Prof. Dr. Petra Buck-Heeb
Gesetzestext
Händigt jemand eine Urkunde, in der er einen anderen anweist, Geld, Wertpapiere oder andere vertretbare Sachen an einen Dritten zu leisten, dem Dritten aus, so ist dieser ermächtigt, die Leistung bei dem Angewiesenen im eigenen Namen zu erheben; der Angewiesene ist ermächtigt, für Rechnung des Anweisenden an den Anweisungsempfänger zu leisten.
A. Allgemeines.
Rn 1
Die Anweisung iSd § 783 ist ein Sonderfall des allg Anweisungsrechts (BGHZ 6, 378, 383). Es geht hier um die in einer Urkunde verbriefte Anweisung auf Leistung von Geld, Wertpapieren und vertretbaren Sachen, die an einen Dritten als Leistungsempfänger ausgehändigt worden ist. Fehlt eine der Voraussetzungen, können die §§ 783 ff entspr anwendbar sein (vgl BGH NJW 71, 1608, 1609). Die Anweisung als solche ist durch ein Dreipersonenverhältnis geprägt: Der Anweisende lässt dem Angewiesenen die Aufforderung zu einer Zuwendung an den Dritten (Anweisungsempfänger) zukommen. Der Angewiesene braucht nach § 785 aber nur gegen Aushändigung der Anweisung leisten. Die praktische Bedeutung der Anweisung iSd §§ 783 ff ist gering. Allerdings liegen diese Regelungen bestimmten Rechtsinstituten zugrunde (kaufmännische Anweisung iSd § 363 HGB, Wechsel, Scheck) und stellen den Grundgedanken für verschiedene Sonderformen der Anweisung dar, auf die sie entspr anwendbar sein können (Staud/Marburger Rz 6).
B. Rechtsnatur und Abgrenzung.
I. Rechtsnatur.
Rn 2
Mit der Aushändigung der Urkunde an den Anweisungsempfänger entsteht eine doppelte Ermächtigung, über ein fremdes Recht im eigenen Namen zu verfügen (BeckOKBGB/Gehrlein Rz 6): Der Anweisungsempfänger ist ermächtigt, die Leistung beim Angewiesenen im eigenen Namen zu erheben; der Angewiesene ist ermächtigt, an den Anweisungsempfänger als Inhaber der Urkunde für Rechnung des Anweisenden (Ausstellers) zu leisten. Die Ermächtigungen sind abstrakt und damit ist die Anweisung ein abstraktes Rechtsgeschäft; es ist vom zugrunde liegenden Rechtsgeschäft sowie dem wirtschaftlichen Zweck losgelöst.
II. Abgrenzung.
Rn 3
Abzugrenzen ist die Anweisung vom Auftrag iSd §§ 662 ff (Inkassomandat, Zahlungsauftrag). Die Anweisung begründet keine Verpflichtung, sondern lediglich eine Berechtigung des Empfängers sowie des Angewiesenen. Im Unterschied zur Zession (zB Inkassozession) wird bei der Anweisung kein Forderungsrecht auf den Empfänger übertragen, sondern der Anweisende bleibt Anspruchsgläubiger. Vom Vertrag zugunsten Dritter iSd §§ 328 ff unterscheidet sich die Anweisung darin, dass sie durch Rechtsgeschäft mit dem Anweisungsempfänger zustande kommt. Für die Ausgestaltung der Anweisung als Vertrag zugunsten Dritter wird regelmäßig kein praktisches Bedürfnis bestehen (vgl BGHZ 3, 238, 241; Kobl NJW-RR 89, 505, 506). Im Gegensatz zur Vollmacht ermächtigt die Anweisung den Empfänger die Leistung im eigenen Namen beim Angewiesenen zu erheben.
C. Zugrunde liegende Rechtsverhältnisse.
I. Valuta- und Deckungsverhältnis.
Rn 4
Kommt der Angewiesene der Aufforderung des Anweisenden nach, eine Zuwendung an den Dritten als Anweisungsempfänger zu erbringen, werden zwei Leistungen erbracht: Im Valutaverhältnis eine Leistung des Anweisenden an den Anweisungsempfänger und im Deckungsverhältnis eine Leistung des Angewiesenen an den Anweisenden (Simultanleistung). In dem zwischen Anweisendem und Anweisungsempfänger bestehenden Valutaverhältnis kann die Anweisung ein Schuldverhältnis (zB Darlehen, Schenkung) begründen oder der Tilgung einer bereits bestehenden Schuld dienen. Rechtlich liegt eine Leistung des Anweisenden vor. Der Rechtsgrund der Leistung iSd § 812 ergibt sich aus dem Zuwendungsverhältnis.
Rn 5
Dem Deckungsverhältnis zwischen Anweisendem und Angewiesenen kann ein Auftrag oder ein Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675) zugrunde liegen. Es kann den Angewiesenen zur Annahme der Anweisung (§ 784 I) und zur Leistung an den Anweisungsempfänger verpflichten. Ist der Angewiesene Schuldner des Anweisenden, wirkt die Leistung an den Anweisungsempfänger schuldbefreiend (§ 787). Rechtlich liegt eine Leistung des Angewiesenen an den Anweisenden vor. Der Angewiesene kann durch die Leistung auch Gläubiger des Anweisenden werden (Anweisung auf Kredit), wenn er etwa einen Aufwandsersatzanspruch gegen den Anweisenden hat (§ 670).
Rn 6
Zwischen Angewiesenem und Anweisungsempfänger besteht kein Schuldverhältnis. Ein solches wird auch nicht durch die Aushändigung der Anweisung begründet, sondern erst durch die Annahme der Anweisung, die eine abstrakte Verpflichtung des Angewiesenen ggü dem Anweisungsempfänger entstehen lässt, und durch die Leistung der angewiesenen Sachen an den Anweisungsempfänger.
II. Unabhängigkeit der Grundverhältnisse.
Rn 7
Die Anweisung ist ein abstraktes Rechtsgeschäft, dh ihre Wirksamkeit hängt nicht vom Deckungs- oder Valutaverhältnis und deren Wirksamkeit ab. Allerdings können Mängel in den Grundverhältnissen bereicherungsrechtliche Ausgleichsansprüche (§§ 812 ff) in Bezug auf diejenigen Leistungen auslösen, die in Vollzug der Anweisung erbracht wurden. Bei mangelhaftem Valutaverhältnis hat der Anweisende einen Bereicherungsanspruch gegen den Anweisungsempfänger. Ist das Deckungsverhältnis mangelhaft, steht die Kondiktion dem Angewie...