Rn 27
Zitat
Güterstand
(1) Auf vor dem 1. September 1986 abgeschlossene Vorgänge bleibt das bisherige Internationale Privatrecht anwendbar.
(2) Die Wirkungen familienrechtlicher Rechtsverhältnisse unterliegen von dem in Absatz 1 genannten Tag an den Vorschriften des Zweiten Kapitels des Ersten Teils.
(3) 1Die güterrechtlichen Wirkungen von Ehen, die nach dem 31. MäRz 1953 und vor dem 9. April 1983 geschlossen worden sind, unterliegen bis zum 8. April 1983
1. |
dem Recht des Staates, dem beide Ehegatten bei der Eheschließung angehörten, sonst |
2. |
dem Recht, dem die Ehegatten sich unterstellt haben oder von dessen Anwendung sie ausgegangen sind, insbesondere nachdem sie einen Ehevertrag geschlossen haben, hilfsweise |
3. |
dem Recht des Staates, dem der Ehemann bei der Eheschließung angehörte. |
2Für die Zeit nach dem 8. April 1983 ist Artikel 15 in der bis einschließlich 28. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden. 3Dabei tritt für Ehen, auf die vorher Satz 1 Nr 3 anzuwenden war, an die Stelle des Zeitpunkts der Eheschließung der 9. April 1983. 4Soweit sich allein aus einem Wechsel des anzuwendenden Rechts zum Ablauf des 8. April 1983 Ansprüche wegen der Beendigung des früheren Güterstands ergeben würden, gelten sie bis zu dem in Absatz 1 genannten Tag als gestundet. 5Auf die güterrechtlichen Wirkungen von Ehen, die nach dem 8. April 1983 geschlossen worden sind, ist Artikel 15 in der bis einschließlich 28. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden. 6Die güterrechtlichen Wirkungen von Ehen, die vor dem 1. April 1953 geschlossen worden sind, bleiben unberührt; die Ehegatten können jedoch eine Rechtswahl nach Artikel 15 in der bis einschließlich 28. Januar 2019 geltenden Fassung treffen.
I. Allgemeine Übergangsregelung.
Rn 28
Durch das am 1.9.86 in Kraft getretene Gesetz zur Neuregelung des IPR vom 25.7.86 wurden ua die bis dahin für das internationale Familienrecht einschlägigen Vorschriften des EGBGB aufgehoben und durch eine Neukodifizierung mit abweichenden Anknüpfungen ersetzt. Art 220 I enthält die grds Übergangsregelung für unwandelbare Anknüpfungen. Stichtag ist der 1.9.86. Art 220 III ist durch das IntGüRVGEG (Art 2 Nr 11; BGBl 18 I 2573; dazu RegE BTDrs 19/4852 S 40) geändert worden.
II. Güterrechtsstatut für Altehen.
Rn 29
Art 15 aF hatte für das Güterrecht lediglich an die Staatsangehörigkeit des Ehemannes angeknüpft. Das BVerfG hat diese Anknüpfung mit Beschl vom 22.2.83 (FamRZ 83, 562), bekannt gemacht am 8.4.83 (BGBl 83 I 525), für verfassungswidrig erklärt. Nach Art 117 I GG war gleichheitswidriges vorkonstitutionelles Recht an sich schon am 1.3.53 außer Kraft getreten. Bis zur Entscheidung des BVerfG bestand aber mangels gesetzgeberischer Tätigkeit Unklarheit. Zur Beseitigung dieser Rechtsunsicherheit hat der Gesetzgeber mit der am 1.9.86 in Kraft getretenen IPR-Reform für vor diesem Zeitpunkt geschlossene Ehen in III eine mit Rückwirkung anzuwendende Kollisionsnorm geschaffen. Daraus ergibt sich eine nach unterschiedlichen Eheschließungszeitpunkten differenzierende Regelung:
1. Eheschließung vor dem 1.4.53.
Rn 30
Für vor dem 1.4.53 geschlossene Ehen verbleibt es nach III 6 zur Anknüpfung des Güterrechtsstatuts bei Art 15 aF. Alleiniger Anknüpfungspunkt ist die Staatsangehörigkeit des Mannes zum Zeitpunkt der Eheschließung. Nachträgliche Rechtswahl unter Einhaltung der in Art 15 II und III nF normierten Voraussetzungen ist möglich.
2. Eheschließung im Zeitraum 1.4.53–8.4.83.
Rn 31
Für Ehen, die zwischen dem 1.4.53 und dem 8.4.83 geschlossen worden sind, gilt die besondere Anknüpfungsleiter des III S 1:
Rn 32
Nr 1 der Anknüpfungsleiter stellt auf eine gemeinsame Staatsangehörigkeit zum Zeitpunkt der Eheschließung ab.
Rn 33
Nr 2 enthält mit der Anknüpfung an das Recht, ›dem die Ehegatten sich unterstellt haben oder von dessen Anwendung sie ausgegangen sind‹, der Sache nach eine formfreie und konkludent mögliche Rechtswahl (München NJW-RR 11, 663 [OLG München 03.02.2011 - 31 Wx 242/10]). Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber Vermögensdispositionen, welche die Ehegatten im Vertrauen auf ihre Gültigkeit getätigt haben, unter Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes in verfassungskonformer Weise legalisieren. Die Vorschrift ist daher großzügig auszulegen, um den Rückgriff auf Nr 3 mit der dort verbliebenen gleichheitswidrigen Anknüpfung so weit wie möglich zu vermeiden.
Rn 34
Anhaltspunkte für eine Rechtswahl durch ›Unterstellen‹ sind Vermögenserwerb in den Rechtsformen einer bestimmten Rechtsordnung, dauernder Aufenthalt und Erwerbstätigkeit in einem Staat, Ort der Eheschließung, Inanspruchnahme von Behörden und Gerichten eines Staats. Entscheidend ist, ob die Ehegatten ihre Vermögensverhältnisse bewusst (Henrich FamRZ 03, 362) u für Dritte nachvollziehbar (KG FamRZ 07, 1564) einer bestimmten Rechtsordnung zugeordnet haben (vgl BGH FamRZ 93, 289; Karlsr IPRax 90, 122; Ddorf FamRZ 95, 1587; Köln FamRZ 96, 1479). Die Tatbestandsalternative des ›Ausgehens von der Anwendung eines Rechts‹ liegt vor, wenn die Ehegatten schlicht das Heimatrecht des Ehemannes als kollisionsrechtlich berufen angesehen haben, ohne dass für sie weitere Gesichtspunkte zur Maßgeblichke...