Gesetzestext
Tritt in der Person eines Gesellschafters ein wichtiger Grund ein, kann er durch Beschluss der anderen Gesellschafter aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn der Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat oder wenn ihm die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich wird. Dem Beschluss steht nicht entgegen, dass nach der Ausschließung nur ein Gesellschafter verbleibt.
A. Grundlagen.
Rn 1
Ist es aus Sicht der Mitgesellschafter (BTDrs 19/27635, 174) unzumutbar, mit dem anderen Gesellschafter in der GbR zu bleiben, können sie ihn gem § 727 (Spezialfall zu § 314) durch Beschluss ausschließen. Das ist bewusst ein anderes Modell als die Ausschließungsklage nach § 134 HGB (BTDrs 19/27635, 170). Die Ausschließung wird wirksam mit Erklärung des Beschlussergebnisses ggü dem Betroffenen, sodass er ausscheidet (§ 723 I Nr 5, III). Führt das dazu, dass nur ein Gesellschafter übrig bleibt, ändert das gem 3 nichts an der Zulässigkeit des Vorgehens, aber es führt nach § 712a zur sofortigen Vollbeendigung der GbR. § 727 gilt für die rechtsfähige GbR, und zwar auch noch im Liquidationsverfahren, nur angesichts des veränderten Gesellschaftszwecks mit strengerem Maßstab (Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen Abwicklung; MüKo/Schäfer § 723 Rz 26). Zum zeitlichen Geltungsbeginn von § 727s Art 229 § 61 EGBGB und § 723 Rn 1. Für die nicht rechtsfähige GbR wird § 727 in § 740 II zwar nicht erwähnt, ist aber anzuwenden (schon bisher hM; vgl Servatius § 727 Rz 8: Redaktionsversehen).
B. Ausschließungsgrund.
Rn 2
§ 727 legt in 1 fest, dass es eines wichtigen Grundes bedarf und konkretisiert das in 2 durch Regelbeispiele. Das stimmt wortgleich überein mit §§ 725, II, 731, kann aber zu abweichenden Beurteilungen führen, weil es jew auf die Sicht unterschiedlicher Adressaten ankommt (Servatius § 727 Rz 11). Der wichtige Grund muss zu dem Zeitpunkt gegeben sein, in dem der Ausschließungsbeschluss gefasst wird. Wichtig ist der Grund, wenn er die Fortsetzung der Gesellschaft mit dem Auszuschließenden unzumutbar macht (BGH NZG 03, 625, 626). Der Grund muss in der Person des auszuschließenden Gesellschafters oder in seinem Verhalten liegen, braucht aber nicht verschuldet zu sein und muss das Gesellschaftsverhältnis berühren (nicht lediglich Privatsphäre); aus der Rspr bspw RG JW 33, 98; BGHZ 18, 530, 360; BGH NJW 52, 461 und 875 [BGH 14.05.1952 - II ZR 40/51]; 56, 1060, 1061; WM 59, 134, 135. Ob die Unzumutbarkeit vorliegt, beurteilt sich aus ex-ante-Perpektive und ist iRe Abwägung aller Belange unter Würdigung des Einzelfalls zu ermitteln, wobei der Ausschluss die Ultima Ratio ist (BGH NZG 03, 625, 626 [BGH 31.03.2003 - II ZR 8/01]). Mildere geeignete Mittel können sein: Entziehung von Vertretungsmacht oder Geschäftsführungsbefugnis oder beidem. Berücksichtigungsfähig ist aber auch, ob anderenfalls die GbR kaum weiterbestehen könnte (vgl BTDrs 19/27635, 174 und BGH aaO). Haben die Mitgesellschafter den wichtigen Grund bisher wissentlich geduldet oder befinden sich selbst in Umständen eines wichtigen Grundes, beschränkt das ein mögliches Vorgehen nach § 727. Liegen auf jeder Seite Verursachungsbeiträge vor, sind sie gegeneinander abzuwägen (vgl BGH NZG 13, 1344, 1345 [BGH 24.09.2013 - II ZR 216/11]).
C. Ausschließungsbeschluss.
Rn 3
Für den Ausschließungsbeschluss gilt § 714 oder es gelten die abweichenden gesellschaftsvertraglichen Beschlussregeln. Zwingend ist, dass der Auszuschließende kein Stimmrecht bei der Beschlussfassung hat (›anderen‹ Gesellschafter; BTDrs 19/27635, 174; Stimmverbot wegen Richtens in eigener Sache; allgM). Der Beschluss ist nach 3 auch in der zweigliedrigen GbR möglich, was auf die Mitteilung der Entscheidung des einen an den anderen Gesellschafter hinausläuft (Hamm NJW-RR 00, 482 [OLG Hamm 08.06.1999 - 27 U 18/99]). Wird über die Ausschließung mehrerer Gesellschafter beschlossen, denen ein untereinander zusammenhängendes Fehlverhalten vorgeworfen wird, sind alle von ihnen auch bei der Beschlussfassung über die Ausschließung der übrigen Betroffenen ausgeschlossen, weil sie sich sonst gegenseitig immunisieren könnten. Im Hinblick auf den Ausschließungsbeschluss ist wegen seiner mitgliedschaftsbeendenden Wirkung bei der zweistufigen Beschlusskontrolle auf der materiellen Ebene eine sehr sorgfältige Treuepflichtprüfung angezeigt. Die Treuepflicht wirkt allerdings nicht nur zum Schutz des Auszuschließenden, sondern gleichermaßen zum Schutz der GbR. Deshalb wird es bei Vorliegen eines wichtigen Grundes idR geboten sein, nicht gegen die Ausschließung zu stimmen. Treupflichtwidrige Gegenstimmen sind nicht zu zählen und, soweit aufgrund § 714 oder der gesellschaftsvertraglichen Vorgaben notwendig, als Zustimmungen zu zählen, weil der Weg, die treupflichtwidrig passiven Mitgesellschaft erst auf Abgabe ihrer Zustimmung zu verklagen (§ 894 ZPO), keine für das Gesellschaftsinteresse angemessen Lösung ist (vgl BGH WM 79, 1058; 86, 1556, 1557; NJW-RR 08...