a) Tier.
Rn 2
§ 833 erfasst grds alle Tiere. Str ist die Tiereigenschaft von Kleinstlebewesen und laborgezüchteten Mikroorganismen. Auch wenn von ihnen Gefahren ausgehen, die anderen von § 833 erfassten Tiergefahren – etwa der durch einen Insektenschwarm verursachten – vergleichbar sind (zB Ausscheiden von Giften, Verursachen von Krankheiten), spricht gegen ihre Einbeziehung, dass Mikroorganismen weder biologisch noch umgangssprachlich als Tiere angesehen werden (s insb Staud/Eberl-Borges § 833 Rz 11 ff mwN) und den von ihnen ausgehenden Gefahren durch Spezialregelungen (insb durch das GenTG und das InfSchG – Letzteres ggf iVm § 823 II) begegnet werden kann und soll. Daher werden diese Lebewesen nicht von § 833 erfasst (so auch zB Staud/Eberl-Borges § 833 Rz 22; Soergel/Krause § 833 Rz 3; Larenz/Canaris § 84 II 1a; Abeltshauser JuS 91, 366 ff; Heldrich OdW 15, 155, 156; Mayrhofer Außervertragliche Haftung für fremde Autonomie 23, 113 f; aA zB Erman/Wilhelmi § 833 Rz 2; Deutsch NJW 76, 1137 f; 90, 751 f; Dördelmann VersR 18, 1234, 1239 f: analoge Anwendung des § 833 1), Viren dürften dann erst recht nicht unter die Tierhalterhaftung fallen. Herrenloses Wild wird von der Definition des Tieres zwar erfasst, aber hier fehlt es an einem haftpflichtigen Tierhalter, so dass § 833 iE nicht greift (s Rebler MDR 12, 1204, 1205).
b) Rechtsgutsverletzung.
Rn 3
Als verletzte Rechtsgüter kommen Leben, Körper und Gesundheit eines Menschen sowie Sachen (auch andere Tiere, § 90a, BGH NJW 18, 3439 [BGH 24.04.2018 - VI ZR 25/17] Rz 9 mwN) in Betracht.
c) Haftungsbegründende Kausalität.
Rn 4
Die Rechtsgutsverletzung muss durch das Tier verursacht worden sein. Entscheidend ist, dass sich in ihr eine spezifische Tiergefahr verwirklicht hat. Deren Konkretisierung ist str: An die Stelle der früheren Unterscheidung zwischen willkürlichem und natürlichem Tierverhalten (zB RGZ 80, 237, 238 f; BGH NJW 75, 867, 868; wN: BGH NJW-RR 06, 813 Rz 7) ist in der neueren Rspr das Kriterium der Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens getreten (zB BGHZ 67, 129, 132; NJW-RR 06, 813 Rz 7; NJW 15, 1824 Rz 12 mwN; NJW-RR 17, 725 Rz 9; NJW 18, 2329 Rz 9; VersR 22, 897 Rz 9, 11), das in der Lit teilw als unbrauchbar abgelehnt wird (zB Soergel/Krause § 833 Rz 6; Erman/Wilhelmi § 833 Rz 4; NK-BGB/Katzenmeier § 833 Rz 5; Larenz/Canaris § 84 II 1c mwN; für negative Typenkorrektur Lehmann/Auer VersR 11, 846 ff). Weil § 833 nur für diejenigen Verhaltensweisen nicht gilt, in denen sich keine spezifische Tiergefahr verwirklicht, werden auch natürliche bzw instinktive Verhaltensweisen von Tieren, die als solche nicht unvorhersehbar sind, von § 833 erfasst, zB das Scheuen eines Pferdes bei Herannahen eines Kraftfahrzeugs (Celle RuS 16, 363, 365) oder durch einen überfliegenden Tornado (Celle r+s 23, 45), natürliche Ausscheidungen (Karlsr VersR 95, 927, 928; Bambg NJW-RR 21, 815, 815 f; LG Dessau-Roßlau NZM 13, 50: Reinigungsflug von Bienen; Staud/Eberl-Borges § 833 Rz 64; BeckOK/Spindler § 833 Rz 8; Erman/Wilhelmi § 833 Rz 4; anders noch RGZ 141, 406, 407), das Schlafen eines Hundes in einem Ladeneingang (Hamm MDR 13, 908 [BGH 08.05.2013 - IV ZR 233/11]) oder der Deckakt (Staud/Eberl-Borges § 833 Rz 65; BeckOK/Spindler aaO; Erman/Wilhelmi aaO; aA Nürnbg VersR 70, 1059, 1060 mwN; s.a. BGHZ 67, 129, 130 ff). Vom Anwendungsbereich des § 833 1 auszunehmen sind daher – neben den Fällen, in denen ein Zusammenhang der Rechtsgutsverletzung mit tierischem Verhalten überhaupt nicht nachweisbar ist (zB AG Aachen NJW-RR 07, 907 [AG Aachen 30.11.2006 - 5 C 511/06]) – mit einer im Vordringen befindlichen Ansicht in der Lit nur diejenigen Fälle, in denen kein selbsttätiges Verhalten des Tieres mehr vorliegt (Staud/Eberl-Borges § 833 Rz 40 ff mwN), zB bei bloß ›mechanischer Wirkung‹ des Tieres (als menschliches Werkzeug oder ausschließlich aufgrund seiner Größe oder seines Gewichts, s BGH VersR 78, 515 f zum Verkehrsunfall eines Tiertransporters). Alle anderen Fälle eigenständigen tierischen Verhaltens werden von § 833 1 erfasst; auf Vorhersehbarkeit oder Anlass (zB Auslösung durch äußere Umstände wie laute Geräusche, Kobl NJW-RR 02, 1542) oder mögliche Fehler einer menschlichen Steuerung des Tieres (teilw str, s.u. Rn 5) kommt es nicht an.
Rn 5
Auch iÜ wird das Kausalitätserfordernis weit ausgelegt. Erfasst werden auch Fälle der Mitursächlichkeit (BGH NJW-RR 06, 813 Rz 7; NJW 15, 1824 Rz 12 f; VersR 22, 897 Rz 9, alle mwN) sowie mittelbar durch die Tiergefahr herbeigeführte Rechtsgutsverletzungen, zB solche aufgrund Ausweichens vor einem Tier (zB Nürnbg NJW-RR 91, 741 f; Ddorf NJW-RR 95, 281; Köln VersR 99, 1293, 1294; Zweibr BeckRS 20, 30069; ähnl Frankf 4 U 249/21), infolge von Schreckreaktionen (BGH NJW 99, 3119; Brandbg DAR 08, 647) oder infolge eines Gerangels zwischen Tieren mit unklarer Verursachung der Verletzung (Köln r+s 19, 288, 289 – sehr weitgehend; ähnl Kobl BeckRS 19, 43483, wo darauf abgestellt wird, dass der Hund des Bekl das Getümmel ausgelöst hatte; Hamm BeckRS 19, 33850; VersR 23, 1054, 1055 f; Celle VersR 23, 986, 986). Die f...