Gesetzestext
(1) 1Die ausgleichsberechtigte Person kann für ein noch nicht ausgeglichenes Anrecht von der ausgleichspflichtigen Person eine zweckgebundene Abfindung verlangen. 2Die Abfindung ist an den Versorgungsträger zu zahlen, bei dem ein bestehendes Anrecht ausgebaut oder ein neues Anrecht begründet werden soll.
(2) Der Anspruch nach Absatz 1 besteht nur, wenn die Zahlung der Abfindung für die ausgleichspflichtige Person zumutbar ist.
(3) Würde eine Einmalzahlung die ausgleichspflichtige Person unbillig belasten, so kann sie Ratenzahlung verlangen.
A. Zweck der Abfindung.
Rn 1
Nach den §§ 23, 24 kann unter bestimmten Voraussetzungen für ein Anrecht, das nicht im Wertausgleich bei der Scheidung ausgeglichen, sondern dem schuldrechtlichen VA vorbehalten worden ist, eine Abfindung verlangt werden (vgl dazu näher Wick FuR 23, 570). Diese ermöglicht die versorgungsrechtliche Trennung der Ehegatten und damit für den Ausgleichsberechtigten den Aufbau einer eigenständigen Alterssicherung. Der Ausgleichspflichtige behält seine auszugleichende Versorgung, muss aber dem anderen Ehegatten das Kapital zur Verfügung stellen, das dieser benötigt, um sich in Höhe des Ausgleichswerts eine eigenständige Versorgung zu schaffen oder eine bereits bestehende Versorgung auszubauen. Damit wird ein späteres Dauerschuldverhältnis zwischen den geschiedenen Ehegatten entbehrlich, und der Ausgleichsberechtigte wird auch für den Fall gesichert, dass bei ihm der Versorgungsfall früher eintritt als beim Ausgleichspflichtigen oder dass dieser vor ihm stirbt. Der Abfindungsanspruch nach § 23 ist allerdings (nur) auf eine Geldzahlung an den Träger der auszugleichenden Versorgung gerichtet. Die ausgleichsberechtigte Person kann keine Zahlung an sich selbst verlangen (BGH FamRZ 16, 1576 Rz 16f).
B. Voraussetzungen des Abfindungsanspruchs.
I. Noch nicht ausgeglichenes Anrecht (Abs 1 S 1).
Rn 2
Gem I 1 kann die Abfindung für ein ‹noch nicht ausgeglichenes Anrecht› verlangt werden. Das Anrecht darf nicht in den Wertausgleich bei der Scheidung einbezogen, muss aber erkennbar für einen schuldrechtlichen VA offengeblieben sein. Das ist insb dann der Fall, wenn das Gericht – wie nach § 224 IV FamFG vorgeschrieben – den Vorbehalt des schuldrechtlichen VA (zumindest) in der Begründung der Entscheidung zum Ausdruck gebracht hat. Ein solcher Vorbehalt hat jedoch nur deklaratorische Wirkung (vgl § 19 Rn 22). Daher ist ein schuldrechtlicher Ausgleich und damit auch ein Abfindungsanspruch nach § 23 selbst ohne einen ausdrücklichen Vorbehalt möglich (BGH FamRZ 17, 197 Rz 19). Ein Anrecht, das – aus welchen Gründen auch immer – bei Durchführung des Wertausgleichs übersehen und über dessen Ausgleich (oder Ausschluss vom VA) überhaupt keine Entscheidung getroffen worden ist, kann dagegen nicht mehr schuldrechtlich ausgeglichen werden (BGH FamRZ 13, 1548 Rz 21 ff; 14, 1614 Rz 13; vgl § 20 Rn 6).
Rn 3
Der Abfindungsanspruch setzt voraus, dass ein künftiger Anspruch auf Ausgleichsrente nach § 20 oder auf Ausgleich von Kapitalzahlungen nach § 22 dem Grund und der Höhe nach bereits feststeht. Das ist noch nicht der Fall, solange ein betriebliches Versorgungsanrecht noch verfallbar ist (BGH FamRZ 13, 1021 Rz 15) oder ein sonstiges Anrecht dem Grund oder der Höhe nach (iSv § 19 II Nr 1) noch nicht hinreichend verfestigt ist (BGH FamRZ 21, 1280 Rz 20 ff). Denn dann steht noch nicht fest, ob bzw in welcher Höhe der Ausgleichspflichtige Versorgungsleistungen erhalten wird. Entspr gilt auch bei einem degressiven Anrecht iSv § 19 II Nr 2. Für Anrechte, bei denen ein Wertausgleich bei der Scheidung unwirtschaftlich wäre und die deshalb gem § 19 II Nr 3 dem schuldrechtlichen VA vorbehalten sind, kommt dagegen grds eine Abfindung nach § 23 in Betracht (Brandbg FamRZ 13, 1039, 1041). Auch im Hinblick auf ausländische Anrechte, die gem § 19 II Nr 4 stets dem schuldrechtlichen VA unterliegen, kann ein Abfindungsanspruch bestehen, soweit sie dem Grund und der Höhe nach bereits gesichert sind (BGH FamRZ 16, 1576 Rz 17; 21, 1280 Rz 19f) und sich der Ausgleichswert hinreichend sicher feststellen lässt. Allerdings scheidet ein Abfindungsanspruch aus, wenn das Anrecht nach ausländischen Vorschriften in dem betr Staat ausgeglichen werden kann (Karlsr FamRZ 17, 1125; 14.11.23 – 5 WF 124/23, juris, zu Schweizer betrieblichen Versorgungen). Die Fälligkeitsvoraussetzungen des § 20 I 1 und II brauchen für einen Abfindungsanspruch noch nicht erfüllt zu sein. Andererseits kann eine Abfindung auch dann noch verlangt werden, wenn sich das schuldrechtlich auszugleichende Anrecht bereits in der Leistungsphase befindet, und sogar noch, wenn der Ausgleichsberechtigte schon die Ausgleichsrente nach § 20 erhält (BTDrs 16/10144, 65). Im letzteren Fall ist der Ausgleichswert zur Berechnung des Abfindungsbetrages um den kapitalisierten Betrag der vom Ausgleichsberechtigten bereits bezogenen Leistungen zu kürzen (vgl § 24 Rn 2).
II. Zweckbindung der Abfindung (Abs 1 S 2).
Rn 4
I 1 stellt klar, dass die Abfindung nicht zur freien Verfügung des Ausgleichsberechtigten steht, sondern zweckgebunden ist; gem I 2 muss sie für den Ausbau eines bereits vorhandenen Anrechts oder die Be...