1. Allgemeines.
Rn 36
§ 818 IV führt über den Verweis auf die ›allg Vorschriften‹ zu einer verschärften Haftung des Bereicherungsschuldners vom Zeitpunkt der Rechtshängigkeit an. Dies deshalb, weil er jedenfalls ab diesem Zeitpunkt damit rechnen muss, ohne Rechtsgrund erworben zu haben. Dieser Grundgedanke setzt sich fort in der Vorschrift des § 819 I, wonach die verschärfte Haftung des § 818 IV bereits greift, sobald der Bereicherungsschuldner das Fehlen des rechtlichen Grundes kennt (iE s dort). §§ 819 II, 820 ergänzen dieses Haftungssystem für die dort geregelten Sonderfälle.
2. Rechtshängigkeit.
Rn 37
Der Eintritt der Rechtshängigkeit iSd § 818 IV setzt grds die Erhebung einer auf Herausgabe des Erlangten oder Zahlung von Wertersatz gerichteten Leistungsklage voraus (für Rückforderung überzahlten Unterhalts BGH NJW 08, 3213, 3220 Rz 71); die Erhebung einer Feststellungs- oder Abänderungsklage reicht nicht (BGHZ 118, 383 – Feststellungsklage; BGH LM Nr. 9 zu § 818 IV – Abänderungsklage), wohl aber die hilfsweise Geltendmachung (Grüneberg/Sprau § 818 Rz 51). Wann der Bereicherungsanspruch rechtshängig geworden ist, ergibt sich aus §§ 261 I, 253 I unter Berücksichtigung der für das Mahnverfahren geltenden Fiktion in § 696 III ZPO.
3. Rechtsfolgen.
a) Ausschluss des Entreicherungseinwandes.
Rn 38
Die Haftungsverschärfung gem § 818 IV bewirkt, dass der Bereicherungsschuldner sich ab dem Eintritt der Rechtshängigkeit für eine danach eintretende Veränderung der Verhältnisse nicht mehr mit Erfolg auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann. Der Entreicherungseinwand verbleibt ihm indes, wenn die Ursache für die nach Rechtshängigkeit eingetretene Entreicherung bereits vor Rechtshängigkeit gesetzt war (BGHZ 132, 198, 213; AnwK/Linke § 818 Rz 86). Die Berufung auf den Wegfall der Bereicherung wird zunehmend auch dem bösgläubigen Bereicherungsschuldner zugestanden (BGHZ 132, 198, 213). Dem kann nicht gefolgt werden.
b) Allg Vorschriften.
Rn 39
Der Verweis auf die ›allg Vorschriften‹ führt zunächst zu §§ 291, 292. Der Bereicherungsgläubiger kann also gem §§ 291, 288 I für den Zeitraum ab Rechtshängigkeit gesetzliche Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (§ 247) auf seine Geldforderung beanspruchen; §§ 352, 353 HGB und 288 II (str) sollen indes außer Betracht bleiben (Erman/Westermann/Buck § 818 Rz 52). Eine Kumulation von Nutzungsersatz und Prozesszinsen scheidet aus (BGH NJW 19, 2851 [BGH 12.04.2019 - V ZR 341/17]). Über § 292 finden die Vorschriften des EBV Anwendung, so dass der Bereicherungsschuldner ab Rechtshängigkeit (beachte aber § 819 I) dafür verantwortlich ist, wenn infolge eines von ihm zu vertretenden Umstandes der Bereicherungsgegenstand verschlechtert wird, untergeht oder aus einem anderen Grund von ihm nicht mehr herausgegeben werden kann – §§ 989, 990. Er muss nun nicht nur tatsächlich gezogene Nutzungen herausgeben, sondern auch schuldhaft nicht gezogene Nutzungen ersetzen (§ 987). Ersatz für Aufwendungen gem §§ 994 II, 995 erhält er nur noch nach den Vorschriften der GoA und nur noch für notwendige Verwendungen (vgl § 996). Außerhalb des Regelungsbereichs der vorrangigen Spezialvorschriften des EBV finden über § 292 die allg Vorschriften des Schuldrechts Anwendung. Dazu gehören nach zutreffender Auffassung auch § 285 (BGHZ 245, 203, 206f) und die Vorschriften zum Schuldnerverzug in §§ 286 f (Grüneberg/Sprau § 818 Rz 54; HP/Wendehorst § 818 Rz 85 f mwN). Allerdings ist insoweit zu beachten, dass Verzug Verschulden voraussetzt, welches bei einem entschuldbaren Rechtsirrtum über die Herausgabepflicht fehlen kann (Staud/Lorenz § 818 Rz 51). Demgegenüber gerät der Bereicherungsschuldner iRd § 818 IV wegen § 286 I 2 auch ohne Mahnung in Verzug, der es demgegenüber in den Fällen des § 819 I grds bedarf. Die Sondernorm des § 818 IV tritt neben die Regelung der §§ 818 I und II und setzt diese nicht außer Kraft, sondern will nur die Berufung auf eine Entreicherung nach § 818 III verhindern (BGHZ 132, 198, 213; aA J. Prütting AcP 216, 459).