Rn 10
Teil B der VOB (ebenso die VOL) enthält Vertragsbedingungen, die auf die Besonderheiten der zu erbringenden Leistung abgestimmt sind und einen (im Wesentlichen) ausgewogenen Ausgleich der Beteiligteninteressen gewährleisten (BGHZ 86, 135). Sie bezieht sich grds nur auf Bauleistungen, so dass die in einem Generalunternehmervertrag zusätzlich übernommenen Architekten- und Ingenieurleistungen nicht erfasst sein sollen (BGH NJW 88, 142; Hamm BauR 90, 104; zur Geltung für das Bauträgergeschäft: Werner/Pastor Rz 1257 mwN). Allerdings ist die VOB/B weder Rechtsnorm noch Ausfluss einer Verkehrssitte oder eines Handelsbrauchs, sondern AGB (krit dazu: Leupertz, Jahrbuch Baurecht 04, 43 ff). Als solche unterliegt sie den in §§ 305 ff niedergelegten Wirksamkeitsvoraussetzungen. Das führt dazu, dass sie unter den sich aus § 305 I, II ergebenden Voraussetzungen wirksam in den Vertrag einbezogen werden muss (vgl aber die Sonderregelungen in § 310 I bei Verwendung ggü Unternehmern oder der öffentlichen Hand – BGH WM 91, 459 [BGH 06.12.1990 - I ZR 138/89]). Voraussetzung hierfür ist zunächst eine entspr rechtsgeschäftliche Vereinbarung der Parteien. Darüber hinaus müssen Verbraucher in angemessener Weise Gelegenheit zur Kenntnisnahme des vollständigen VOB-Textes erhalten (BGHZ 109, 192; BauR 91, 328; für Notarverträge: BGH BauR 92, 503), was regelmäßig durch Einbindung in den Vertragstext oder durch gesonderte Aushändigung eines Text-Exemplars geschehen sollte. Ggü im Baurecht bewanderten Vertragspartnern genügt demggü der bloße Verweis auf ihre Geltung (BGH BauR 99, 1186; BGHZ 86, 135). Ebenso, wenn der Auftraggeber durch einen Architekten oder einen anderen Baufachmann rechtsgeschäftlich vertreten/beraten wird (Hamm NJW-RR 91, 277 [OLG Hamm 17.01.1990 - 26 U 112/89] – Architekt; Ddorf BauR 93, 508 – Treuhänder). Vertragsinhalt wird, sofern die Vertragsparteien keine andere Vereinbarung getroffen oder die (nach Köln BauR 05, 765 unklare) Formulierung ›in der jeweils gültigen Fassung‹ verwendet haben, die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses veröffentlichte aktuelle Fassung. Allerdings ist insoweit auch eine nachträgliche Parteivereinbarung möglich (BGH NJW 99, 3261 [BGH 08.07.1999 - VII ZR 237/98]). Umstr ist, ob dabei der Zeitpunkt der ›Veröffentlichung‹ mit dem Tag des Abdrucks im Bundesanzeiger ein früherer (so Köln IBR 05, 128 [BGH 09.12.2004 - VII ZR 357/03] mit Anm Putzier) oder ggf ein späterer (Verbindlichkeitserklärung) maßgebend ist. Hinsichtlich eines Fassungswechsels während der Vertragsverhandlungen ist auf die allg Regeln zum Vertragsschluss und der Vertragsauslegung abzustellen (Kobl NJW-RR 99, 748 [LG Koblenz 18.06.1998 - 5 U 1678/97]). Im Prozess ist vAw zu überprüfen, ob die sich so ergebenden Anforderungen an eine wirksame Einbeziehung erfüllt sind. Die Parteien obliegt es mithin, hierzu nachprüfbar vorzutragen (Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher/Jurgeleit 2. Teil Rz 281).
Rn 11
Seit Jahren wird unter dem Schlagwort ›Gesamtprivilegierung der VOB/B‹ str diskutiert, ob und wenn ja, inwieweit die Bestimmungen der VOB/B einer isolierten Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff entzogen sind. Die ältere Rspr sah die VOB/B unter der Geltung des alten Schuldrechts und anknüpfend an § 23 II Nr 5 AGBG aF ohne Weiteres als insgesamt privilegiert an, und zwar selbst dann, wenn die Vertragsparteien einzelne Regelungen der VOB/B im Vertrag abgeändert hatten, soweit darin kein Eingriff in den Kernbereich der VOB/B lag (grdl: BGH BauR 83, 161; zuletzt: BauR 03, 380). Diese sog ›Kernbereichsrechtsprechung‹ hat der BGH im Jahr 2004 mit dem Ergebnis aufgegeben, dass nur noch bei Vereinbarung der VOB/B ohne jede Abänderung (›als Ganzes‹) eine Gesamtprivilegierung überhaupt in Betracht kommt (BGH NJW 04, 1597 = BauR 04, 668). Dahinter steht die Annahme, bei der VOB/B handele es sich (nur) in ihrer Gesamtheit um ein ausgewogenes, die Interessen von Unternehmern und Bestellern gleichermaßen angemessen berücksichtigendes Regelwerk. Dieses Ausgewogenheitspostulat greift nach der jüngsten Rspr des BGH jedenfalls dann nicht, wenn der Vertragspartner des Verwenders ein Verbraucher ist (BGH BauR 08, 1603). Bei Verwendung der VOB/B ggü Verbrauchern unterliegen ihre einzelnen Klauseln mithin auch dann der nach §§ 307 ff vorzunehmenden Inhaltskontrolle, wenn sie als Ganzes ohne jede Änderung vereinbart ist. Mit Rücksicht auf diese Rspr hat der DVA erstmals in Fn 8 der VOB/B Ausgabe 2009 hervorgehoben, dass er die VOB/B ausschließlich zur Anwendung ggü Unternehmen, juristischen Personen des Öffentlichen Rechts und öffentlich-rechtlichen Sondervermögens empfiehlt. Diese Entwicklung korrespondiert mit der durch das Inkrafttreten des FoSiG (Rn 24) seit dem 1.1.09 bestehenden Rechtslage, wonach die singulären Ausnahmetatbestände der §§ 308 Nr 5 und 309 Nr 8b ff entfallen und gem § 310 I 3 nF die Klauseln der als Ganzes in den Vertrag einbezogenen VOB/B in ihrer jeweils gültigen Fassung (mit verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine solche dynamische...