Prof. Dr. Moritz Brinkmann
Rn 15
Die so beschriebene negative Abschlussfreiheit setzt voraus, dass die Rechtsordnung einen zwischen zwei Parteien geschlossenen Vertrag als wirksam anerkennt (positive Abschlussfreiheit, Staud/Bork Vor zu §§ 145–156 Rz 13). Im engsten persönlichen Freiheitsbereich versagt das Recht allerdings diese Anerkennung, da diese Sphäre einer (vertraglichen) Selbstbindung nicht zugänglich ist. Daher kann etwa nicht wirksam auf das Recht verzichtet werden, Vaterschaftsanfechtungsklage zu erheben (BGHZ 87, 169, 174 = NJW 83, 2073; BGHZ 129, 297, 301 = NJW 95, 2028, 2030). Zur fehlenden Rechtsverbindlichkeit einer Verabredung über die Einnahme empfängnisverhütender Mittel BGHZ 97, 372, 378 = NJW 86, 2043; Medicus/Petersen BürgR Rz 372a.
Rn 16
Grds umfasst die Abschlussfreiheit auch die Möglichkeit, sich seiner Freiheit, Verträge zu schließen, (partiell) zu entäußern. In dem Sinn, dass man sich vertraglich zu einem Vertragsabschluss verpflichten kann, ist dies unproblematisch, wie schon das Beispiel des Vorvertrags zeigt (Rn 27). Auch die vertragliche Verpflichtung, nicht mit einem Dritten zu kontrahieren, ist wirksam, führt allerdings nicht zur Unwirksamkeit des abredewidrig geschlossenen Vertrages, sondern selbst im Fall von vertraglichen Verfügungsverboten gem § 137 lediglich zu Schadensersatzansprüchen. Umstr ist die Beurteilung von Vereinbarungen, mit denen sich die Parteien verpflichten, in Zukunft keine vertragliche Bindung miteinander einzugehen (Wagner von Papp AcP 205, 342 ff). Spricht man solchen Abreden Wirksamkeit zu, so bewirken sie für die Folgezeit einen partiellen Verlust der positiven Abschlussfreiheit. Spricht man sich hingegen für die Unwirksamkeit oder freie Aufhebbarkeit aus, so negiert man die positive Abschlussfreiheit im Ausgangszeitpunkt. Relevant wird dieses Freiheitsparadoxon unter anderem bei der Frage der Wirksamkeit von Eigensperren in Spielbanken. Diese Eigensperren werden von der hM als Rechtsgeschäfte gedeutet, mit denen die Spielbank eine Pflicht übernimmt, künftiges Spielen des gesperrten Spielers zu unterbinden. Entgegen dieser Verpflichtung geschlossene Spielverträge sind jedoch nicht unwirksam, es entsteht lediglich ein Schadensersatzanspruch des Spielers aus § 280 I hinsichtlich etwaiger Verluste (BGHZ 174, 255 = NJW 08, 840; BGHZ 165, 267 = NJW 06, 362 = JZ 06, 468 m Anm Wagner-von Papp; aA Schulze FS Jayme, 1577). Das Problem der Selbstbeschränkung der Privatautonomie stellt sich in ähnlicher Weise bei rechtsgeschäftlichen Absprachen über die Formbedürftigkeit von Vertragsänderungen (§ 125 Rn 24).