Rn 5
Gem II Nr 1 müssen die im VA zu berücksichtigenden Anrechte durch Arbeit oder Vermögen erworben worden sein. Auf Arbeit beruhen Anrechte, die das versorgungsrechtliche Resultat einer nichtselbständigen Beschäftigung als Arbeitnehmer oder einer arbeitnehmerähnlichen Stellung als Selbständiger (zB als Gesellschafter-Geschäftsführer mit Leitungsmacht über das Unternehmen, vgl BGH FamRZ 14, 731; 19, 1993 Rz 19; 20, 89 Rz 12 ff) sind. Darauf, ob die Höhe der Rente mit der Höhe der erbrachten Beitragsleistungen korrespondiert, kommt es nicht an. Es genügt vielmehr ein Kausalitäts- und Zurechnungszusammenhang zwischen der Arbeitsleistung des Ehegatten und seinem Rentenanspruch (BGH FamRZ 08, 770 Rz 28; 23, 761 Rz 11). Deshalb ist auch ein durch die Tätigkeit in einer Werkstatt für Behinderte erworbenes Anrecht, das sich der Höhe nach nicht nach dem für die Arbeitsleistung erzielten Entgelt, sondern nach einem fiktiven Mindestarbeitsentgelt bemisst, grds in vollem Umfang in den VA einzubeziehen (BGH FamRZ 18, 904 Rz 8). Ebenfalls durch Arbeit erworben sind Anwartschaften der GRV, die auf Kindererziehungszeiten (BTDrs 16/10144, 46; BGH FamRZ 07, 1966 Rz 13; 08, 770 Rz 46) oder eine häusliche Pflegetätigkeit (KG FamRZ 06, 210; Stuttg FamRZ 06, 1452) zurückzuführen sind, sowie der durch das Grundrentengesetz mit Wirkung vom 1.1.21 eingeführte Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung (BTDrs 19/18473, 39; BGH FamRZ 23, 761 Rz 11; 23, 1540 Rz 7; vgl dazu § 43 Rn 11) und die Teile von Anwartschaften, die auf im Versorgungssystem anrechenbaren beitragsfreien Zeiten oder vergleichbaren ruhegehaltfähigen Zeiten beruhen. Nach Auffassung des OLG Nürnberg (FamRZ 22, 1020, 1022) wird durch Arbeitsleistung auch der Pflichtehrensold nach dem bayerischen Gesetz über kommunale Wahlbeamte und Wahlbeamtinnen erworben. Denn die Gewährung dieses Ehrensoldes knüpfe in ihren Voraussetzungen unmittelbar an die Ausübung des Amtes über einen bestimmten Zeitraum hinweg an und orientiere sich der Höhe nach an der zuletzt bezogenen Entschädigung (anders jedoch BGH FamRZ 11, 1287 für den Ehrensold nach dem rheinland-pfälzischen Ehrensoldgesetz, der eine Art Treueprämie darstelle). Nicht erfasst werden von II Nr 1 Leistungen gem §§ 294 ff SGB VI (BGH FamRZ 91, 675).
Rn 6
Durch den Einsatz von Vermögen sind Anrechte erworben, denen Sach- oder Geldmittel zugrunde liegen, wie zB Beitrags- oder Kapitalzahlungen in eine betriebliche Altersversorgung, in eine berufsständische Versorgung oder in eine private Lebensversicherung. Auf die Zweckbestimmung beim Erwerb des Vermögens, mit dessen Hilfe Versorgungsanrechte erworben worden sind, kommt es grds nicht an (BTDrs 16/10144, 46; BGH FamRZ 93, 684). Auch die Herkunft des für den Anrechtserwerb eingesetzten Vermögens ist unerheblich; erforderlich ist nur, dass das Kapital, mit dem ein Anrecht begründet wurde, zum Vermögen der ausgleichspflichtigen Person gehörte (BGH FamRZ 12, 434; 18, 992 Rz 10). Daher sind zB auch Anrechte auszugleichen, die mithilfe des vor der Ehezeit erworbenen Vermögens begründet oder aufrechterhalten worden sind (BGH FamRZ 11, 877 Rz 10), selbst wenn die Ehegatten Gütertrennung vereinbart hatten (BGH FamRZ 12, 434 Rz 9). Ferner fallen in den VA Anrechte der GRV, die ein Ehegatte aufgrund Direktleistungen von Beiträgen durch Dritte gem § 119 I SGB X erworben hat. Der Übergang des Beitragserstattungsanspruchs, den ein versicherter Ehegatte gegen einen Schädiger bzw dessen Haftpflichtversicherer erworben hat, auf den Versorgungsträger ändert nichts daran, dass es um den Ersatz allein des dem versicherten Ehegatten entstandenen Schadens und damit um dessen Vermögensposition geht (BGH FamRZ 18, 992 Rz 13 ff). Dem VA unterliegt auch ein Wertzuwachs, der lediglich auf während der Ehezeit angesammelten Gewinnanteilen oder Zinsen beruht (s § 5 Rn 9). In den VA fällt ferner ein Rentenanrecht aus einem Hofübergabevertrag, wenn die Rente nicht nur als Gegenleistung für die Hofübernahme iSe Bewirtschaftungsmöglichkeit oder gar unentgeltlich versprochen worden ist, sondern als Gegenleistung für den vom Ehegatten übertragenen Grundbesitz (BGH FamRZ 14, 282 Rz 19).
Rn 7
Dem VA unterliegen auch Anrechte, die mit Mitteln aus einem Darlehen (Hamm FamRZ 98, 297; Kobl FamRZ 01, 1221; aA Nürnbg FamRZ 02, 1632 hinsichtlich einer vollfinanzierten Lebensversicherung) oder dem Anteil aus dem Erlös des gemeinsamen Hauses nach Scheitern der Ehe (Köln FamRZ 00, 157) erworben wurden. Soweit ein aufgenommener Kredit bei Ehezeitende noch nicht getilgt ist, kommt allerdings eine Korrektur nach § 27 in Betracht, sofern die Verbindlichkeit nicht iRd Zugewinnausgleichs oder des Unterhalts zu berücksichtigen ist. Die analoge Anwendung des für den Zugewinnausgleich geltenden § 1374 II BGB kommt nicht infrage. Daher unterliegen dem VA auch Anrechte, die mit Mitteln aus einer Schenkung erworben worden sind. Dabei ist grds unerheblich, ob die Zuwendung zweckgebunden war oder nicht. Hat die schenkende Perso...