Prof. Dr. Oliver Fehrenbacher
Gesetzestext
1Im Fall eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs hat der Zahlungsdienstleister des Zahlers gegen diesen keinen Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen. 2Er ist verpflichtet, dem Zahler den Zahlungsbetrag unverzüglich zu erstatten und, sofern der Betrag einem Zahlungskonto belastet worden ist, dieses Zahlungskonto wieder auf den Stand zu bringen, auf dem es sich ohne die Belastung durch den nicht autorisierten Zahlungsvorgang befunden hätte. 3Diese Verpflichtung ist unverzüglich, spätestens jedoch bis zum Ende des Geschäftstags zu erfüllen, der auf den Tag folgt, an welchem dem Zahlungsdienstleister angezeigt wurde, dass der Zahlungsvorgang nicht autorisiert ist, oder er auf andere Weise davon Kenntnis erhalten hat. 4Hat der Zahlungsdienstleister einer zuständigen Behörde berechtigte Gründe für den Verdacht, dass ein betrügerisches Verhalten des Zahlers vorliegt, schriftlich mitgeteilt, hat der Zahlungsdienstleister seine Verpflichtung aus Satz 2 unverzüglich zu prüfen und zu erfüllen, wenn sich der Betrugsverdacht nicht bestätigt. 5Wurde der Zahlungsvorgang über einen Zahlungsauslösedienstleister ausgelöst, so treffen die Pflichten aus den Sätzen 2 bis 4 den kontoführenden Zahlungsdienstleister.
A. Überblick.
Rn 1
Das Unterkapitel regelt zunächst die Haftung bei nicht autorisierten oder mangelhaft ausgeführten Zahlungsvorgängen in der Vertragsbeziehung zwischen Zahlungsdienstnutzer und Zahlungsdienstleister. Ferner finden sich in dem Unterkapitel Regeln zur Verteilung der Beweislast (§§ 675w, 676). Die Beweislast für die rechtlich einwandfreie Ausführung liegt grds beim Zahlungsdienstleister. § 675u enthält Regeln für eine Haftung des Zahlungsdienstleisters bei nicht autorisierten Zahlungsvorgängen. In solchen Fällen besteht kein Aufwendungsersatzanspruch des Zahlungsdienstleisters und der bereits belastete Betrag ist unverzüglich zu erstatten. § 675v regelt die Haftung des Zahlers bei der missbräuchlichen Nutzung von Zahlungsinstrumenten. Die missbräuchliche Nutzung führt zu einer verschuldensunabhängigen Beteiligung des Zahlers am Schaden des Zahlungsdienstleisters in Höhe von bis zu 50 Euro. Allerdings kann sich der Zahler durch den Einwand entlasten, es sei ihm nicht möglich gewesen, den Verlust, den Diebstahl, das Abhandenkommen oder eine sonstige missbräuchliche Verwendung des Zahlungsinstruments vor dem nicht autorisierten Zahlungsvorgang zu bemerken. Grob fahrlässige und vorsätzliche Pflichtverletzungen führen grds zur Haftung für den gesamten Schaden, der vor der Verlust- oder Missbrauchsanzeige eintritt. Ist die Autorisierung eines Zahlungsvorgangs streitig, enthält § 675w Mindestanforderungen für die Darlegungs- und Beweislast.
Rn 2
Mit der Haftung des Zahlungsdienstleisters bei autorisierten Zahlungsvorgängen beschäftigt sich § 675x. In bestimmten Fällen kann auch insoweit der Aufwendungsersatzanspruch ausgeschlossen sein bzw auch ein Erstattungsanspruch des Zahlers bestehen. Die verschuldensunabhängige Haftung des Zahlungsdienstleisters bei mangelhaft ausgeführten Zahlungsaufträgen (nicht erfolgter, fehlerhafter oder verspäteter Ausführung) ist in § 675y geregelt. Im Vordergrund steht dabei der Erstattungsanspruch des Zahlers. Die Ansprüche des Zahlungsdienstnutzers gegen seinen Zahlungsdienstleister sind hinsichtlich der Rechtsfolgen im Grundsatz abschließend. Folgeschäden können allerdings unter den allgemeinen Voraussetzungen ersetzt verlangt werden (verschuldensabhängig). Bei mangelhaft ausgeführten Zahlungsaufträgen ist aber für bestimmte Folgeschäden (§ 675z) die Vereinbarung einer Haftungsobergrenze (12.500 Euro) möglich. Eine Erstattung von autorisierten Kreditkartenzahlungen für illegale Glücksspiele ist nicht möglich, da die Autorisierungen nicht gem § 134 nichtig sind (BGH BKR 22, 811 [BGH 13.09.2022 - XI ZR 515/21]).
B. Regelungen.
Rn 3
Die Regelung betrifft nicht autorisierte Zahlungsvorgänge. Sie hängt daher sehr eng mit § 675j zusammen, der die Voraussetzungen für die Autorisierung regelt. Im Falle der nicht autorisierten Zahlungsvorgänge (etwa nicht autorisierte Überweisungen im Online-Banking; anders aber für Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glückspiel, BGH MDR 23, 1463 [BGH 19.09.2023 - XI ZR 343/22]) verhindert die Vorschrift einerseits das Entstehen eines Aufwendungsersatzanspruchs (§ 670) des Zahlungsdienstleisters gegen den Zahler. Das Risiko der Fälschung wird dem Zahlungsdienstleister auferlegt. Auf der anderen Seite gewährt die Norm dem Zahler einen Anspruch auf Erstattung eines auf dem Zahlungskonto belasteten Betrags mit Rückwirkung. Dabei handelt es sich um eine verschuldensunabhängige Einstandspflicht des Zahlungsdienstleisters ggü dem Zahler. Weitere Ansprüche mit dem gleichen Anspruchsziel kommen neben dem Erstattungsanspruch nicht in Betracht (zB ungerechtfertigte Bereicherung oder GoA, § 675z). Unterschiedslos in AGB vereinbarte Entgelte pro Buchungsposten verstoßen gegen die Regelung (BGH ZIP 15, 1720). In Bezug auf verschuldensabhängige Schadensersatzansprüche und den Ersatz ...