Prof. Dr. Eckart Brödermann
Rn 4
Gläubiger und Hauptschuldner sind durch das die Hauptschuld begründende Rechtsverhältnis verbunden, das dem zu sichernden Anspruch zugrunde liegt. Grds ist kein Schuldner verpflichtet, seinem Gläubiger einen Bürgen zu stellen. Häufig machen (künftige) Gläubiger die Gewährung einer Leistung aber in einer Sicherungsabrede oder aufgrund gesetzlicher Regelung (zB § 650f) von der Stellung einer Sicherheit abhängig. In der Praxis wird der Sicherungsvereinbarung oft der Entwurf des Bürgschaftstextes beigefügt (vgl zB BGH NJW-RR 05, 458, 459 [BGH 09.12.2004 - VII ZR 265/03]). Eine Verpflichtung zur Sicherheitsleistung (§ 232) kann nach § 239 durch die selbstschuldnerische Bürgschaft eines tauglichen Bürgen erfüllt werden.
Rn 5
Entfällt der Sicherungszweck (zB bei verjährten Mängelansprüchen bei Berufung auf deren Verjährung, BGH NJW 15, 2961 [BGH 09.07.2015 - VII ZR 5/15] oder bei § 17 VIII Nr. 2 VOB/B nach 2 Jahren, abdingbar) oder ist die Sicherungsabrede unwirksam, kann der Hauptschuldner die Auflösung des Bürgschaftsvertrages und Rückgabe der Bürgschaftsurkunde verlangen (grds nur an den Bürgen: BGH NJW 89, 1482 [BGH 02.02.1989 - IX ZR 182/87]; Frankf BeckRS 12, 16599, es sei denn, vertraglich ist etwas anderes vereinbart, BGH NJW 09, 218 [BGH 09.10.2008 - VII ZR 227/07]: § 17 VIII VOB/B). Ohne besondere vertragliche Vereinbarung stellt die Rückgabeverpflichtung eine Holschuld dar (Celle BeckRS 10, 7920). Nimmt der Gläubiger den Bürgen abredewidrig in Anspruch, kann der Hauptschuldner Unterlassung und ggf Rückerstattung der vom Bürgen erhaltenen Zahlung (BGHZ 139, 325, 328; aA LG München I ZIP 10, 2088) oder Freistellung vom Aufwendungsersatzanspruch des Bürgen (s Rn 7) verlangen (BGHZ 152, 246, 254).
Rn 6
Der Gläubiger ist ggü dem Hauptschuldner nicht verpflichtet, den Bürgen in Anspruch zu nehmen (arg § 771). Die Nicht-Inanspruchnahme stellt im Schadensersatzprozess zwischen Gläubiger und Hauptschuldner kein Mitverschulden iSv § 254 dar (BGH DB 1959, 284).