Rn 29
Art 15 aF hatte für das Güterrecht lediglich an die Staatsangehörigkeit des Ehemannes angeknüpft. Das BVerfG hat diese Anknüpfung mit Beschl vom 22.2.83 (FamRZ 83, 562), bekannt gemacht am 8.4.83 (BGBl 83 I 525), für verfassungswidrig erklärt. Nach Art 117 I GG war gleichheitswidriges vorkonstitutionelles Recht an sich schon am 1.3.53 außer Kraft getreten. Bis zur Entscheidung des BVerfG bestand aber mangels gesetzgeberischer Tätigkeit Unklarheit. Zur Beseitigung dieser Rechtsunsicherheit hat der Gesetzgeber mit der am 1.9.86 in Kraft getretenen IPR-Reform für vor diesem Zeitpunkt geschlossene Ehen in III eine mit Rückwirkung anzuwendende Kollisionsnorm geschaffen. Daraus ergibt sich eine nach unterschiedlichen Eheschließungszeitpunkten differenzierende Regelung:
1. Eheschließung vor dem 1.4.53.
Rn 30
Für vor dem 1.4.53 geschlossene Ehen verbleibt es nach III 6 zur Anknüpfung des Güterrechtsstatuts bei Art 15 aF. Alleiniger Anknüpfungspunkt ist die Staatsangehörigkeit des Mannes zum Zeitpunkt der Eheschließung. Nachträgliche Rechtswahl unter Einhaltung der in Art 15 II und III nF normierten Voraussetzungen ist möglich.
2. Eheschließung im Zeitraum 1.4.53–8.4.83.
Rn 31
Für Ehen, die zwischen dem 1.4.53 und dem 8.4.83 geschlossen worden sind, gilt die besondere Anknüpfungsleiter des III S 1:
Rn 32
Nr 1 der Anknüpfungsleiter stellt auf eine gemeinsame Staatsangehörigkeit zum Zeitpunkt der Eheschließung ab.
Rn 33
Nr 2 enthält mit der Anknüpfung an das Recht, ›dem die Ehegatten sich unterstellt haben oder von dessen Anwendung sie ausgegangen sind‹, der Sache nach eine formfreie und konkludent mögliche Rechtswahl (München NJW-RR 11, 663 [OLG München 03.02.2011 - 31 Wx 242/10]). Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber Vermögensdispositionen, welche die Ehegatten im Vertrauen auf ihre Gültigkeit getätigt haben, unter Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes in verfassungskonformer Weise legalisieren. Die Vorschrift ist daher großzügig auszulegen, um den Rückgriff auf Nr 3 mit der dort verbliebenen gleichheitswidrigen Anknüpfung so weit wie möglich zu vermeiden.
Rn 34
Anhaltspunkte für eine Rechtswahl durch ›Unterstellen‹ sind Vermögenserwerb in den Rechtsformen einer bestimmten Rechtsordnung, dauernder Aufenthalt und Erwerbstätigkeit in einem Staat, Ort der Eheschließung, Inanspruchnahme von Behörden und Gerichten eines Staats. Entscheidend ist, ob die Ehegatten ihre Vermögensverhältnisse bewusst (Henrich FamRZ 03, 362) u für Dritte nachvollziehbar (KG FamRZ 07, 1564) einer bestimmten Rechtsordnung zugeordnet haben (vgl BGH FamRZ 93, 289; Karlsr IPRax 90, 122; Ddorf FamRZ 95, 1587; Köln FamRZ 96, 1479). Die Tatbestandsalternative des ›Ausgehens von der Anwendung eines Rechts‹ liegt vor, wenn die Ehegatten schlicht das Heimatrecht des Ehemannes als kollisionsrechtlich berufen angesehen haben, ohne dass für sie weitere Gesichtspunkte zur Maßgeblichkeit dieser Rechtsordnung bestimmend waren (vgl BVerfG FamRZ 03, 361).
Rn 35
Nr 3 steht als Hilfstatbestand zur Verfügung, wenn über Nr 1 oder Nr 2 keine Anknüpfung möglich ist. Dann ist die Staatsangehörigkeit des Mannes zum Zeitpunkt der Eheschließung maßgeblich. Für den Zeitraum bis zur Gesetzeskraft der Entscheidung des BVerfG (8.4.83) muss das hingenommen werden. Für den Zeitraum danach gelten III 2–4.
Rn 36
III 2 schreibt für Ehen, die zwischen dem 1.4.53 und dem 8.4.83 geschlossen wurden, für die Zeit nach dem 8.4.83 eine Neuanknüpfung unter Anwendung von Art 15 nF vor (Stuttg FamRZ 15, 1616 m Aufs Andrae IPRax 16, 578). Dies führt ggf zu einem Statutenwechsel. Bei der Neuanknüpfung ist, wenn bisher die Staatsangehörigkeit des Ehemannes maßgebend war, auf die Verhältnisse am 9.4.53 abzustellen (3). Ist eine Rechtswahl der Eheleute iS von III 1 Nr 2 festzustellen (s.o. Rn 33f), bleibt nach BGH FamRZ 93, 289 die Wirkung der Rechtswahl auch über den 8.4.83 hinaus bestehen, so dass dann nicht mehr über III 2 erneut anzuknüpfen wäre. Das BVerfG hat dies hinsichtlich der Alt des ›Ausgehens‹ und die aus ihr folgende Berufung des Heimatrechts des Ehemannes für unvereinbar mit Art 3 II GG angesehen (BVerfG FamRZ 03, 361). Dies bedeutet für die letztgenannte Konstellation, dass es für den Zeitraum ab dem 9.4.83 gem III 2 bei der Neuanknüpfung nach Art 15 nF verbleibt. Hinsichtlich der Alt des sich ›Unterstellens‹ gilt das Verdikt des BVerfG nicht; insoweit bleibt die Rspr des BGH zum Bestehenbleiben der Rechtswahl über den 8.4.83 hinaus weiterhin maßgeblich.
3. Eheschließung im Zeitraum 9.4.83–31.8.86.
Rn 37
Für Ehen, die nach dem 8.4.83 geschlossen worden sind, gilt rückwirkend Art 15 nF (III 5).