Prof. Dr. Juliana Mörsdorf
Rn 3
Da es sich nicht um eine Kollisions-, sondern um eine Sachnorm deutschen Namensrechts handelt (›kollisionsrechtsbezogene Regelung des materiellen Namensrechts‹, Mäsch IPRax 08, 17), ist die Regelung nicht in das zweite Kapitel des EGBGB (IPR) eingestellt, sondern in einem neu geschaffenen dritten Kapitel angehängt worden. Die Überschrift ›Angleichung‹ trägt das Kapitel nach der im Personenstandsrecht vor Einführung des Art 47 für entspr Erklärungen des Namensträgers üblichen Bezeichnung (vgl zB BayObLG StAZ 99, 74; 98, 284; dazu Rn 4), die sich nicht ganz mit dem kollisionsrechtlichen Angleichungs- oder Anpassungsbegriff (Art 3 EGBGB Rn 60) deckt. Treffender wäre die Bezeichnung als Transposition (dazu Art 3 EGBGB Rn 41, Rn 50; aA wohl Staud/Hepting Art 10 Rz 142, 146 und passim; ähnl wie hier aber ders aaO Rz 147 und 153 aE und wohl Henrich StAZ 07, 200 passim). Denn der unter ausl Recht gebildete Name muss in das deutsche Folgestatut, das ihn wegen des Grundsatzes der Namenskontinuität als wohlerworbenes Recht übernimmt (Art 10 EGBGB Rn 12), ›übersetzt‹ werden. Ähnl wie im deutschen Sachenrecht der numerus clausus stellt im deutschen Namensrecht die Aufgliederung in Vor- und Nachnamen eine Art des Typenzwangs dar, der bei der Übernahme fremder Institute deren Einpassung erfordert, die eine funktionale Analogisierung und ggf. eine Modifikation voraussetzen kann.
Rn 4
Vor Schaffung des Art 47 war der Rechtsanwender bei der Transposition auf sich gestellt (ausf Hepting StAZ 01, 257). Staatliche Stellen hörten dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspr die Betroffenen an, die sog Angleichungserklärungen abgeben konnten (Staud/Hepting Art 10 Rz 152). Diese waren bloße Hilfsmittel, aber keine namensbestimmenden Erklärungen. Empfangsbedürftigkeit und Anfechtbarkeit waren daher unklar (dazu zB BayObLG FamRZ 99, 1661; LG München I StAZ 06, 168; AG Hagen StAZ 03, 115; Staud/Hepting Art 10 Rz 149 ff). Nach Art 47 handelt es sich nunmehr um einen Akt privatautonomer Rechtsgestaltung. Dass die Gestaltung nur iRd durch I Nrn 1–5 gesetzlich vorgegebenen Grenzen möglich ist, ändert an dieser Qualifizierung nichts; insb kommt der Behörde keinerlei über die Rechtsprüfung hinausgehende Kontrollbefugnis mehr zu (ähnl Mäsch IPrax 08, 18; aA Henrich StAZ 07, 198/199 und wohl Staud/Hepting Art 10 Rz 161). Durch die Empfangszuständigkeit des Standesamts (dazu Rn 20) ist eine gewisse Konzentrationswirkung erreicht. Die Wahl ist zudem nicht mehr auf Fälle notwendiger Transposition beschränkt (Nrn 1, 2), sondern erlaubt in Nrn 3–5 darüber hinaus auch eine freiwillige Annäherung an das hierzulande Gebräuchliche.
Rn 5
Modell für Art 47 war § 94 BVFG (vgl BTDrs 16/1831, 70f), der für ›Vertriebene und Spätaussiedler, deren Ehegatten und Abkömmlinge, die Deutsche iSd Art 116 I GG sind,‹ daneben fortgilt. Danach kann die Erklärung zur Namensführung wahlweise vor dem Bundesverwaltungsamt oder dem Standesbeamten abgegeben werden (BTDrs 16/1831, 78 f; Grüneberg/Thorn Rz 3 f m Abdruck des § 94 BVFG in seiner aF sowie Art 10 EGBGB Rn 2 aE; Staud/Hepting Art 10 Rz 189). Die Gestaltungsmöglichkeiten unter § 94 BFVG nF sind aufgrund der bereits anfänglichen Volkszugehörigkeit weiter als diejenigen des auf eine spätere Eingliederung ohne vorherige Verbindung zugeschnittenen Art 47 (München FamRZ 09, 1630). Unabhängig von Art 47 und § 94 BVFG besteht die Möglichkeit zur öffentlich-rechtlichen Änderung des Familiennamens nach §§ 1, 3 I NÄG (VG Ddorf StAZ 12, 56: keine Sperrwirkung).