Gesetzestext
1Im Falle der Tötung, der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit sowie im Falle der Freiheitsentziehung hat der Ersatzpflichtige, wenn der Verletzte kraft Gesetzes einem Dritten zur Leistung von Diensten in dessen Hauswesen oder Gewerbe verpflichtet war, dem Dritten für die entgehenden Dienste durch Entrichtung einer Geldrente Ersatz zu leisten. 2Die Vorschrift des § 843 Abs. 2 bis 4 findet entsprechende Anwendung.
A. Funktion.
Rn 1
Bei Tötung erfasst § 844 II nur einen Ersatz für den gesetzlich geschuldeten Unterhalt. Dagegen bleiben gesetzlich geschuldete Dienste, die nicht zum Unterhalt gehören, dort außer Betracht. Diese Lücke schließt § 845. Die Pflicht der Ehefrau zur Führung des gemeinsamen Haushalts (§ 1356 aF) hat das 1. EheRG 1977 als Beitrag zum Familienunterhalt eingeordnet (§ 1360). Daher fällt bei Tötung eines Ehegatten der Ersatzanspruch des überlebenden unter § 844 II; bei bloßer Verletzung hat der Verletzte selbst Ansprüche aus § 843. Die Bedeutung von § 845 ist dadurch stark zurückgegangen.
B. Der verbleibende Anwendungsbereich.
Rn 2
Keine von § 845 erfasste Dienstleistungspflicht enthält § 1618a (Bambg NJW 85, 2724 [OLG Bamberg 03.01.1984 - 5 U 126/83]). Auch vertraglich geschuldete Dienste (zB als Gesellschafter) und ohne Rechtspflicht erbrachte Dienstleistungen fallen nicht unter § 845.
Rn 3
Es verbleiben die Dienstleistungspflicht der im elterlichen Hausstand lebenden Kinder nach § 1619 (S 1619; BGHZ 77, 157, 164; 137, 1). Eine solche Pflicht wird indes verneint, wenn das Kind seine volle Arbeitskraft anderweit für eine entgeltliche Erwerbstätigkeit einsetzt (BGHZ 137, 1 aaO, str); dem Schädiger steht der Nachweis offen, dass das Kind sich von einem bestimmten Zeitpunkt an zu einer (den § 1619 ausschließenden) zumutbaren Erwerbstätigkeit entschlossen hätte (krit Müko/Wagner Rz 11). Entsprechend ist der Anspruch subsidiär ggü eigenen Ansprüchen des Kindes aus §§ 842, 843 (BGH NJW 1978, 159, 160; BGHZ 69, 380, 385). Im Zeitpunkt der Schädigung muss eine Dienstpflicht bestanden haben (Wortlaut); nicht erforderlich ist aber, dass der Verpflichtete bereits Dienste geleistet hat. Es genügt das Bestehen eines Rechtsverhältnisses, aus dem sich in absehbarer Zeit eine Dienstpflicht ergeben hätte (Staud/Röthel Rz 10). Wenn Eltern und Kind zwar in dem von § 1619 geforderten Verhältnis zueinander stehen, die Dienste des Kindes aber nicht in Erfüllung der familienrechtlichen Verpflichtung aus § 1619, sondern aufgrund eines (dienst-, arbeits- oder gesellschafts-) vertraglichen Verhältnisses geleistet werden, gilt § 845 nicht. Es hängt im Einzelfall von dem ›feststellbaren Willen der Beteiligten‹ ab, ob wegen vertraglicher oder familienrechtlicher Verpflichtung geleistet wird (BGH VersR 1991, 428, 429).
C. Die Geldrente.
Rn 4
Für sie gelten nach 2 ebenso wie bei § 844 (§ 844 Rn 12) die II–IV von § 843. Die Höhe der Rente bemisst sich nach dem Wert der entgehenden Dienste auf dem Arbeitsmarkt (BGH VersR 1952, 432, 433; BGH NJW 1953, 97, 98). Die Rente ist bis zum Auszug aus dem elterlichen Haushalt zu zahlen. Hierbei spricht ein Anscheinsbeweis für einen Auszug (erst) zum 18. Lebensjahr (Saarbrücken VersR 1989, 757), weitergehende Ersatzansprüche setzen voraus, dass den Eltern der Nachweis längeren Verbleibens im elterlichen Haushalt gelingt (Karlsruhe VersR 1988, 1128). Dass die Eltern ihrerseits im Falle der Tötung des Kindes Unterhaltsleistungen an das Kind ersparen, führt nicht zu einer Vorteilsausgleichung, weil der familienrechtliche Kindesunterhalt nicht in unmittelbarem wechselseitigen Zusammenhang mit der Dienstpflicht steht (str).