Rn 8
Ein ausgleichsberechtigter Ehegatte kann eine schuldrechtliche Ausgleichsrente verlangen, wenn
- der Ausgleichspflichtige laufende Versorgungsleistungen aus einem im Wertausgleich bei der Scheidung (bzw nach früherem Recht im öffentlich-rechtlichen VA) noch nicht oder noch nicht vollständig ausgeglichenen Anrecht bezieht (§ 20 I 1) und
- bei dem Ausgleichsberechtigten ein Versorgungsfall eingetreten ist (§ 20 II).
Rn 9
Der Ausgleichspflichtige muss bereits Versorgungsleistungen gerade aus einem Anrecht beziehen, das noch schuldrechtlich ausgeglichen werden kann. Es steht ihm grds frei, wann er die Versorgungsleistungen in Anspruch nehmen will. Der Ausgleichsberechtigte hat seinerseits die Möglichkeit, an der tatsächlich gezahlten Versorgung des Verpflichteten zu partizipieren, und zwar nicht nur hinsichtlich der anzuwendenden Rechnungsgrundlagen, sondern ebenso hinsichtlich des Rentenbeginns und der sich daraus ergebenden Zu- oder Abschläge (BGH FamRZ 23, 1279 Rz 22 ff). Arbeitet der Verpflichtete über die Altersgrenze hinaus weiter, kann auch der Ausgleichsberechtigte erst ab Beginn der auszugleichenden Rente die Ausgleichsrente erhalten. IdR erhöht sich das Versorgungsanrecht bei späterer Inanspruchnahme der Versorgung, sodass der Ausgleichsberechtigte dann für den späteren Beginn mit einem höheren Betrag der Ausgleichsrente entschädigt wird, sofern sich auch der Ehezeitanteil erhöht (BGH FamRZ 23, 1279 Rz 24). Nimmt der Ausgleichspflichtige eine vorgezogene Altersrente in Anspruch, kann auch der Ausgleichsberechtigte grds bereits die Ausgleichsrente verlangen, sobald er selbst die persönlichen Voraussetzungen nach § 20 II erfüllt, wobei er dann aber auch an einem mit dem vorzeitigen Rentenbeginn verbundenen Versorgungsabschlag teilhat (BGH FamRZ 23, 1279 Rz 24). Ausgleichspflichtig sind auch Invaliditätsversorgungen. Der Ausgleichsberechtigte kann daher eine schuldrechtliche Ausgleichsrente beanspruchen, auch wenn er die Voraussetzungen für den Bezug einer Rente aus der GRV noch nicht erfüllt (BGH FamRZ 14, 1529 Rz 18). Eine abgetretene oder verpfändete Versorgung ist schuldrechtlich auszugleichen, wenn der rentenberechtigte Ehegatte dafür eine andere Leistung empfängt oder von fortlaufenden Verbindlichkeiten befreit wird (BGH FamRZ 88, 936, 939).
Rn 10
Der Ausgleichsberechtigte muss entweder eine eigene Versorgung beziehen (II Nr 1) oder die Regelaltersrente der GRV erreicht haben (II Nr 2) oder die (gesundheitlichen) Voraussetzungen für eine laufende Invaliditätsversorgung erfüllen (II Nr 3). Bei einer vom Ausgleichsberechtigten bezogenen Versorgung muss es sich nicht um eine ebenfalls dem schuldrechtlichen VA unterliegende Rente handeln. Auf die Art der Versorgung kommt es nicht an (BGH FamRZ 01, 27, 28). So genügt zB auch der Bezug einer vorgezogenen oder flexiblen Rente (wobei es ohne Bedeutung ist, ob der Ausgleichsberechtigte seine Erwerbstätigkeit beendet hat oder weiter ausübt) sowie einer Rente wegen tw Erwerbsminderung aus der GRV. Ebenso genügt der Bezug einer ausländischen Rente, und zwar unabhängig davon, ob der Berechtigte die Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente aus der deutschen Rentenversicherung erfüllt und ob die Versorgung in der Ehezeit erworben worden ist (BGH FamRZ 01, 284, 285). Nicht ausreichend ist dagegen eine Abfindung oder Überbrückungszahlung ohne Altersversorgungscharakter (BGH FamRZ 01, 27, 28). Die Regelaltersgrenze in der GRV ist mit dem RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz (v 20.4.07, BGBl I S 554) auf 67 Jahre angehoben worden (§ 35 S 2 SGB VI). Für Versicherte der Geburtsjahrgänge vor 1964 gelten jedoch aufgrund der Übergangsregelung in § 235 SGB VI vorgezogene Altersgrenzen. Als Maßstab für die ›gesundheitlichen Voraussetzungen für eine laufende Versorgung wegen Invalidität‹ bietet es sich an, auf die zu § 43 I und II SGB VI entwickelten Grundsätze abzustellen, also insbes zu prüfen, ob das Ende der Gesundheitsbeeinträchtigung nicht erkennbar ist oder die Krankheit bereits sechs Monate angedauert hat. § 20 II Nr 3 ist nicht anwendbar, wenn die Erwerbslosigkeit auf einer unterhaltsrechtlichen Bedürftigkeit beruht (§§ 1570 ff BGB), da der VA nur den Ausgleich der in der Ehe erlangten Rentenanrechte bezweckt.