Rn 2
Organschaftliche Vertretung ist das rechtsgeschäftliche Handeln im Namen und mit Wirkung für und gegen die rechtsfähige GbR aufgrund der Gesellschafterstellung, sodass die GbR selbst handlungsfähig wird (auch: § 61 ZPO). Dadurch, dass diese Zuständigkeit bei den Gesellschaftern liegt, drückt das Gesetz den Grundsatz der Selbstorganschaft aus. Eine Fremdorganschaft ist nicht zulässig (Wertenbruch GmbHR 21, 1, 3) und erst nach Auflösung erlaubt (§ 736 IV). Umfasst ist von der Vertretung alles, was zur Geschäftsführung (§ 715) gehört, auch Grundstücksgeschäfte und Drittbevollmächtigungen (arg § 124 IV 1 HGB). Nicht erfasst von der Vertretungsmacht sind Grundlagengeschäfte (BGH NJW 16, 2492 [BGH 11.05.2016 - XII ZR 147/14] Rz 25; Saarbr NZG 09, 22, 23 [OLG Saarbrücken 06.03.2008 - 8 U 447/06]; Stuttg NZG 09, 1303 [OLG Stuttgart 11.03.2009 - 14 U 7/08]). Angesichts der organschaftlichen Stellung ist Vertreterwissen entspr § 31 auf die GbR zuzurechnen (BGH NJW 03, 1445 [BGH 24.02.2003 - II ZR 385/99]).
Rn 3
Die organschaftliche Vertretungsmacht besteht nach III ggü ›Dritten‹ unbeschränkt (anders ggü Gesellschaftern). III 3 nennt nur Regelbeispiele, sodass auch weitere Binnenhindernisse unbeachtlich sind, etwa der Verstoß gegen die Geschäftsführungsordnung oder das Nichtbeachten eines Widerspruchs (§ 715 IV 2). Nicht eindeutig ist die Antwort auf die Frage, ob III im Außenverhältnis auch darüber hinweghilft, dass es sich im Innenverhältnis um ein Grundlagengeschäft handelt (vgl Servatuis § 720 Rz 22 mwN). Zutreffend ist es, die Wirksamkeit grds zu bejahen, ebenso wie bei Geschäften jenseits des Gesellschaftszwecks. Interne Beschränkungen schlagen eben nur im Fall der Evidenz oder der Kollusion nach außen durch (Lehre vom Missbrauch der Vertretungsmacht, RGZ 136, 359, 360; BGH NZG 19, 505 [BGH 08.01.2019 - II ZR 364/18] Rz 42; NJW 96, 589, 590 [BGH 13.11.1995 - II ZR 113/94]; 89, 26, 27 [BGH 17.05.1988 - VI ZR 233/87]; 84, 1461, 1462 [BGH 05.12.1983 - II ZR 56/82]; NZG 14, 389, 390 [BGH 28.01.2014 - II ZR 371/12]; NJW-RR 04, 247, 248 [BGH 05.11.2003 - VIII ZR 218/01]). Auch für die organschaftliche Vertretung gilt § 181 und ggf anschließend § 184 (BGH NZG 10, 261 [BGH 16.12.2009 - XII ZR 146/07]). Vom Selbstkontrahierungsverbot kann Befreiung durch (auch schlüssigen) Gesellschafterbeschluss erteilt werden (BGH WM 70, 249, 251).
Rn 4
In Ausübung der organschaftlichen Vetretungsmacht können Gesellschafter Dritten Vollmacht (§§ 164 ff) für die GbR erteilen (BTDrs 19/276351, 161), auch für Grundstücksgeschäfte (Oldbg RNotZ 16, 247; Reymann DNotZ 21, 103, 120f) oder Generalvollmacht (BGH DNotZ 11, 361 [BGH 20.01.2011 - V ZB 266/10]), aber das räumt diesen Bevollmächtigten nicht ihrerseits eine organschaftliche Stellung ein. Prokuraerteilung ist nicht möglich, auch nicht bei der eGbR (BTDrs aaO). Zulässig soll es nach der Rspr sein (str), dass sich die organschaftlichen Vertreter parallel zu ihrer gesetzlichen Vertretungsmacht zugleich gegenseitig rechtgeschäftlich bevollmächtigten (BGH NZG 05, 345 [BGH 14.02.2005 - II ZR 11/03]; aA Wertenbruch NZG 05, 465).
Rn 5
Nach dem gesetzlichen Normalstatut gilt Gesamtvertretung. Alle organschaftlichen Vertreter sind daher zur Willenserklärung berufen, sei es miteinander, sei es zeitlich versetzt, und der für die GbR geäußerte Wille ist erst komplett und gültig mit der Erklärung durch den letzten Gesamtvertreter (BGH NZG 08, 588 [BGH 19.06.2008 - III ZR 46/06]). Vorher greifen die §§ 177 ff, 182 ff ein (BGH NJW-RR 94, 291, 292 ff; NJW 10, 2286 [BGH 21.04.2010 - XII ZB 64/09]). Dass ein Gesamtvertreter verhindert ist, führt nach richtiger Ansicht (Servatius § 720 Rz 11) nicht etwa juristisch zur Verzichtbarkeit seiner Erklärung (aber bei gebotener Eile kann § 715a helfen). Ist die Willenserklärung formbedürftig, müssen alle Gesamtvertreter die Form wahren (Servatius § 720 Rz 10).