Prof. Dr. Martin Schöpflin
Gesetzestext
(1) Die Verfassung der Stiftung wird, soweit sie nicht auf Bundes- oder Landesgesetz beruht, durch das Stiftungsgeschäft und insbesondere die Satzung bestimmt.
(2) Die Stiftungsorgane haben bei ihrer Tätigkeit für die Stiftung und die zuständigen Behörden haben bei der Aufsicht über die Stiftung den bei der Errichtung der Stiftung zum Ausdruck gekommenen Willen, hilfsweise den mutmaßlichen Willen des Stifters zu beachten.
A. Verfassung.
Rn 1
Abs I entspricht im Wesentlichen § 85 aF und stellt klar, dass die Verfassung (= rechtliche Grundordnung), soweit sie nicht auf §§ 80–88 und den Landesstiftungsgesetzen beruht, durch das Stiftungsgeschäft und die jew gültige Satzung bestimmt wird (RegE BTDrs 19/28173, 52). Das Stiftungsgeschäft legt die Satzung als Teil der Stiftungsverfassung fest.
Rn 2
Für die Auslegung ist der tataächliche Stifterwille (also § 133 bei Unanwendbarkeit des § 157 mangels schutzbedürftigen Empfängers, BoKoStiftR/Heuel Rz 26) maßgebend (Köln npoR 18, 169). Die Satzungsauslegung ist revisibel (BGH NJW 94, 184f). Der Stifter kann die Auslegung auf ein Stiftungsorgan oder die Aufsichtsbehörde übertragen (Grüneberg/Ellenberger Rz 2).
B. Maßgeblichkeit des Stifterwillens.
Rn 3
Abs 2 enthält mit dem Primat des Stifterwillens das oberste Prinzip des Stiftungsrechts (Lorenz/Mehren DStR 21, 1774, 1775), wobei im Zweifel davon auszugehen ist, dass der Stifter zumindest eine behutsame Fortentwicklung der Stiftung(-ssatzung) gewollt hat, damit die Stiftung auf Dauer in sich wandelnden Verhältnissen existieren kann (Schauhoff/Mehren/Schauhoff Kap 1 Rz 14, 16). Der Stifterwille ist va für Satzungsänderungen und bei Zulegungen und Zusammenlegungen von Stiftungen zu berücksichtigen (RegE BTDrs 19/28173, 52).
Rn 4
Der tatsächliche Stifterwille ist aus dem Stiftungsgeschäft einschließlich der Satzung zu entnehmen, wobei auch weitere Dokumente (RegE BTDrs 19/28173, 52), wie zB ein Memorandum herangezogen werden können, und zwar auch, wenn sie nach der Stiftungserrichtung erstellt wurden – sofern sie nur einen Rückschluss auf den Willen des Stifters bei der Stiftungserrichtung zulassen (BoKoStiftR/Heuel Rz 16f). Mangels Feststellbarkeit eines ausdrücklichen Stifterwillens ist der mutmaßliche Wille heranzuziehen. Dieser entspricht nach der Vorstellung des Gesetzgebers dem Interesse der Stiftung (RegE BTDrs 19/28173, 52; krit BoKoStiftR/Heuel Rz 23, der darauf abstellen will, wie der Stiftungszweck am effektivsten verwirklicht werden kann).