Rn 2
Gem I 1 kann die Abfindung für ein ‹noch nicht ausgeglichenes Anrecht› verlangt werden. Das Anrecht darf nicht in den Wertausgleich bei der Scheidung einbezogen, muss aber erkennbar für einen schuldrechtlichen VA offengeblieben sein. Das ist insb dann der Fall, wenn das Gericht – wie nach § 224 IV FamFG vorgeschrieben – den Vorbehalt des schuldrechtlichen VA (zumindest) in der Begründung der Entscheidung zum Ausdruck gebracht hat. Ein solcher Vorbehalt hat jedoch nur deklaratorische Wirkung (vgl § 19 Rn 22). Daher ist ein schuldrechtlicher Ausgleich und damit auch ein Abfindungsanspruch nach § 23 selbst ohne einen ausdrücklichen Vorbehalt möglich (BGH FamRZ 17, 197 Rz 19). Ein Anrecht, das – aus welchen Gründen auch immer – bei Durchführung des Wertausgleichs übersehen und über dessen Ausgleich (oder Ausschluss vom VA) überhaupt keine Entscheidung getroffen worden ist, kann dagegen nicht mehr schuldrechtlich ausgeglichen werden (BGH FamRZ 13, 1548 Rz 21 ff; 14, 1614 Rz 13; vgl § 20 Rn 6).
Rn 3
Der Abfindungsanspruch setzt voraus, dass ein künftiger Anspruch auf Ausgleichsrente nach § 20 oder auf Ausgleich von Kapitalzahlungen nach § 22 dem Grund und der Höhe nach bereits feststeht. Das ist noch nicht der Fall, solange ein betriebliches Versorgungsanrecht noch verfallbar ist (BGH FamRZ 13, 1021 Rz 15) oder ein sonstiges Anrecht dem Grund oder der Höhe nach (iSv § 19 II Nr 1) noch nicht hinreichend verfestigt ist (BGH FamRZ 21, 1280 Rz 20 ff). Denn dann steht noch nicht fest, ob bzw in welcher Höhe der Ausgleichspflichtige Versorgungsleistungen erhalten wird. Entspr gilt auch bei einem degressiven Anrecht iSv § 19 II Nr 2. Für Anrechte, bei denen ein Wertausgleich bei der Scheidung unwirtschaftlich wäre und die deshalb gem § 19 II Nr 3 dem schuldrechtlichen VA vorbehalten sind, kommt dagegen grds eine Abfindung nach § 23 in Betracht (Brandbg FamRZ 13, 1039, 1041). Auch im Hinblick auf ausländische Anrechte, die gem § 19 II Nr 4 stets dem schuldrechtlichen VA unterliegen, kann ein Abfindungsanspruch bestehen, soweit sie dem Grund und der Höhe nach bereits gesichert sind (BGH FamRZ 16, 1576 Rz 17; 21, 1280 Rz 19f) und sich der Ausgleichswert hinreichend sicher feststellen lässt. Allerdings scheidet ein Abfindungsanspruch aus, wenn das Anrecht nach ausländischen Vorschriften in dem betr Staat ausgeglichen werden kann (Karlsr FamRZ 17, 1125; 14.11.23 – 5 WF 124/23, juris, zu Schweizer betrieblichen Versorgungen). Die Fälligkeitsvoraussetzungen des § 20 I 1 und II brauchen für einen Abfindungsanspruch noch nicht erfüllt zu sein. Andererseits kann eine Abfindung auch dann noch verlangt werden, wenn sich das schuldrechtlich auszugleichende Anrecht bereits in der Leistungsphase befindet, und sogar noch, wenn der Ausgleichsberechtigte schon die Ausgleichsrente nach § 20 erhält (BTDrs 16/10144, 65). Im letzteren Fall ist der Ausgleichswert zur Berechnung des Abfindungsbetrages um den kapitalisierten Betrag der vom Ausgleichsberechtigten bereits bezogenen Leistungen zu kürzen (vgl § 24 Rn 2).