Rn 6
Gem I sollen gleichartige Anrechte beider Ehegatten nicht ausgeglichen werden, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist. Hier sind daher an sich in den VA fallende Anrechte auf Seiten beider Ehegatten einander gegenüberzustellen, sofern sie von gleicher Art sind. Aufgrund des Vorrangs des I (s Rn 3) kommt der Frage, welche Anrechte als gleichartig iS dieser Vorschrift anzusehen sind, große Bedeutung zu. Die Frage kann nur dann dahinstehen, wenn sowohl die Ausgleichswerte der in Betracht kommenden Anrechte als auch die Differenz ihrer Ausgleichswerte die maßgebliche Bagatellgrenze überschreiten. Anderenfalls muss das FamG klären, ob ehezeitlich erworbene Anrechte beider Ehegatten von gleicher Art sind. Hierzu sind uU aufwändige Ermittlungen erforderlich. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers wird der Begriff ›Anrechte gleicher Art‹ in I in dem gleichen Sinne verwandt wie in § 10 II 1 (BTDrs 16/11903, 54). Beide Vorschriften verfolgen den Zweck, dass ein ›wirtschaftlich letztlich nicht erforderlicher Hin-und-Her-Ausgleich von beiderseitigen Anrechten der Ehegatten vermieden wird‹ (BGH FamRZ 12, 192 Rz 20). Dieser Zweck kann nur in Bezug auf Anrechte erreicht werden, die in den wesentlichen strukturellen Elementen des Versorgungssystems übereinstimmen. Dazu gehören zB das Leistungsspektrum, das Finanzierungsverfahren, die allg Anpassungen der Anwartschaften und laufenden Versorgungen sowie andere wertbildende Faktoren, wie etwa Insolvenzschutz (BTDrs 16/10144, 55; BGH FamRZ 12, 192 Rz 20). Da von einem Gleichlauf der Bestimmungen in § 10 II und § 18 I auszugehen ist, können jedenfalls solche Anrechte als gleichartig angesehen werden, die bei demselben Versorgungsträger bestehen und von ihm verrechnet werden können. Dies wird regelmäßig voraussetzen, dass die Versorgungssysteme die gleiche Bezugsgröße verwenden, den gleichen gesetzlichen oder vergleichbaren satzungsrechtlichen Bestimmungen unterliegen und zur Berechnung der Renten die gleichen Grundsätze zugrunde legen.
Rn 7
Als gleichartig anzusehen sind demnach zB
- Anrechte beider Ehegatten aus der GRV, denen die gleiche Art von Entgeltpunkten zugrunde liegen;
- von beiden Ehegatten bei derselben Dienstherrnkörperschaft erworbene Anrechte der Beamten- und Soldatenversorgung sowie beamtenähnlicher Versorgungen und der Abgeordnetenversorgungen, die auf im Wesentlichen übereinstimmenden gesetzlichen Grundlagen beruhen (Brandbg FamRZ 16, 376);
- Anrechte, die beide Ehegatten entweder in der Pflichtversicherung oder in der freiwilligen Versicherung des gleichen Trägers der Zusatzversorgung des öffentlichen oder kirchlichen Dienstes (Nürnbg FamRZ 22, 521; Karlsr FamRZ 23, 191, 192) oder zwar bei verschiedenen Zusatzversorgungsträgern, aber aufgrund im Wesentlichen übereinstimmenden Satzungsregelungen erworben haben (Hamm FamRZ 16, 1689; Bambg FamRZ 20, 329);
- Anrechte der Ehegatten bei privaten Versicherungen, die bei demselben Versorgungsträger zu identischen Tarifen abgeschlossen worden sind (Karlsr FamRZ 23, 1633,1634) oder die bei verschiedenen Versorgungsträgern abgeschlossen worden sind, wenn die Leistungen jeweils ausschließlich aus einem Deckungskapital erbracht werden und der Versicherungsschutz vergleichbar ist (BT-Drs 16/11903, 54);
- Anrechte beider Ehegatten aus sog Riester-Verträgen, auch wenn diese bei verschiedenen Versorgungsträgern bestehen (KG FamRZ 20, 682; Karlsr FamRZ 23, 1633, 1634).
Rn 8
Nicht gleichartig sind zB
- in der GRV Anrechte aus der allgemeinen und aus der knappschaftlichen Rentenversicherung; die als Zuschläge für langjährige Versicherung gewährten Entgeltpunkte (sog Grundrenten-Entgeltpunkte) und die sonstigen Entgeltpunkte (BGH FamRZ 23, 761 Rz 25); die (bis zur Rentenangleichung am 30.6.24) im Beitrittsgebiet und die im übrigen Bundesgebiet erworbenen Anrechte (vgl § 120f II SGB VI);
- Anrechte der GRV und der Beamtenversorgung (BGH FamRZ 13, 1636 Rz 14 ff für Anrechte von Landes- und Kommunalbeamten; BGH FamRZ 14, 549 Rz 12 für Anrechte von Bundesbeamten und Soldaten),
- Anrechte der GRV und Anrechte aus einem Widerrufsbeamten- oder Zeitsoldatenverhältnis, obwohl diese gem § 44 IV mit dem Wert einer fiktiven Nachversicherung in der GRV bewertet werden (BGH FamRZ 14, 549 Rz 10 ff; 16, 788 Rz 12 ff);
- Anrechte aus der Zusatzversorgung des öffentlichen oder kirchlichen Dienstes einerseits und aus der GRV (Stuttg FamRZ 11, 1733) oder aus privater betrieblicher Altersversorgung andererseits (Karlsr FamRZ 11, 641);
- Anrechte aus der Zusatzversorgung des öffentlichen oder kirchlichen Dienstes in der Pflichtversicherung einerseits und der freiwilligen Versicherung andererseits (BGH FamRZ 15, 2125 Rz 21; 22, 349 Rz 13 ff);
- Anrechte bei verschiedenen Zusatzversorgungsträgern oder Abrechnungsverbänden, die zwar jeweils zur Pflichtversicherung gehören, aber nach unterschiedlichen Verfahren finanziert werden (BGH FamRZ 15, 2125 Rz 19; 21, 1955 Rz 45);
- Anrechte aus privaten betrieblichen Altersversorgungen bei verschiedenen Arbeitgebern sowie A...