zahlungsdienstleister aber besondere Informationsverpflichtungen zu erfüllen. Die Unterrichtung nach Ausführung eines Zahlungsvorgangs (Art 248 §§ 8, 15 EGBGB), der insoweit in der Gutschrift des gekürzten Zahlungsbetrags liegt, muss einerseits den ungekürzten Zahlungsbetrag und andererseits das Entgelt getrennt ausweisen. Damit wird gewährleistet, dass eine einfache Zuordnung zur konkreten Schuld möglich ist und die (vollständige) Erfüllung aus den Informationen abgelesen werden kann (BTDrs 16/11643, 110).
III. Entgelte.
Rn 4
Die Regelung in III sieht vor, dass die an einem Zahlungsvorgang beteiligten Zahlungsdienstnutzer die Entgelte ihrer jeweils eingesetzten Zahlungsdienstleister selbst tragen. Das gilt allerdings nur, wenn sowohl der Zahlungsdienstleister des Zahlers als auch der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers innerhalb des EWR belegen ist. Werden die Zahlungsvorgänge auf Verlangen des Zahlers ausgeführt, trägt dieser die Entgelte seines Zahlungsdienstleisters. Der Zahlungsempfänger trägt allenfalls die Entgelte der Gutschrift. Regelmäßig werden letztgenannte Entgelte im Geschäft mit Endkunden nicht erhoben. Die Preisgleichheit für innerstaatliche und grenzüberschreitende Zahlungen in Euro bleibt von der Regelung unberührt. Die Regelung in III ist nicht abdingbar (§ 675e). Bei Zahlungsvorgängen mit Drittstaatenbezug stellt IV die Nichtanwendung bzw. Abdingbarkeit in Übereinstimmung mit der Zahlungsdiensterichtlinie klar, auch soweit bei sog ›one-leg transactions‹ oder Zahlungsvorgängen mit Drittstaatenwährung die Zahlungsdiensterichtlinie an sich räumlich anwendbar ist. Soweit I nicht anwendbar ist, kommt das allgemeine Geschäftsbesorgungs- bzw. Auftragsrecht zur Anwendung. Im Hinblick auf II wird lediglich dispositives Recht vorgegeben.