Gesetzestext
(1) 1Der Eigentümer eines Grundstücks kann verlangen, dass auf den Nachbargrundstücken nicht Anlagen hergestellt oder gehalten werden, von denen mit Sicherheit vorauszusehen ist, dass ihr Bestand oder ihre Benutzung eine unzulässige Einwirkung auf sein Grundstück zur Folge hat. 2Genügt eine Anlage den landesgesetzlichen Vorschriften, die einen bestimmten Abstand von der Grenze oder sonstige Schutzmaßregeln vorschreiben, so kann die Beseitigung der Anlage erst verlangt werden, wenn die unzulässige Einwirkung tatsächlich hervortritt.
(2) Bäume und Sträucher gehören nicht zu den Anlagen im Sinne dieser Vorschriften.
A. Allgemeines.
Rn 1
Die Vorschrift enthält eine selbstständige Anspruchsgrundlage, die für den speziellen Fall der Eigentumsbeeinträchtigung durch Anlagen auf dem Nachbargrundstück neben dem allg Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch aus § 1004 I besteht. Beide Ansprüche sind auf unterschiedliche Rechtsfolgen gerichtet. Nach § 907 kann bereits die Errichtung einer Anlage untersagt und die Beseitigung einer bestehenden Anlage verlangt werden; § 1004 I gibt dem Beeinträchtigten lediglich das Recht, die Unterlassung der störenden Benutzung einer Anlage zu verlangen. Somit geht der Anspruch aus § 907 weiter als der aus § 1004 I.
Rn 2
Der Eigentümer des Grundstücks, auf dem die Anlage errichtet werden soll oder auf dem sie sich befindet, wird durch § 907 in seinen sich aus § 903 ergebenden positiven Eigentümerbefugnissen (§ 903 Rn 2) beschränkt, indem ihm unter bestimmten Voraussetzungen die beliebige Nutzung seines Grundstücks verboten wird.
B. Anspruchsinhaber und Anspruchsgegner.
I. Anspruchsinhaber.
Rn 3
Der Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch aus I steht dem Eigentümer des Grundstücks zu, welches durch die Anlage in unzulässiger Weise beeinträchtigt wird. Daneben sind alle dinglich Berechtigten anspruchsberechtigt, denen die Eigentumsansprüche in entspr Anwendung zustehen; das sind der Nießbraucher (§ 1065), der Berechtigte einer Grunddienstbarkeit (§ 1027) und einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (§§ 1090 II, 1027) sowie der Erbbauberechtigte (§ 11 ErbbauRG).
Rn 4
Obligatorisch Berechtigte, denen ein dem Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch nach § 1004 I gleichartiger Anspruch zusteht, können ebenfalls die Ansprüche aus § 907 geltend machen; das sind der Mieter und der Pächter eines Grundstücks, weil sie gegen Störungen ihres Besitzes nach § 862 I vorgehen können (MüKo/Brückner Rz 23). Die entspr Anwendung der Vorschrift auf diesen Personenkreis führt zu dem notwendigen Gleichlauf mit dem nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch nach § 906 II 2 (dazu § 906 Rn 33 ff). Es gibt keine Rechtfertigung dafür, dem Mieter und dem Pächter den Ausgleichsanspruch zuzubilligen (BGHZ 157, 188, 190), nicht aber die Ansprüche aus § 907.
II. Anspruchsgegner.
Rn 5
Nach dem Wortlaut des Gesetzes richtet sich der Anspruch gegen denjenigen, der eine Anlage herstellen will oder der eine bereits errichtete Anlage hält. Beides wird von dem Störerbegriff des § 1004 umfasst. In erster Linie sind der Eigentümer des Grundstücks, auf welchem die Anlage errichtet werden soll oder errichtet wurde, und der Eigentümer der Anlage – ohne Rücksicht darauf, wer sie errichtet hat – anspruchsverpflichtet. Daneben kommen auch die an dem Grundstück dinglich (Nießbraucher, Dienstbarkeitsberechtigte, Erbbauberechtigte) oder obligatorisch Berechtigten (Mieter, Pächter) als Anspruchsgegner in Betracht. Fallen das Eigentum an der Anlage und das Recht zu ihrer Nutzung auseinander, richten sich sowohl der Unterlassungs- als auch der Beseitigungsanspruch gegen den Nutzer, wenn er Handlungsstörer ist. Geht es um die Haftung des Zustandsstörers, ist Anspruchsgegner derjenige, der für den ordnungsgemäßen Zustand der Anlage verantwortlich ist; das kann entweder ihr Eigentümer oder ihr Nutzer sein.
Rn 6
Wird eine störende Anlage von niemandem mehr genutzt, kommt nur der Eigentümer des Grundstücks, auf welchem sie sich befindet, als Anspruchsgegner in Betracht. Wer sie hergestellt hat, ist in diesem Fall für die Anspruchsverpflichtung unerheblich.
C. Anspruchsvoraussetzungen.
I. Anlage.
Rn 7
Anlagen sind von Menschenhand künstlich geschaffene Werke von gewisser Selbstständigkeit und Dauer (BGH BB 65, 1125). Nicht erforderlich ist, dass die Anlagen für einen bestimmten Zweck benutzt werden. Der Anlagenbegriff erfasst in erster Linie Bauwerke wie Gebäude und Gebäudeteile, aber auch zB Gartenteiche (BGHZ 120, 239, 250), Erdaufschüttungen und eine Vielzahl beweglicher Sachen, wenn sie zur dauerhaften Lagerung aufgeschichtet wurden.
Rn 8
Nicht zu den Anlagen iSd Vorschrift gehören die natürliche Bodenbeschaffenheit wie zB ein Felshang (RGZ 134, 231, 234f), Bodenvertiefungen iSd § 909, einzelne bewegliche Sachen wie Baumaterialien (BGH DB 69, 920, 921) und alles, was nicht von Menschenhand, sondern von Naturgewalten (zB Erdbeben) geschaffen wurde.
Rn 9
Nach der ausdrücklichen Regelung in II gehören Bäume und Sträucher nicht zu den Anlagen iSd Vorschrift. Die durch sie hervorgerufenen Einwirkungen auf benachbarte Grundstücke fallen unter §§ 910, 911, 923.
II. Nachbargrundstücke.
Rn 10
Nicht nur unmittelbar an da...