Gesetzestext
(1) Nach Auflösung der Gesellschaft findet die Liquidation statt, sofern nicht über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet ist. Ist die Gesellschaft durch Löschung wegen Vermögenslosigkeit aufgelöst, findet eine Liquidation nur statt, wenn sich nach der Löschung herausstellt, dass noch Vermögen vorhanden ist, das der Verteilung unterliegt.
(2) Die Gesellschafter können anstelle der Liquidation eine andere Art der Abwicklung vereinbaren. Ist aufgrund einer Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag die Gesellschaft durch die Kündigung eines Privatgläubigers eines Gesellschafters oder durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters aufgelöst, bedarf eine Vereinbarung über eine andere Art der Abwicklung der Zustimmung des Privatgläubigers oder des Insolvenzverwalters. Ist im Insolvenzverfahren Eigenverwaltung angeordnet, tritt an die Stelle der Zustimmung des Insolvenzverwalters die Zustimmung des Schuldners.
(3) Die Liquidation erfolgt nach den folgenden Vorschriften dieses Kapitels, sofern sich nicht aus dem Gesellschaftsvertrag etwas anderes ergibt.
A. Grundlagen.
Rn 1
§ 735 gilt für die rechtsfähige GbR und ist inhaltsidentisch mit § 143 HGB. Die nicht rechtsfähige GbR ist nicht nach §§ 736 ff abzuwickeln, sondern die Gesellschafter setzen sich auseinander (§ 740b). I regelt die gesetzestypische Liquidation. Durch II und III ist ein Gestaltungsspielraum eröffnet; ob er sich auch auf Regelungen zum Außenverhältnis der GbR bezieht, soll die Rspr entscheiden (BTDrs 19/27635, 182).
B. Liquidation, I 1.
Rn 2
Tritt für die Gesellschaft die Auflösung ein, regelt I 1 deren Folgen: Die GbR ist zu liquidieren (wenn nicht die Insolvenz eröffnet ist). Damit ist auf die §§ 736–739 verwiesen. Der Eintritt des Auflösungsgrundes bewirkt eine Zweckänderung. Liquidation bedeutet die Abwicklung und Bereinigung der Gesamtheit aller Aktiva und Passiva der GbR. Bis zur Vollbeendigung besteht die GbR als Liquidationsgesellschaft weiter. Sind für die GbR noch Gerichtsverfahren anhängig (egal, ob Kläger oder Beklagter), ist sie nicht vollbeendet (vgl BAG ZIP 02, 1947; NJW 08, 603; Kobl NZG 07, 431; Frankf NZG 15, 626), auch wenn sie als eGbR – verfrüht – gelöscht worden sein sollte (vgl Ddorf NZG 17, 663 [OLG Düsseldorf 01.02.2017 - I-3 Wx 300/16]). Nach vermeintlicher Vollbeendigung kann sich gem I 2 eine Nachtragsliquidation anschließen (Rn 3).
C. Nachtragsliquidation, I 2.
Rn 3
Voraussetzung ist, dass sich nachträglich herausstellt, dass doch noch zu verteilendes Vermögen vorhanden ist oder dass sich anderer weiterer Abwicklungsbedarf erweist (bspw BGH NJW 79, 1987; Hamm NJW-RR 02, 324; KG GmbHR 07, 542; München NZG 08, 555). Dann ist ex-tunc die Gesellschaft als fortbestehend zu behandeln. Das gilt nicht nur für die eGbR. Bei nur noch geringfügigem Vermögen ist § 26 InsO analog anzuwenden.
Rn 4
Zuständig zur Durchführung der Nachtragsliquidation sind alle Gesellschafter. Bei deren Untätigkeit lebt nicht das Amt der vormaligen Liquidatoren auf (Kobl ZIP 07, 2166), sondern im Fall eines rechtlichen Interesses an der Nachtragsliquidation kann nach § 736a ein Nachtragsliquidator bestellt werden. Antragsberechtigt sind Gesellschafter, Gläubiger, Schuldner und die Gesellschaft selbst. Bei der eGbR ist die Beendigung der Nachtragsliquidation gem § 738 zur Eintragung anzumelden.
D. Gestaltungsfreiheit, II und III.
I. Regelungen in II 1 und III.
Rn 5
II 1 und III stellen die Dispositivität der Abwicklungsvorschriften klar. Für die Regelung der Auseinandersetzung haben damit die Vereinbarungen der Gesellschafter Vorrang. Das ermöglicht auch Regelungen zur Rechtsstellung und den Aufgaben der Liquidatoren (Servatius § 735 Rz 12). Getroffen werden können die abweichenden Regelungen bereits vorab durch den Gesellschaftsvertrag oder später durch Gesellschafterbeschluss (BTDrs 19/27635, 182), wobei bezweifelt wird, dass für einen Mehrheitsbeschluss hier eine generelle Mehrheitsklausel genüge (Servatius § 735 Rz 14).
Rn 6
Die betreffende Vereinbarung kann die Abwicklung entbehrlich machen oder vereinfachen (Bsp.: Veräußerung des gesamten Gesellschaftsvermögens an einen Gesellschafter oder Dritten; Realteilung der GbR; Veräußerung sämtlicher Anteile an einen Gesellschafter oder Dritten; Einbringung sämtlicher Anteile in eine andere Gesellschaft). Die Gestaltungsfreiheit ist aber begrenzt durch Drittinteressen, etwa im Hinblick auf § 736d IV (BTDrs 19/27635, 182). Zum Schutz solcher Drittinteressen enthält II 2 nicht abschließende Konkretisierungen.
II. Regelung in II 2 Fall 1.
Rn 7
Voraussetzung ist zunächst, dass der Gesellschaftsvertrag abweichend von §§ 723 I Nr 4, 726 die Auflösung statt dem Ausscheiden vorsieht. Gem II 2 Fall 1 muss der Privatgläubiger des Gesellschafters zustimmen (BTDrs 19/27635, 182), wenn die vom gesetzestypischen Abwicklungsmodell abweichende Vereinbarung noch nicht vor der Pfändung getroffen worden war. Handelt es sich um einen anderen als in II 2 Hs 2 genannten Auflösungstatbestand, gilt das Zustimmungserfordernis des Privatgläubigers analog, wenn der Gesellschaftsanteil davor gepfändet wurde (Servatius § 735 Rz 17). Die Zustimmung...